Die große Schulbuch-Lotterie
Der lokale Buchhandel geht leer aus

Trotz Buchpreisbindung sind die Kommunen verpflichtet, die Bestellung von Schulbüchern deutschlandweit auszuschreiben. Der örtliche Buchhandlung geht dabei leer aus. | Foto: dru
  • Trotz Buchpreisbindung sind die Kommunen verpflichtet, die Bestellung von Schulbüchern deutschlandweit auszuschreiben. Der örtliche Buchhandlung geht dabei leer aus.
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Erftstadt - (red) Jahrelang hat die Stadt Erftstadt die Schulbücher für
insgesamt zwölf Schulen über den lokalen Buchhandel organisiert. Ein
sinnvolles Verfahren, wie wohl die allermeisten vermuten mögen.
Immerhin 200.000 Euro Umsatz bleiben so im lokalen Handel. Doch im
kommenden Schuljahr ist alles anders.

Der Auftrag ist von der Stadtverwaltung bundesweit ausgeschrieben, wie
aus einer Vorlagen für den nicht-öffentlichen Teil des
Schulausschusses hervorgeht. Und der zuständige Schuldezernent Jörg
Breetzmann begründet das mit Paragraph 2 der
Unterschwellenvergabeordnung. Und die verlangt, so Breetzmann, „dass
öffentliche Aufträge im Wettbewerb und im Wege transparenter
Verfahren vergeben werden“. Der aus den 90er Jahren stammende,
bisher angewandte Beschluss des Rates der Stadt Erftstadt, nur
Erftstädter Buchhandlungen zu berücksichtigen, verstoße damit gegen
geltendes Vergaberecht und dürfe damit keine Berücksichtigung mehr
finden.

Die Vergabesumme für die für das Schuljahr 2020/2021 im Wege der
Sammelbestellung für zwölf Schulen zu beschaffenden Schulbücher
beträgt rund 200.000 Euro und musste - so der Schuldezernent -
aufgrund der Höhe deutschlandweit ausgeschrieben werden. „Da die
Ausschreibung von Büchern dem Buchpreisbindungsgesetz unterliegen,
sind alle Bieter, die die formellen Anforderungen erfüllen,
gleichzusetzen“, heißt es in der Anztwort der Verwaltung auf eine
Nachfrage der Redaktion. Im Klartext: wegen der in Deutschland
geltenden Buchpreisbindung sind alle Angebote der Bucvhhändler gleich
hoch! Was tun: Die Vergabe wird verlost.

Jörg Breetzmann wörtlich: „Lieber hätten wir die gute
Zusammenarbeit mit dem örtlichen Buchhandel weitergeführt, aber wir
sind eben dem geltenden Recht verpflichtet.“ Im Schulausschuss hatte
er die Hintergründe erläutert: „Wir müssen uns an die geltenden
rechtlichen Bestimmungen halten, nach dem die Vergabe der
Schulbuch-Lieferung ausgeschrieben werden muss.“ Auch wenn es
seltsam erscheine, denn aufgrund der Buchpreisbindung, können alle
Bieter nur die gleichen Leistungen vorweisen. Den Zuschlag haben
übrigens eine Buchhandlung aus Bayern und eine aus
Mecklenburg-Vorpommern bekommen.

Wenig Verständnis zeigt Michael Herwartz, Ratsmitglied der Grünen:
„Offensichtlich hat bei der Ausschreibung niemand erkannt, dass es
ein Problem gibt. 200.000 Euro weniger Umsatz für Buchläden in
Erftstadt. Zusätzlich zum Ausfall wegen Corona. Das ist nicht das,
was wir uns unter Kulturförderung vorstellen und auch nicht unter
Hilfe für Gewerbetreibende.“

Übrigens: Das ganze hat Methode. Denn in der Folge werden in den
kommenden Wochen die Schulbücher für das nächste Schuljahr quer
durch die Republik gefahren. Weil ja zum Beispiel eine Buchhandlung
aus dem Rhein-Erft-Kreis bei der Vergabe in Schleswig-Holstein oder
Thüringen mehr Glück bei der großen Schulbuch-Lotterie gehabt haben
könnte.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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