Viele viele bunte Smarties
Kabarettist Christoph Brüske beendet die Corona-Kolumne
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Jetzt, wo wir das Schlimmste hoffentlich hinter uns haben,
beschäftigt mich eine Frage: Was ist wohl das Bild, welches vom
pandemischen Frühling 2020 in Erinnerung bleibt: Eine Klorolle, die
langen Schlangen vorm Supermarkt, eine Schutzmaske oder doch ein
Desinfektionsmittel trinkender Donald Trump?
Es würde mich interessieren. Genauso wie die Frage, ob und was wir
aus dieser entbehrungsreichen Zeit mitnehmen werden. Wird uns
beispielsweise das „Social Distancing“ in Fleisch und Blut
übergehen? Vielleicht werden sich ja die Titel berühmter Musicals,
Filme oder Schlager durch Corona verändern: Heißt es bald „Don`t
kiss me Kate“, „Der Gruß der Spinnenfrau“ oder „Heb die Hand,
schöne Frau“?
Gibt es in Zukunft noch plastische Chirurgen? Ich könnte mir
vorstellen, dass es irgendwann keine Brustvergrößerungen mehr geben
wird, nachdem wir so oft den Satz „Flatten the curve“ gehört
haben.
Sind durch die langen Ausgangsbeschränkungen eher die
Scheidungszahlen hochgeschnellt oder gibt es einen „exponentiellen
Anstieg“ der Geburtenraten? Es würde mich nicht wundern, dass viele
von uns auf zärtliche Ideen gekommen sind angesichts der ständigen
Durchsage des „Reproduktionswertes“.
Wird für Karl Lauterbach in Leverkusen das „Denkmal für den
unbekannten Mahner“ errichtet? Stürmt Attila Hildmann den Reichstag
und verdonnert uns alle zu veganer Küche? Komponiert Xavier Naidoo
soeben die neue Nationalhymne? Und behandelt Clemens Tönnies seine
Schlachthofmitarbeiter endlich „artgerecht“? Ich weiß es
nicht.
Aber auch, wenn es vielen vielleicht schwerfällt zu akzeptieren:
es ist noch nicht vorbei! Ich kann mir gut vorstellen, dass einige von
Ihnen schimpfen: „Bei uns im Ort gibt es doch nur noch zwei
Positivfälle!“ Das ist korrekt. Aber wenn ich Ihnen eine Tüte mit
„vielen vielen bunten Smarties“ anbiete, von denen zwei vergiftet
sind: Greifen Sie dann zu?
Mir war es eine Ehre, Sie mit meinen Texten ein wenig durch diese
beispiellose Zeit begleitet zu haben. Ich habe dies gerne und
unentgeltlich getan. Angesichts der weiteren Lockerungen halte ich die
Zeit nun für gekommen, mich auf diesem „Kanal“ von Ihnen zu
verabschieden. Neue hochspannende Projekte erwarten mich und ich wäre
überglücklich, wenn Sie mir weiterhin gewogen bleiben.
Haben Ihnen die ersten Teile meiner Kolumne gefallen? Dann habe ich
jetzt eine gute Nachricht für Sie: Alle bereits veröffentlichen
Texte und viele weitere Kapitel werden in Kürze in meinem neuen Buch
veröffentlicht! Es heißt „Virulent“- Satirische
Kurzgeschichten.
Sollten Sie allerdings das Lesen von Buchlektüren aufgegeben haben
und an Stelle Ihres Bücherschrankes schon lange eine
Thermomix-Sammlung stehen, dann verschenken Sie es doch einfach! Bei
einem Preis von 9,99 Euro ist es absolut „Wichtel-kompatibel“.
Denn eines kann uns selbst Corona nicht nehmen: Weihnachten steht vor
der Tür.
Passen Sie auf sich auf und danke für das Privileg Ihrer
Aufmerksamkeit.
Christoph Brüskes Buch zur Kolumne, „Virulent“, erscheint im
Juni und kann
unter www.brueske.de vorbestellt
werden!
"Die Peter-Pan-Demie"- Teil 9 der Corona-Kolumne
Kennen Sie das Peter Pan-Syndrom? Es bezeichnet ein
unverantwortliches Verhaltensmuster. Der Betroffene hat meist starke
narzisstische Züge und möchte partout nicht erwachsen werden. So
etwas erleben wir aktuell auch in der Corona-Krise. Und zwar so
heftig, dass wir getrost von einer „Peter Pan-Demie“ sprechen
dürfen.
