Wohnen inklusiv
Inklusives Wohnen erleben
Rhein-Erft-Kreis - (lk) Wie können wir unsere Heimat so gestalten, dass darin alle
Menschen ein Zuhause finden, in dem sie uneingeschränkt teilhaben
können, und das sie mit ihren Wünschen und Möglichkeiten
mitgestalten können? Unter der Aufgabenstellung „Inklusion vor
Ort“ bietet die Fortbildungsreihe „Inklusion konkret – Besser
gemeinsam“ in diesem Jahr vielfältige Aktionen und Veranstaltungen
an, bei denen Fachleute, Einrichtungen aus dem Sozialwesen und der
Eingliederungshilfe, kommunale Vertreter sowie die Bürger als
Experten in eigener Sache aktiv mitwirken.
Der Fachtag „Wohnen inklusiv“ blickte jetzt konkret auf die
Situation der Menschen mit Behinderung in den Städten, Gemeinden,
Vierteln und Quartieren und stellte die Frage: Wie möchten Menschen
mit Behinderung heute leben? Das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG) gibt
Richtlinien vor, die individuelle und personenzentrierte Hilfen
fordern. Zu den neuen Herausforderungen zählt die Entwicklung neuer
alternativer Wohnformen gegenüber stationären Wohnangeboten. Der
Fachtag unterstrich dabei die unmittelbare und frühzeitige Einbindung
der Menschen mit Behinderung und ihre Expertise in eigener Sache.
Vertreter aus gelungenen Praxisbeispielen stellten ihre Erfahrungen
und Empfehlungen vor. Insgesamt 120 Teilnehmer aus ganz Deutschland
nahmen hier teil. Über die aktuellen Rahmenbedingungen des bundesweit
in seiner Umsetzung noch nicht abschlie-ßend geregelten BTHG
referierte Stefan Löwenhaupt von der xit gmbH Nürnberg. „Das BTHG
fordert Leistungserbringer in der Eingliederungshilfe dazu auf,
Wohnangebote auf die individuellen Bedarfe der Menschen mit
Behinderung neu auszurichten“, so der Fachmann.Eine konkrete
Standortbestimmung aus der Praxis bot die Podiumsrunde „Wohnen im
Dialog“. Der Inklusionsaktivist Constantin Grosch kritisierte, dass
betroffene Menschen auch unter dem neuen BTHG gegenüber den
Kostenträgern immer noch nicht genügend Durchgriffsrechte besäßen.
So könnten Leistungsformen gegen den Willen Betroffener mit Blick auf
die Kostenschiene durchaus geändert werden, berichtete Grosch, der
selber den Rollstuhl nutzt.
Petra Strack vom Dienstleistungsunternehmen „Deine Assistenzwelt
GmbH“ aus Bonn lebt seit 2003 mit persönlicher Assistenz und
möchte das dadurch erlebte Unabhängigkeitsgefühl an ihre Kunden
weitergeben. Die Personalmanagerin kombiniert ihre Kompetenzen aus dem
professionellen Personalmanagement mit ihren persönlichen
Erfahrungen.
Besondere Aufmerksamkeit erfuhr der Vortrag der Sozial- und
Diplompädagogin Dr. Maria Lüttringhaus. Sie ist Begründerin einer
Wohngemeinschaft für junge Menschen mit Behinderung - darunter auch
Menschen mit sehr hohem Unterstützungsbedarf.
Für die Mutter von drei Kindern war die Parkinson-Erkrankung ihrer
jüngsten Tochter eine Initialzündung, das eigene Zuhause neu zu
konzipieren. Denn von behördlicher Seite wurde Maria Lüttringhaus
für die Zukunft des elfjährigen Kindes die Unterbringung in einem
Altersheim in Aussicht gestellt. „Für mich war es schockierend,
dass Jugendliche mit schwerer körperlicher Behinderung, die nicht
mehr bei den Eltern leben können, in Deutschland meist in einem
Altersheim untergebracht werden“, berichtet die Sozialpädagogin
über ihre persönliche Situation.
Daraufhin beschloss sie, ihr Haus so umzubauen, dass es als
barrierefreies Wohnhaus für eine inklusive Wohngemeinschaft genutzt
werden kann. Dort leben heute Studenten im Rahmen internationaler
Austauschprogramme zusammen mit sieben jungen Leuten mit sehr
unterschiedlichem Hilfebedarf.
Hier funktioniert die gegenseitige Hilfe bei der Alltagsgestaltung und
Teilhabe für die WG-Mitglieder auf der einen und
sprachlich-kulturelle Unterstützung für die Studenten auf der
anderen Seite.
Für die Gold-Kraemer-Stiftung unterstrich Fachgeschäftsführer Dr.
Volker Anneken die Bedeutung des BTHG auch für die eigenen
Wohnangebote: „ Für unsere Angebote in der Paul Kraemer Haus gGmbH
ist zentrale Aufgabe, Wohnen so zu gestalten, dass die selbstbestimmte
Teilhabe im Wohnort oder Viertel für unsere Bewohner
selbstverständlich ist. Das Augenmerk bei der Begleitung und
Assistenz muss dabei auf den ganz persönlichen Wünschen und
Bedürfnissen der Menschen liegen“.
Mit Ralf Faßbender berichtete auch ein Frechener Bürger über seinen
Weg in die eigenen vier Wände. Seit drei Jahren lebt der heute
38jährige und ehemalige Bewohner eines Paul Kraemer Hauses allein in
einer Wohnung in der Frechener City und erhält im Rahmen des Ambulant
Betreuten Wohnens der Stiftung die Hilfe, die er für seine
Selbstständigkeit wünscht.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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