Streit um Kreisumlage
Bürgermeister sprechen sich gegen Anhebung aus

Zwei Wappen,. zwei Wege: Während der Rhein-Kreis Neuss (Wappen rechts) weniger Geld von seinen Kreiskommunen verlangt, um Städte und Bürger in Krisenzeiten zu entlasten, möchte der Rhein-Erft-Kreis (Wappen links) rund 43 Millionen Euro mehr von seinen Städten.  | Foto: Wappen
  • Zwei Wappen,. zwei Wege: Während der Rhein-Kreis Neuss (Wappen rechts) weniger Geld von seinen Kreiskommunen verlangt, um Städte und Bürger in Krisenzeiten zu entlasten, möchte der Rhein-Erft-Kreis (Wappen links) rund 43 Millionen Euro mehr von seinen Städten.
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Der eine Kreis kann’s, der andere nicht. Während im Nachbarkreis die Kommunen entlastet werden sollen, versucht der Rhein-Erft-Kreis die steigenden Kosten an die Kommunen und somit an die Bürger im Kreis weiterzureichen.

Region. Nach „intensiven und konstruktiven Beratungen“ haben Landrat, Kreisverwaltung und Kreisfraktionen einstimmig dafür gestimmt, dass die Kommunen im Kreis aufgrund der „aktuell steigenden Energie- und Verbraucherpreise“ und der steigenden Sozialkosten durch die Folgen des Ukrainekriegs entlastet werden müssen. Daher wird der Hebesatz der Kreisumlage auf 31,5 Prozentpunkte herabgesetzt.

Eine gute Nachricht für die Kommunen, aber nicht für die Kommunen im Rhein-Erft-Kreis, denn die Mitteilung zur Entlastung kommt nicht aus Bergheim sondern aus Neuss und Grevenbroich, den Kreisstädten des Rhein-Kreis Neuss.

Dem nördlichen Nachbarkreis bleibt, trotz der aufgeführten außergewöhnlichen Belastungen, sogar noch finanzieller Spielraum zur Zukunftsgestaltung: Im Haushalt wurden unter anderem Mittel zur Erstellung eines Masterplans zur flächendeckenden Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, für eine Potenzialanalyse für Photovoltaikanlagen auf Park- und Freiflächen oder zum Austausch von älteren Wärmeerzeugungsanlagen in Kreisgebäuden bereitgestellt.

Etwas weiter südlich sieht die Lage anders aus: Hier liefern sich Landrat Frank Rock (CDU) und CDU-Fraktionsvorsitzender Willi Zylajew auf der einen und die zehn Bürgermeister der Kreiskommunen (7xCDU/3xSPD) auf der anderen Seite, einen heftigen medialen Schlagabtausch.

Die Pläne der Kreisverwaltung, die Kreisumlage von 31,5 auf 33,2 Prozent anzuheben (wir berichteten), stoßen in den Stadtverwaltungen auf großes Unverständnis. In einem Schreiben an den Landrat machte Frank Keppeler (CDU), Bürgermeister in Pulheim und Sprecher der Bürgermeister-Konferenz, deutlich, dass die Forderung nach mehr Geld zu Steuererhöhungen und eine starke finanzielle Mehrbelastung der Bürger führen würde.

Ebenfalls kritisch sahen die Bürgermeister die geplante Einrichtung von 115 neuen Stellen in der Kreisverwaltung. Anstatt immer mehr Geld verlangen zu wollen, sollte der Kreis viel mehr das Sparen lernen. Die aktuelle Krise sollte mit einen Griff in die angesparte Rücklage bewältigt, der Hebesatz für die Kommunen reduziert und nicht angehoben werden.

Das sieht Landrat Frank Rock anders: Die Kreise seien gesetzlich dazu verpflichtet, eine kostendeckende Umlage zu erheben, wenn die Erträge die Aufwendungen nicht mehr decken würden.

Für „unrealistisch niedrige Umlagesätze“ würden dem Kreis die Mittel fehlen. Der Stellenzuwachs sei überwiegend auf gesetzliche Pflichtaufgaben in den Bereichen Gesundheitsdienst, Integrations- und Flüchtlingsangelegenheiten und Katastrophenschutz, zurückzuführen. Der Stellenausbau sei zudem niedriger als in den Kreiskommunen Bedburg, Brühl, Elsdorf und Wesseling.

