Immer wieder
In Hennef-Hanf werden regelmäßig die Ortseingangsschilder geklaut
Region - Erst vor ein paar Wochen wurde die Neugestaltung der Durchgangsstraße
in dem kleinen Ort Hanf (Stadt Hennef) an der Landesgrenze zu
Rheinland-Pfalz fertiggestellt, was nur wenige Insider und die 233
Bewohner des Dorfes interessierte oder freute.
Ein bandenmäßiger Raub von allen sechs Ortschildern des Ortes sorgte
nun für Aufmerksamkeit in der ganzen Region, viele Medien berichteten
darüber. Mittlerweile hat die Stadt Hennef neue Schilder erstellen
lassen und an den alten Standorten aufgestellt - bis auf die beiden
Schilder an der Durchgangsstraße, denn hier ist der Rhein-Sieg-Kreis
zuständig, da es sich um eine Kreisstraße handelt.
Offensichtlich hat die Medienpräsenz auch weitere
„Schilderklauer“ auf Hanf und seine Ortsschilder aufmerksam
gemacht, denn wieder fehlen zwei der gelben Schilder. Volker
Steckmeier von der Stadt Hennef (Leiter der Organisation
Straßenverkehrsangelegenheiten) berichtete, dass in Hanf in den
vergangenen Jahren öfter schon mal ein Ortsschild entwendet wurde,
aber nie alle auf einen Schlag wie jetzt. Es ist auch nicht
ungewöhnlich, dass hin und wieder in der Stadt der 100 Dörfer auch
aus anderen Dörfern Ortsschilder verschwinden. Als Gag für besondere
Anlässe, wie Umzug oder Geburtstag werden die Schilder geklaut, so
Steckmeier. Die Täter werden selten erwischt und wenn einer vor
Gericht landet, „geht er mit einem Lächeln im Gesicht aus dem
Gerichtssaal“, sagt Steckmeier aus seiner Erfahrung, weil es sich
bei den Tätern meist um unbescholtene Bürger handle und so keine
oder nur eine milde Strafe verhängt wird. Dabei ist die Entfernung
von Schildern eine Straftat, die mit fünf Jahren Freiheitsstrafe
bemessen werden kann. Neben dem Diebstahl ist es auch eine
Sachbeschädigung und ein gefährlicher Eingriff in den
Straßenverkehr. Laut Straßenverkehrsordnung weist das Schild nicht
nur auf den Ortsnamen hin, sondern auch, dass man in eine geschlossene
Ortschaft einfährt, wo Tempo 50 gilt. Im Gegensatz dazu gibt es noch
grüne Orthinweisschilder mit gelber Schrift und Rand. Die werden dort
aufgestellt, wo es keine zusammenhängende Bebauung an der Straße
gibt, nur wenige Häuser stehen. Man spricht hier auch von Weiler.
Diese Schilder haben keine Auswirkung auf die Straßenverkehrsordnung.
Die Täter, die jetzt alle Ortsschilder von Hanf klauten, haben
zunächst das gesamte Schild mit Pfosten und Rahmen aus dem Erdreich
gehoben, sogar mit dem Betonklotz am Pfostenende, was auf mehrere
Täter oder eine Bande vermuten lässt. Entweder in unmittelbarer
Nähe des Standortes oder auch in sichererem Abstand von über 100
Metern trennten sie dann das Ortsschild mit einer Säge oder einer
Akku-Flexmaschine vom Rahmen. Die Schilder waren nicht wie üblich an
den Rahmen geschraubt, sondern mit Popnieten, die zusätzlich noch an
den Rahmen geschweißt waren.
Die Wiederbeschaffung der Schilder dauert rund zwei Wochen. Dafür
gibt es extra Herstellerfirmen, mit denen die Stadt zusammenarbeitet.
Die Materialkosten für ein Ortsschild betragen für den Pfosten mit
Rahmen 93 Euro und für das Schild 155 Euro. Mit den Lohnkosten und
Einbetonierung fallen Kosten pro Schild von 560 Euro an, was in Hanf
einen Schaden von 3.360 Euro hinterlässt, der letztendlich die
Steuerzahler zahlen. Da die Diebstähle in der Nacht erfolgen, fühlen
sich die Täter sicher und werden selten erwischt. Je schneller die
Diebstähle bei der Polizei oder der Stadt gemeldet werden, desto eher
besteht eine Chance, die Täter zu ermitteln.
Hanf setzt sich aus den Wohnplätzen Meisenhanf, Hanfmühle und
Halmshanf zusammen. Der Name bezieht sich nicht auf die Hanfpflanze
(Cannabis), sondern auf den Hanfbach, der dem Ort und auch dem
Hanfbachtal den Namen gab. Hanf ist eine alte Ansiedlung, die schon um
900 nach Christus erwähnt wurde. In der 1756 erbauten Kapelle findet
heute noch monatlich ein Gottesdienst statt. Der Wohnplatz Hanfmühle
war beliebt durch den urigen Saal (wurde vor einigen Jahren
abgerissen), viele Jahre wurde hier gefeiert. Ob Gesangsverein oder
andere Vereine im Saal feierten, es war immer gemütlich und
familiär. Bis Anfang der 1970er-Jahre hatte der Ort sogar ein
Tanzcorps in Blau-Weiß. Von 1892 bis 1956 war der kleine Ort sogar an
die Schienenverbindung nach Hennef und Asbach angeschlossen, denn die
Bröltalbahn hielt bei seiner Fahrt durch das Hanftal auch am
Haltepunkt Hanfmühle.
In anderen Kommunen der Region hat man ganz unterschiedliche
Erfahrungen mit dem „Schilderklau“ gemacht, wie aus den
Stadtverwaltungen auf Anfrage zu erfahren war. In Troisdorf kennt man
dieses Problem nicht, da „unsere Ortsnamen nicht unbedingt dazu
einladen“, heißt es aus der Pressestelle. Auch in Sankt Augustin
und Niederkassel gebe es demnach keine Probleme mit Diebstählen von
Ortsschildern. In Ruppichteroth hingegen kommen bis zu 15 Delikte
dieser Art pro Jahr vor. „Dabei handelt es sich um verschiedene
Schilderarten sowie Baustellenabsicherungen. Wir bringen jeden
Diebstahl zur Anzeige, die Staatsanwaltschaft stellt jedoch fast alle
Verfahren ein“, berichtet Peter Gauchel, Leiter des Ruppichterother
Ordnungsamtes. Ein oder zwei Ortsschilder pro Jahr kommen auch in
Neunkirchen-Seelscheid abhanden. „Seitdem wir die Schilder jedoch
nicht mehr mit Schrauben, sondern mit Nieten befestigen, sind noch
alle da“, berichtet Karin Stöcker von der Gemeinde. Siegburgs
Pressesprecher Jan Gerull bestätigte, dass lediglich einmal das
Ortsschild von „Schreck“ gestohlen wurde. In Bad Honnef ist man
froh, dass weder Verkehrs- noch historische Wegschilder geklaut
werden. Hier habe man aber durchaus regelmäßig mit Vandalismus und
Schmierereien zu kämpfen, sagt Christine Pfalz.
- A. Heimermann
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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