Und es ist ja auch kein Wunder: während in normalen Zeiten 80
Millionen Fußballtrainer den Job von Jogi Löw viel besser machen
könnten, so wähnen sich nun Unmengen von selbsternannten Virologen
im Besitz der ultimativen Wahrheit. Und obwohl die meisten das Wort
gar nicht unfallfrei aussprechen können, halten sie sich für
hochbegabte Äppide äh Eppideppi äh Äppelwoi, verdammt! (sorry, ich
muss kurz googeln) So jetzt: Epidemiologen!
Und dauernd werden neue Ängste geschürt: letztens kam
„angeblich“ eine Meldung des Gesundheitsministeriums, dass das
Virus auch durch Geld übertragbar ist. Oh je. Ich habe gerade meinem
Vermieter einen stattlichen Betrag überwiesen. Habe ich den damit
angesteckt? Und wer erhöht jetzt für ihn die Nebenkosten?
Oder mehrere „seriöse“ Medien melden, dass Nikotin vor
COVID-19 schützt! Als Raucher freue ich mich darüber, aber wer
steckt hinter der Studie: Professor Marlboro? Oder noch besser: bei
CNN (nicht Fox News) kam die Eilmeldung, dass Alkohol die Symptome
lindert. Na prima: da bekommt der Ausdruck „Schluckimpfung“ eine
ganz neue Bedeutung!
Unter den angeblichen Fachleuten tummeln sich leider auch einige
mit akademischem Grad und einer gewissen Expertise, auch wenn sie sich
nur im Pförtnerhäuschen des Lukas-Podolski-Klinikums in
Köln-Müngersdorf abgespielt hat. Hinter der Akribie dieser Leute
steckt höchstwahrscheinlich der Frust, nicht in den erlauchten
wissenschaftlichen Kreis der „Leopoldina“ aufgenommen worden zu
sein: einer Institution, die viele von uns noch vor wenigen Monaten
für eine schlagende Burschenschaft aus Wolfenbüttel gehalten
haben.
Da geht mir zuweilen der schöne Satz von Heinz Ehrhardt durch den
Sinn: „Manche Menschen wollen glänzen, obwohl sie keinen Schimmer
haben.“ Und zu der Zeit dieses großen deutschen Komödianten gab es
noch gar kein Internet.
Denn dort, in den hirnbefreiten Weiten des „Netzes“ geht es
erst so richtig ab: da meldet sich der ein` oder andere Captain Hook
mit Aluhut und doppelter Augenklappe, der wahrscheinlich noch nicht
mal die Aufnahmeprüfung bei der AFD bestanden hat. Dabei entbrennt
ein skurriler Streit der Verschwörungstheoretiker, wer denn nun
„wirklich“ für das Virus verantwortlich ist. Denn irgendeiner
muss ja hinter dem ganzen Schlamassel stecken!
Israel würde Sinn machen, denn aus dem Hebräischen stammt das
Wort Schlamassel. Oder war es doch Bill „Lucifer“ Gates? Die böse
Frau Merkel geht eigentlich immer. Oder vielleicht Björn Höcke? Als
Rache dafür, dass Bodo Ramelow ihm nicht die Hand geschüttelt hat!
Und überhaupt: warum hat Ramelow ihm in Erfurt eigentlich nicht die
Hand gegeben? Wusste er damals vielleicht schon mehr?? Spooky!!
Ich wundere mich ein wenig, dass niemand auf das Naheliegende
gekommen ist. Aus meiner Sicht (und ich muss es wissen, denn ich hatte
einen Kochkurs an der Volkshochschule in Troisdorf) kann nur einer
dahinter stecken: die Toilettenpapierindustrie! Die kolumbianischen
Klo-Kartelle haben uns das eingebrockt, um ihren Umsatz ins
Unermessliche zu steigern. Und der Beweis meiner These steht sogar auf
vielen Packungen: Ja! „Ja, wir haben es euch gezeigt! Das kommt
davon, wenn ihr uns nur verarscht!“
Ich bin mir sicher: meine Theorie wird in die „Analen“ der
Appledemmel äh Wissenschaft eingehen.
Was ich Ihnen mit all dem sagen will: Seien Sie kein Narzisst,
denken Sie verantwortungsvoll und folgen Sie nicht den Rattenfängern,
egal ob Sie in Hameln wohnen oder in Nimmerland.