Rückendeckung erhält der Landrat von einem weiteren Alt-Hürther Mitbürger, dem CDU-Kreistagsfraktionsvorsitzenden Willi Zylajew: „Es verbietet sich, auch für Sie als Bürgermeister, diesen Kommunalpolitikerinnen und –politikern umsichtiges Handeln abzusprechen“, rüffelt Zylajew den Sprecher der Bürgermeister-Konferenz. In den Koalitionsfraktionen CDU, FDP, Bündnis90/Die Grünen, säßen verantwortungsbewusste Männer und Frauen, der Kreis müsse handlungsfähig bleiben.

Aber nicht nur gegenüber den Parteikollegen in den Kommunen teilt die CDU-Kreistagsfraktion aus: Unter den „Koalitionären“ hätte eine „sehr harmonische und von Vertrauen getragene Arbeitsatmosphäre“ geherrscht, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Kreistags-Jamaika-Koalition. Die SPD hingegen habe zwar eine „massive Senkung der Kreisumlage“ gefordert, gleichzeitig aber zusätzliche Forderungen in Höhe von 3,5 Millionen Euro gestellt.

„Die SPD-Fraktion war argumentativ nicht in der Lage ihren Widerspruch zwischen der Senkung der Kreisumlage und gleichzeitig gewünschten Mehrausgaben schlüssig dazulegen“, heißt es weiter. „Richtigerweise“ hätten sich die Sozialdemokraten im Kreistag aber von der „Kritik der Bürgermeister an der REVG deutlich distanziert“. Der Kreishaushalt schaffe den „schwierigen Spagat zwischen einer seriösen Haushaltspolitik und einer soliden Aufgabenerledigung“, die Kreisumlage würde „konstant und so gering wie möglich“ gehalten.

LESERMEINUNGEN:

Die Erhöhung des Umlagesatzes ist durch den Beschluss des Kreistages noch nicht endgültig besiegelt. Der Bescheid zur Festsetzung der Kreisumlage eröffnet den Kommunen im Rhein-Erft-Kreis den Klageweg. Wenn die Bürgermeister der kreisangehörigen Städte also der Meinung sind, die finanzielle Belastung sei nicht tragbar, so sollten sie die Festsetzung anfechten. Letztlich wird dann das Verwaltungsgericht entscheiden, ob die Höhe der Kreisumlage gerechtfertigt ist. Die betroffenen Städte müssen den Beschluss des Kreistages nicht klaglos hinnehmen. Angesichts der einhelligen Kritik aus den Kommunen wäre ein gemeinsames Vorgehen gegen die Festsetzung die logische Konsequenz. Es darf allerdings bezweifelt werden, ob die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister diesen Weg gemeinsam gehen wollen. Der Grundsatz des Gleichrangs der finanziellen Interessen der kreisangehörigen Städte verpflichtet den Rhein-Erft-Kreis, bei der Erhebung der Kreisumlage den Finanzbedarf der umlagepflichtigen Kommunen zu ermitteln und ihn gleichrangig mit den eigenen zu berücksichtigen. Kreistagsmitglieder, die neben ihrem Kreistagsmandat auch noch im Stadtrat ihrer Kommune sitzen, unterliegen durch das Doppelmandat einem Interessenkonflikt. Es stellt sich demnach die Frage, wie die Doppelmandatsträger von CDU, Grüne und FDP die Interessenkollision bei ihrem Abstimmungsverhalten im Stadtrat vor Ort lösen. Auch für den Kreis gilt das Nachrangigkeitsprinzip. Das bedeutet, dass alle Sparmöglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, bevor eine Erhöhung der Umlage erfolgen kann.
Hubert Erkes
Kerpen

Der Landrat Frank Rock wäre gut beraten, sich um die Belange der Kommunen mehr zu kümmern, anstatt sich Luftschlösser wie das „Haus der Bildung“ im ehemaligen Kloster Horrem zu erträumen. Die Planung desselben geht auf Kosten der Kommunen und wird vermutlich eher der Unterbringung der vielen neuen Mitarbeiter/innen der Kreisverwaltung dienen: ein weiteres Kreishaus, bestückt mit Schulverwaltung und Amt für Migration, getarnt als Beratungszentrum. Das ist Betrug am Bürger und sollte entschieden angegangen werden! Aufgrund der baulichen Gegebenheiten ist es geeigneter und vordringlicher, sozialen Wohnraum für Beschäftigte im sozialen Bereich (Krankenhäuser, Kitas, Altenheime) zu schaffen und anzubieten, um diesen schlecht bezahlten Angestellten wenigstens attraktiven Wohnraum anzubieten und somit regional attraktiver für die dringend benötigten Fachkräfte zu werden.
Sepp Kernig,
Kerpen

Redakteur/in:

Lars Kindermann aus Rhein-Erft

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