Lebensretter mit feinen Spürnasen
Mantrailer retten Menschen aus Lebensgefahr

In einem Umkreis von 120 Kilometern um Köln sind die Mantrailer einsatzbereit. | Foto: Yvonne Kerstin
2Bilder

Rhein-Erft-Kreis - Wenn bei Gernot Sieger nachts das Handy klingelt und er den Anruf im
Nebenraum annimmt, gibt es zwei Möglichkeiten, wie sein Hund darauf
reagiert: Handelt es sich um ein privates Gespräch, schläft Lando
seelenruhig weiter. Nimmt Sieger dagegen die Daten für einen Einsatz
auf, dann ist Lando glockenwach. „Lando spürt das Adrenalin durch
die geschlossene Tür“, erklärt Sieger.
Lando ist einer von 15 Hunden, die zur Staffel „Mantrailer West“
gehören, einem gemeinnützigen Verein, der im Juli dieses Jahres
gegründet wurde. Vereinszweck ist die „Rettung von Menschen in
akuter Lebensgefahr“. Sechs der Hunde in der Staffel sind
einsatzfähig, die anderen befinden sich noch in einem der
anderthalbjährigen Ausbildungsstadien. 28 Einsätze habe die Staffel
in den vergangenen anderthalb Jahren absolviert, davon 22 erfolgreich,
erklärt Staffelleiter Sieger. Vom vierjährigen Jungen bis zum
98-Jährigen ging es um Menschen, die vermisst wurden. Sieger erinnert
sich noch gut daran, dass bei einem Mantrailer-Seminar an der Ostsee
eine Mutter weinend auf ihn zukam – ihr vierjähriger Sohn war weg.
Zwei der Hunde schnupperten an den Schuhen des Sohnes und fanden das
Kind innerhalb von zwölf Minuten. „Person lebend im Suchgebiet
gefunden“ – das sei auch in diesem Fall die beste aller möglichen
Nachrichten gewesen, so Sieger. „Das waren bange Minuten für die
Mutter, aber auch für uns. Der kleine Junge lief 20 Meter vom Meer
und in der Nähe einer viel befahrenen Straße den Strand entlang.“
Im Gegensatz zu den Flächensuchhunden etwa der Johanniter Unfallhilfe
oder vom Roten Kreuz suchen die Staffelhunde an der Leine. Teilweise
erfolgt die Ausbildung zusammen mit den Johannitern Oberberg und
Aachen gemeinsam, um Hunde und Hundeführer daran zu gewöhnen,
parallel zu arbeiten. Wie etwa bei der Suche nach einer 78-jährigen
an Demenz erkrankten Frau in Bergisch Gladbach, die nach einem
koordinierten Einsatz von Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr,
Mantrailern, Johannitern, Rotem Kreuz und Bund der Rettungshunde fast
erfroren in einem Bach gefunden wurde und die überlebt hat. „Ein
Mantrailer muss bei der Suche den Druck ausblenden können“, weiß
Sieger „und auch damit zurechtkommen, wenn eine Suche nicht
glimpflich verläuft.“ Vor allem sei an beiden Enden der Leine
wichtig, dass der Hundeführer dem Tier blind vertraut und der Hund
soviel Selbstbewusstsein besitzt, bei der Frage ‚nach links oder
rechts?‘ seinem Gespür zu folgen.

Die Hundestaffel arbeitet ehrenamtlich, finanziert sich durch die
Beiträge der derzeit 18 Mitglieder. Ein Hobby mit hochprofessioneller
Ausrichtung, denn es geht immer um Menschenleben. Haben Hundeführer
und Hund die Einsatzfähigkeitsprüfung, die zwei Jahre lang gültig
ist, bestanden, muss das Erlernte ständig weitertrainiert werden. Die
Staffel bezeichnet Sieger, der beruflich ebenfalls
Mantrailer-Ausbilder ist, als einen „Haufen positiv Bekloppter“.
Grundsätzlich eignet sich jeder Hund, egal welcher Rasse, ob mit oder
ohne Stammbaum, der menschenfreundlich und umweltsicher ist und eine
gute Nase hat, zum Mantrailing. Siegers Hund Lando ist genauso
versessen auf Einsätze wie etwa Pepper, der Hund des Schatzmeisters
Norbert Blank, dessen Talent eher zufällig entdeckt wurde. „Lando
bezieht 80 Prozent seiner Bestätigung aus ‚Ich darf suchen‘ und
ist ein echter Einsatz-Junky.“
Wer Interesse an der Arbeit der ehrenamtlichen Mantrailer hat, trifft
die Staffel am Samstag, 16. Dezember, auf dem Weihnachtsmarkt in
Erftstadt-Lechenich an und findet unter www.mantrailer-west.org oder
auf Facebook weitere Informationen.
Trainiert wird immer am Freitagabend im Raum Euskirchen, Köln,
Troisdorf und Rhein-Erft-Kreis.

In einem Umkreis von 120 Kilometern um Köln sind die Mantrailer einsatzbereit. | Foto: Yvonne Kerstin
Vom Kind bis zum Senioren: Mantrailer konzentrieren sich auf den individuellen Geruch der gesuchten Person. | Foto: Uwe Graffenberger
Redakteur/in:

REDAKTEURIN Gabriele Rupprecht aus Erftstadt

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.