Christoph Brüskes Buch zur Kolumne, „Virulent“, erscheint im
Juni und kann
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„Die Geister, die ich rief“ - Teil 8 der Corona-Kolumne
Ich liebe Fußball! Wenn ich samstags einen Auftritt habe, fahre
ich extra früher los, um keine Sekunde von der Übertragung im Radio
zu verpassen. Dabei kann ich es gar nicht spielen. In der Schule
durfte ich nur deshalb in die Mannschaft, weil wir exakt elf Jungs in
der Klasse waren. Ich weiß noch: einmal schoss ich ein Eigentor, da
mir niemand gesagt hat, dass Halbzeit war und die Seiten gewechselt
wurden. Und glauben Sie es mir: einmal habe ich sogar ein richtiges
Tor geschossen. Ich, das „dicke Brüske“! Zwar gegen eine
Hobbit-Elf aus der fünften, aber egal! Ich war damals so stolz, dass
ich meinen Klassenkameraden wochenlang auf den (Verzeihung) Sack
gegangen bin!
Ähnlich auf den Sack geht uns seit Wochen die Deutsche Fußball Liga
mit ihrem Plan, die Saison per Geisterspiele zu Ende zu bringen. Uli
Hoeness stellte extra dafür ein paar Röstbratwurstregale als
Testlabor zur Verfügung. Und Aki Watzke, der Grund, warum viele
Talente den BVB nach spätestens einem Jahr verlassen, saß in jeder
Talkshow und blies die Vuvuzela des Verständnisses. Und tatsächlich:
in seltener Eintracht stimmten sogar Laschet und Söder dem verwegenen
Plan zu. Die einzige Erklärung dafür könnte sein, dass beide
(leicht-) gläubig sind und denken, dass Diego Maradona die „Hand
Gottes“ und Toni Turek immer noch der „Fußballgott“ ist.
Bei der Debatte stellte sich auch heraus, dass einige Vereine die
TV-Gelder von Mai schon längst verpfändet hatten und die Gefahr
bestünde, dass geschichtsträchtige Vereine wie Schalke 04 bald
Geschichte sind. Also gab es die kuriosesten Vorschläge, wie es
weiter gehen könnte. Man könnte die Saison nur mit Elfmeterschießen
zu Ende bringen (nicht, dass der SC Paderborn dann noch Meister wird)
oder der Ball könnte einen Durchmesser von zwei Metern haben, damit
die Abstandsregeln eingehalten werden und Alexander Nübel mal wieder
was hält. Aber so weit kam es gar nicht.
Jetzt bauen die ersten Optimisten schon Leinwände vor dem Ikea,
damit wenigstens schon mal 2000 Schlange stehende Fans zusehen
können. Der 1. FC Köln versteckte vorsorglich seine drei
Positivfälle und Hertha BSC suspendierte Herrn Kalou (der mit dem
Facebook-Clou).
Eines gleich vorweg: ich male bei dem Thema nicht so schwarz wie
der „Fleisch gewordene Mayakalender“ Karl Lauterbach („ich
empfehle uns allen, bis 2022 nicht zu atmen“). Aber ich habe auch
Angst. Angst vor der Vorbildfunktion des Fußballs. Letzte Woche
spazierte ich am Rhein entlang und auf einem Bolzplatz kickten
vergnügt vier junge Leute. Auf die Frage, ob sie denn Corona für
einen Spieler von Real Madrid hielten, antworteten sie nur trocken:
„Die Profis dürfens doch auch!“ Genau das bereitet mir mehr
Kopfschmerzen als die sechs Abstiege des 1. FC Köln zusammen. Nicht,
dass aus dem Fußball ein Schneeball wird und statt La Ola kriegen wir
die zweite Welle.
Es heißt häufig, dass unsere Fußballprofis moderne Gladiatoren
sind. Dann lass sie uns auch so behandeln! Steckt alle Spieler und
Betreuer während der gesamten Restsaison und zwei Wochen danach in
Quarantäne, so wie das die Basketball-Liga plant. Bestraft die
Vereine, vor dessen Stadien es zu Fan-Ansammlungen kommt, mit
Punktabzug! Und jeder Polizeibeamte, der trotzdem anrücken muss,
kostet eine 1000 €- Spende an den Weißen Ring.
