61 Prozent weniger Bauanträge
Wohnträume platzen in Serie

Wird immer seltener: der eigene Schlüssel im eigenen Schloss. Das Wohnen in den eigenen vier Wänden können sich immer weniger Menschen leisten.  | Foto: Tobias Seifert
  • Wird immer seltener: der eigene Schlüssel im eigenen Schloss. Das Wohnen in den eigenen vier Wänden können sich immer weniger Menschen leisten.
  • Foto: Tobias Seifert

Die Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser sind im Rhein-Erft-Kreis, laut einer Studie des Pestel-Instituts, innerhalb eines Jahres um 61 Prozent zurückgegangen. Als Gründe geben die Experten zu hohe Zinsen, zu hohe Baulandpreise, zu hohe Baukosten und zu hohe Klimaschutz-Auflagen an.

Rhein-Erft-Kreis (lk). „Schlechte Chancen auf ein Wohnen in den eigenen vier Wänden“, verkündet das Pestel-Institut aus Hannover. Laut einer aktuellen Regional-Analyse des Instituts liegt die Wohneigentumsquote im Rhein-Erft-Kreis bei 51,9 Prozent.

Im Kreis werden 116.700 Wohnimmobilien nicht vermietet, sondern von den Eigentümern selbst genutzt. Einen starken Anstieg die Wohneigentumsquote prognostizieren die Wissenschaftler für die nahe Zukunft nicht.

In den ersten sechs Monaten dieses Jahres gab es nach Angaben des Pestel-Instituts im gesamten Rhein-Erft-Kreis lediglich 89 Baugenehmigungen für neue Ein- und Zweifamilienhäuser. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr 2022 waren es noch 228 Baugenehmigungen.

„Damit ist der Eigenheimbau innerhalb von nur einem Jahr um 61 Prozent zurückgegangen“, sagt Matthias Günther. Der Leiter des Instituts sieht „das Wohneigentum weiter auf der Rutschbahn“.

Auch Katharina Metzger vom Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), der die Wohnungsmarkt-Untersuchung beim Pestel-Institut in Auftrag gegeben hat, sieht die Lage kritisch: „Der Traum vom eigenen Haus, von der eigenen Wohnung – er platzt gerade in Serie. Wenn es um das Anschaffen von Wohneigentum geht, ist auch der Rhein-Erft-Kreis quasi in eine Schockstarre verfallen. Hohe Zinsen, hohe Baulandpreise, hohe Baukosten, die vor allem auch durch hohe Klimaschutz-Auflagen nach oben getrieben werden: Wohneigentum scheitert am Geld.“

Die Wissenschaftler vom Pestel-Institut sprechen sich in ihrer Untersuchung deshalb für ein „Bundes-Baustartkapital“ aus. „Wer heute neu bauen will, der braucht vor allem eines: günstiges Geld. Notwendig ist deshalb ein Bundes-Baudarlehen mit höchstens 1,5 Prozent Zinsen als Startkredit fürs Wohneigentum. Der Staat sollte den Menschen den festen Niedrigzins für 20 Jahre bieten – und das für einen Kredit in Höhe von bis zu 4.000 Euro je Quadratmeter Wohnfläche“, fordert Wohnungsmarktforscher Matthias Günther.

Dadurch ließe sich der Neubau von Ein- und Zweifamilienhäusern, von Eigentumswohnungen und Reihenhäusern auch im Rhein-Erft-Kreis wieder pushen. „Mit der Garantie eines langfristig kalkulierbaren und günstigen Kredits würde der Bund den Menschen die Chance geben, zu ‚Neubau-Startups‘ zu werden“, so Günther.

Die aktuelle Wohneigentumsförderung der Bundesregierung fehle es an Lebensrealität: „Wer sie in Anspruch nimmt, braucht ein niedriges Einkommen. Er muss aber gleichzeitig genug Geld auf der hohen Kante haben, um sich bei hohen Grundstückspreisen und hohen Baukosten einen Neubau leisten zu können“, so Institutsleiter Matthias Günther.

Ins Geld gehe vor allem der Energiespar-Zwang. „Hier muss der Bund einen Gang zurückzuschalten“, sagt Katharina Metzger. Wer heute für sein Wohneigentum die Förderung vom Bund nutzen wolle, müsse nach dem „extrem ehrgeizigen Effizienz-Standard 40“ bauen. Metzger: „Der Staat muss endlich davon wegkommen, nur ‚Super-Klimaschutzhäuser‘ zu fördern. Denn die hohen Standards machen das Bauen richtig teuer“, so Metzger. Die „Kosten-Nutzen-Relation“ würde für Hausbauinteressierte nicht stimmen. „Das Geld, das zusätzlich beim Neubau in den Klimaschutz gesteckt werden muss, holt auf Jahre hinweg keiner beim Energiesparen mehr heraus“, sagt die BDB-Präsidentin.

Redakteur/in:

Lars Kindermann aus Rhein-Erft

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