"Leider keine Seltenheit“
Sexuelle Übergriffe an Karneval
Mit Blick auf den anstehenden Straßenkarneval hat die Polizei eine Präventionskampagne gegen sexuelle Übergriffe gestartet. Im vergangenen Jahr wurden in Köln 61 Sexualdelikte in den Karnevalstagen angezeigt. Experten sprechen dabei von der „Spitze eines Eisbergs“.
Region (lk). Unter dem Titel „It‘s a dress, not a yes!“ möchte die Kampagne darauf aufmerksam machen, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: Kleidung oder ausgelassenes Feiern darf nicht als Einladung für sexuelle Übergriffe missverstanden werden. „Derartiges Verhalten hat im alltäglichen Leben und damit auch an Karneval nichts verloren“, macht die Polizei deutlich.
Kriminalhauptkommissarin Claudia Sobotta, die bei der Kriminalprävention das Themenfeld „sexualisierte Gewalt“ betreut, weiß: „Blöde Sprüche, Grapschen, doofe Anmachen haben viele junge Mädchen und Frauen schon erlebt. Belästigungen und Übergriffe sind leider keine Seltenheit, denn Alkoholkonsum, Feierlaune und räumliche Enge werden häufig ausgenutzt.“ Sobotta appelliert: „Machen wir uns gemeinsam stark gegen Sexismus und sexuelle Übergriffe. Werden Sie Teil unserer Kampagne und nutzen Sie den Hashtag #itsadressnotayes oder teilen Sie die Beiträge auf den Social Media-Kanälen“.
Sobotta ergänzt: „Betrachtet man die Fallzahlen der Sexualdelikte, unterscheiden sie sich bei der Auswertung der einzelnen Monate kaum. Auffällig ist aber, dass in den Monaten mit besonderen Tatgelegenheiten wie Karneval, Halloween und der Sessionseröffnung ein großer Anteil der angezeigten Taten auf die wenigen Tage der Feierlichkeiten entfällt. Deshalb wollen wir mit der Kampagne sensibilisieren“.
Waren die Jahreszahlen der angezeigten Sexualdelikte in den Coronajahren 2020 (589, davon 337 sexuelle Belästigungen) und 2021 (548, davon 302 sexuelle Belästigungen) wegen der öffentlichen Beschränkungen erwartungsgemäß niedrig, stiegen sie in 2022 (821, davon 497 sexuelle Belästigungen) wieder an.
Die Fallzahlen des Jahres 2023 sind erneut angestiegen. In diesem Jahr wurden in Köln 69 Sexualdelikte angezeigt, 61 davon in den Karnevalstagen. Experten sprechen dabei von der „Spitze eines Eisbergs“. Bei Sexualverbrechen liege die Dunkelziffer häufig „10 bis 20 Mal höher“.
Die Polizei erhält bei ihrer Kampagne prominente Unterstützung: Unter anderem beteiligen sich daran die Cheerleader des 1. FC Köln, die Wildcats Leverkusen, die Tanzgruppe der Kölschen Greesberger und das Tanzpaar der Roten Funken.
EDELGARD, ein Projekt der Kölner Initiative gegen sexualisierte Gewalt, steht Hilfesuchenden von Weiberfastnacht bis Rosenmontag unter der Rufnummer 02 21 – 22 12 77 77 telefonisch zur Seite. Der Verein „Frauen gegen Gewalt“ ist telefonisch unter 02 21 - 56 20 35 erreichbar.
Redakteur/in:Lars Kindermann aus Rhein-Erft |
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