Und so mögen die Spiele beginnen…
Ich bete zu Kaiser Franz, dass jetzt nur der Ball ins Rollen kommt
und nicht eine Lawine an Neuinfektionen. Und mit einer Mischung aus
Ungläubigkeit und Bewunderung vor so viel Chuzpe werde ich wohl
Samstagnachmittag wieder vorm Radio hängen. Wenn es doch nur auf dem
Weg zu einem Auftritt wäre.
Christoph Brüskes Buch zur Kolumne, „Virulent“, erscheint im
Juni und kann
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„Der große Reibach“ - Teil 7 der Corona-Kolumne
Haben Sie sich schon mal die Frage gestellt, wie der Staat
eigentlich die ganze Kohle der Corona-Soforthilfen und Subventionen
zurückbekommen will? Ich hätte da eine Vermutung: durch den neuen
Bußgeldkatalog im Straßenverkehr! Früher sind wir, wenn wir nicht
aufgepasst hatten, am 1. April in besagten geschickt worden. Jetzt
werden wir am 28. April veräppelt. Seitdem gilt er nämlich, der
„drakonische Almanach für den Vierradfahrer“. Im ganzen
Corona-Chaos ist dieses neue Gesetzeswerk natürlich unter dem Radar
geflogen und in den Nachrichten kam die Meldung erst nach der
Verlobung von Michael Wendler. Also um es vorsichtig zu sagen: es
haben nicht alle mitbekommen.
Der neue Katalog sieht nämlich empfindliche Erhöhungen der
Bußgelder vor. Jetzt, wo du ohnehin nicht viel reisen kannst, fällt
das nicht ins Gewicht. Aber wenn wir erstmal wieder mobil von der
Leine gelassen werden, dann geht er erst richtig los: der große
Reibach!
So ist zum Beispiel der Lappen weg, wenn du innerorts mit mehr als
20 km zu schnell unterwegs bist. Hältst du innerorts beim Überholen
eines Radfahrers nicht einen Abstand von mindestens anderthalb Metern,
wirst du auch zur Kasse gebeten. Das Nicht-Bilden einer Rettungsgasse
schlägt mit Minimum 200 € zu Buche.
Stellen Sie sich also mal vor, Sie fahren in einer 30er Zone mit 51
Stundenkilometern zu nah an einem Fahrradfahrer vorbei und das, obwohl
Sie eine Gasse bilden müssten: da kommt schon einiges zusammen. Und
wenn Sie gerade mit Freunden im Auto auf dem Weg zu einem Picknick
sind, greift zusätzlich noch das Corona-Schutzgesetz. Prima! Wenn Sie
das zusammenrechnen, dann ist das schon die halbe Lufthansa-Rettung!
Und da der Führerschein auch futsch ist, unterstützen Sie
automatisch noch den ÖPNV und die Taxibranche.
Aber so ist halt der Staat: manchmal hilft er uns aus der Patsche
und manchmal lässt er uns „abblitzen“. Jetzt bedaure ich es doch
ein wenig, dass ich keine „Connections“ zum Robert Koch Institut
habe. Ich könnte Professor Wieler ansonsten sagen lassen: „Wir
fordern eine Maskenpflicht für Auto-Kennzeichen!“
Aber was erwarten Sie auch anderes? Wo kommt denn der neue
Otto-Motor-Katalog her? Vom Verkehrsministerium unter der Leitung von
Andreas Scheuer. Warum wirkt denn Herr Söder immer so souverän? Ganz
einfach: weil der „Andi“ neben ihm steht! Bei dem Mautdebakel hat
er ja schon seine gesammelte Kompetenz unter Beweis gestellt. Aber das
ist ihm nicht genug: „Ist der Ruf erst ruiniert, regiert sich`s
später ungeniert.“
Herr Scheuer hatte kürzlich die Idee, den Lieferverkehr dadurch zu
verringern, dass die Pakete per U-Bahn zum Ziel gebracht werden. Ich
habe keine Ahnung, unter was der Mann leidet, aber COVID 19 ist es
scheinbar nicht. U-Bahn?! Die Stadt, in der ich wohne, hat knapp
vierzigtausend Einwohner. Wir haben noch nicht mal einen Zug! Seit dem
28. April fahren wir in unseren engen Sträßchen den Fahrrädern
hinterher! Weil überholen geht nicht mehr.
