Im Dialog
„Wer in der Hölle war, weiß, dass es zum Guten keine Alternative gibt"
Ensen - (sf) Heimspiel für Manfred Lütz: Der Bestseller-Autor und Chefarzt
des Alexianer-Krankenhauses, der mit seinen Werken schon mehrfach an
der Spitze der Spiegel-Bestseller-Liste stand, war ins
Dominikus-Brock-Haus auf dem Alexianer-Gelände gekommen, um sein Buch
„Solange wir leben, müssen wir uns entscheiden“ vorzustellen. Der
Große Saal im Dominikus-Brock-Haus war bis auf den letzten Platz
gefüllt.
Vor Beginn der Lesung hatten die Besucher Gelegenheit, sich die
Wanderausstellung „erfasst, verfolgt, vernichtet – kranke und
behinderte Menschen im Nationalsozialismus“ anzuschauen, die das
Schicksal der Opfer der mörderischen NS-Euthanasie-Ideologie
beleuchtet.
Nachdem Lütz auf die Ausstellung, die das Alexianer-Krankenhaus
anlässlich seines 111-jährigen Bestehens organisiert hatte,
eingegangen war, blieb der Fokus auf der Zeit des Nationalsozialismus.
Für das in Interview-Form verfasste Buch „Solange wir leben müssen
wir uns entscheiden“ hat Manfred Lütz ein sehr ergreifendes
Gespräch mit einem der letzten Überlebenden des Konzentrationslagers
Auschwitz, dem israelischen Künstler Jehuda Bacon geführt. Worauf es
dem Autor allerdings ankam, war nicht der Bericht über die grausame
Zeit in Auschwitz, sondern viel- mehr, welche Erkenntnisse sein
Gesprächspartner aus dieser Zeit gewonnen hatte, wie er gelernt hat,
in der dunkelsten Stunde noch das Gute zu erkennen und wie er
schließlich zum Humanisten wurde.
Das im Januar 2016 geführte Gespräch und die Lebenseinstellung des
NS-Opfers nach seiner Zeit in Auschwitz hat Manfred Lütz selbst so
stark geprägt, dass er heute sagt: „Jehua Bacon ist der
eindrucksvollste Mensch, den ich je erlebt habe“. Bei seiner Lesung
tauchte der Psychiater und Psychotherapeut noch einmal in das
Gespräch mit Bacon ein, las einige Passagen aus dem Dialog vor, in
denen Bacon gedanklich zurückreist in die Zeit seiner Inhaftierung.
In späteren Dialogpassagen zeigt er auf, wie es möglich ist, dass
Bacon keine Rachegefühle entwickelt hat und nach seiner Inhaftierung
und dem Überleben von Auschwitz den Glauben an die Menschheit
zurückgewinnen konnte. „Wir wissen, dass wir uns für das Gute
entscheiden müssen. Wer in der Hölle war, weiß, dass es zum Guten
keine Alternative gibt“, erläutert Bacon die Schlüsse, die er aus
seinen Erlebnissen gezogen hat. „Seit meiner Begegnung mit Jehuda
Bacon ist mein Leben heller geworden“, beschreibt der Autor, wie
Bacon sein Leben positiv verändert hat.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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