Querschnittsgelähmtem fehlte Lebensqualität
350 Kilometer für Sprung ins kühle Nass
Frechen - Da in Baden-Württemberg die Schwimm- und Freibäder seit elf
Wochen geschlossen sind, hat Sven Eckardt die Fahrt von 350 Kilometern
nicht gescheut, um im Frechener Terrassenfreibad endlich seine Bahnen
ziehen zu können.
„Es ist toll, einfach nur toll!“ Nach den ersten zwei Bahnen war
Sven Eckardt zunächst etwas aus der Puste, aber nach den nächsten
zwei Runden stellte sich bei ihm ein enormes Glücksgefühl ein und er
schwärmte von dem guten Gefühl, nach so langer Zeit wieder im Wasser
zu sein.
Der Baden-Württemberger wohnt in der Nähe von Stuttgart und ist
Leistungsschwimmer. Fünf bis sechs Mal in der Woche schwimmt er –
wenn nicht gerade Corona ist – zwischen drei bis fünf Kilometer.
„Dass ich in den letzten elf Wochen nicht ins Wasser konnte, war
Lebensqualität, die mir enorm gefehlt hat“, erzählte er bei den
Zwischenstopps, die er nach zwei Bahnen immer wieder eingelegt hat.
Für ihn war die Schließung der Schwimmbäder besonders hart, denn er
ist von Geburt an querschnittsgelähmt und so ist Schwimmen nicht nur
ein Hobby für ihn, sondern hat auch einen therapeutischen Effekt.
Damit seine Beine im Wasser an der Oberfläche gehalten werden,
schwimmt Eckardt mit einem Pullbuoy, den auch nicht eingeschränkte
Schwimmer beim Training benutzten. Während viele zum Ausgleich des
Shutdowns ausgedehnte Spaziergänge oder Radtouren für sich entdeckt
haben, konnte das der 50-Jährige nicht machen. „Die Bewegung hat
mir total gefehlt.“
Das Terrassenfreibad in Frechen hat Eckardt 2018 beim 50-Stunden
Schwimmen kennengelernt. Seitdem steht er mit Badleiter Markus
Ramacher im lockeren Kontakt. Als er von ihm hörte, dass das
Frechener Bad bereits am 20. Mai öffnen kann, hat er den Entschluss
gefasst, nach Frechen zu kommen. „Die 350 Kilometer Fahrt haben sich
wirklich gelohnt“, erzählte er.
Gemeinsam mit seiner Begleiterin, die auch Langstreckenschwimmerin
ist, hat er für Samstag, Sonntag und Montag jeweils einen zwei Mal
zwei Stunden Slot gebucht.
„Schwimmen ist eine Leidenschaft seit ich denken kann“, sagt er.
Seit über 25 Jahren schwimmt er leistungsmäßig im Behindertensport
und kann auch internationale Erfolge vorweisen. Verletzungsbedingt
konnte er 1996 nicht an den Paralympics in Atlanta teilnehmen, nahm
aber mit Erfolg an zahlreichen württembergischen und deutschen
Meisterschaften teil. 2009 gründete er das Team Warmduscher, das
mittlerweile um die 200 Mitglieder hat..
Viele von ihnen nehmen an verschiedenen 24-Stunden-Schwimmen teil,
oder eben wie in Frechen am 50-Stunden Schwimmen teil. „Uns
verbindet alle die Leidenschaft zum Wasser und dem entspannten, langen
Schwimmen“, sagt Eckardt, frei nach ihrem Motto „Schwimmen mit
Freunden“.
LeserReporter/in:Magdalena Marek aus Frechen |
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