Aber das ist noch nicht alles: Herr Scheuer hat jetzt eine App
entwickelt, mit der man Funklöcher melden kann. Sofort und bequem.
PAUSE. NOCHMAL DEN LETZTEN SATZ LESEN. App? Funklöcher? Sofort
melden? Ganz ehrlich: gegen die satirischen Einfälle dieses
Niederbayern gebe ich mich geschlagen! Aber damit das auch klar ist:
Herr Scheuer ist nicht doof. Er hat nur unglaublich viel Pech beim
Nachdenken.
Also passen Sie auf sich auf und fahren Sie vorsichtig.
Das Buch zur Kolumne mit vielen weiteren Texten erscheint im Juni
und kann unter www.brueske.de
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„Orgien in Coronazeiten“ - Teil 6 der Corona-Kolumne
Unsere Kanzlerin gilt ja gemeinhin als eher sachlicher Charakter.
Dass aber unserer Mutti in einer internen CDU-Präsidiumssitzung der
Ausdruck „Orgien“ über die Lippen kommt, ist schon eher
erstaunlich. Viele waren sogar verblüfft, dass sie den Ausdruck
überhaupt kennt! Genau genommen sprach sie von
„Öffnungsdiskussionsorgien“ im Zusammenhang mit den ersten
Lockerungen nach dem sogenannten Lockdown, nennen wir ihn
„Lockererdown“ oder „Frohlockdown“. Die Frisöre nennen es auf
jeden Fall „Lockendown“.
Doch während bei einer Orgie laut Definition „eine Gruppe
gemeinsam unsittliches Verhalten betreibt“, werden die
Öffnungsdiskussionen in den Bundesländern sehr unterschiedlich
geführt: denn während in dem einen Land hunderte von Menschen auf
Einlass im Baumarkt hoffen, bezahlst du anderswo für ein Picknick mit
Freunden noch locker 250 € Strafe. Und während die Deutsche
Fußball Liga allen Ernstes ihre Saison zu Ende bringen will, darfst
du in manchen Regionen noch nicht mal zur Beerdigung deiner Oma!
Dabei haben sich unter den sechzehn Landesfürsten zwei
„Giganten“ zum Duell formiert: Laschet und Söder! Während Armin
Laschet vorzugsweise die Menschen aus der Lethargie befreien will,
möchte sie Markus Söder vom Beatmungsgerät der Intensivstation fern
halten. Und dabei greift der resolute Franke sogar zu historischen
Einschnitten: das Münchener Oktoberfest 2020 ist abgesagt!
Da diese Kolumne aber auch Perspektiven aufzeigen will, hier mein
Vorschlag, wie sie das Oktoberfest-Feeling auch zu Hause haben
können: Ziehen Sie sich zuerst ihr Dirndl oder Ihre Lederhosen an.
Falls Sie keinen geeigneten Krug haben, holen Sie aus dem Schrank eine
große Blumenvase. Füllen Sie diese mit dem alkoholischen Getränk
Ihrer Wahl. Falls Sie so ein Gerät im Haus haben, sagen Sie:
„Alexa, spiel Blasmusik, Lautstärke 10!“ Schütten Sie sich
tanzend eine weitere Vase ein. Falls sie vorher nichts gegessen haben,
beginnt mit etwas Glück schon jetzt die erste Achterbahnfahrt!
Sie besitzen ein Campingzelt? Phantastisch! Bauen Sie es auf,
schalten Sie das Licht aus und schauen Sie sich auf Ihrem Smartphone
ein aktuelles Video von Xavier Naidoo an. Und fertig ist die
Geisterbahn! Nach zwei drei weiteren Alkvasen geht’s runter in die
Tiefgarage, wo Sie eine Runde Autoskooter fahren. Aber verraten Sie es
noch nicht Ihren Nachbarn…
Auf dem Rückweg in die Wohnung ist noch Gelegenheit für einen
spontanen Auswurf auf Ihrer „Wies`n“. Denn schon startet die
zweite Runde. Nur bitte Obacht (bayrisch Obazda): „die nächste
Fahrt geht rrrrrückwärts!“!! Ab nun sind Sie auch nicht mehr
alleine, da Sie alles doppelt und dreifach sehen. Singen Sie gemeinsam
ein beschwingtes „Ich hab zu Haus` ein Hofbräuhaus, eins, (neue
Vase voll machen), zwei, g`suffa!!“ Kruzifix, so zünftig haben Sie
„dahoam“ noch nie gefeiert!
Aber wer weiß? Vielleicht findet das Oktoberfest ja doch noch
statt: nicht in Bayern, aber in NRW. Es gibt da so Gerüchte, Herr
Laschet will es nach Köln holen und auf dem IKEA-Parkplatz aufbauen.
Mach et Armin, das wird bestimmt eine „Mordsgaudi“!
Übrigens: wenn Sie die Vase durch einen Putzeimer und die Blasmusik
durch Jürgen Drews ersetzen, ersparen sie sich jetzt schon den
diesjährigen Trip zum Ballermann!
In diesem Sinne: frohlockernde Orgien und viel Spaß mit Ihren
Nachbarn.
Weltfrauenzeit - Gedanken aus der Quarantäne,
Teil V
Es macht mich nicht stolz, das festzustellen, aber fast dreiviertel
der Menschen, die zurzeit den Laden am Laufen halten, sind Frauen.
Während viele von uns Männern noch dem abgesagten Bundesligabetrieb
hinterherheulen, sind es unsere „besseren Hälften“, die Masken
nähen, Alte und Kranke pflegen oder im Supermarkt an der Kasse
sitzen. Das gab es übrigens schon mal in ähnlicher Form: Nach dem 2.
Weltkrieg nannten wir diese Generation „Trümmerfrauen“. In
Coronazeiten nenne ich sie „Kümmerfrauen“!
Dreiviertel Frauen! Hey Männer, das lassen wir doch nicht auf uns
sitzen? Es ist Halbzeit und wir liegen 1:3 zurück. Jetzt lasst uns
mal Gas geben! Wo sind denn die Männerdomänen? Da wären die auf
fallende Börsenkurse wettenden Hedgefonds Manager (Hol euch der
Teufel), DAX-Vorstände und Aufsichtsräte: pfeift auf eure Boni und
spendet einen Teil eures Salärs (viele Fußballstars tun das schon
längst).
Ihr Handwerker: wenn ihr das nächste Mal zu einer Kundin müsst,
um die Heizung zu reparieren: bringt einen Strauß Blumen mit und
spendiert die Anfahrtskosten. In dem Zusammenhang hier einer meiner
All-Time-Lieblingswitze: „Wie nennt man einen Malerbetrieb, der nur
Vorkasse akzeptiert? Malen nach Zahlen!“
Ihr Couchpotatoes, deren einziges Erfolgserlebnis es in den letzten
Wochen war, Klopapier zu hamstern (der Ausdruck „Klugscheisser
bekommt da ja eine ganz neue Bedeutung): tragt doch mal den Müll
(getrennt bitte!) runter und lasst euch die Funktionsweise von
Putzeimer und Bügelbrett erklären! Also Männer: Nur wenn wir alle
gemeinsam anpacken, steht es am Ende unentschieden und wir schaffen es
in die Verlängerung.
Wer in diesen Tagen nicht zum Feminist wird, hat den Knall nicht
gehört. Also liebe Geschlechtsgenossen, wir sind mehr als
Testosteron-gesteuerte Eierschaukler! Gewöhnen wir uns also doch mal
in Zukunft an ein paar Sätze, die wir bisher vielleicht noch nie zu
unseren Frauen gesagt haben. Hier meine fünf Vorschläge:
- Satz Nr.5:
- Satz Nr.4:
- Satz Nr.3:
- Satz Nr.2:
- Und wem das
„Ich muss die Skykonferenz nicht sehen. Willst Du mal auf die
Couch?“ [/*]
„Also die Landschaft in diesen Rosamunde Pilcher Filmen ist ja
wirklich grandios!“[/*]
„Hätte ich nie gedacht, wie toll Florian Silbereisen den
Traumschiffkapitän gibt!“[/*]
„Ach da ist die Spülmaschine!“[/*]
alles noch zu viel ist, dem empfehle ich den einfachsten Satz jeder
glücklichen Beziehung:
„Schatz, wie war dein Tag?“[/*]
Belohnen können wir Männer uns ja immer noch mit Pornhub. Wer es
nicht kennt: das ist eine Website mit dialogarmen Filmchen, dargeboten
von Astralkörpern in chronischer Textilarmut. Und genau dieses nicht
Grimmepreis-verdächtige Konvolut der Leibesübungen hat jetzt seinen
Premiumkanal freigeschaltet. Ich wusste das selber nicht. Ein Freund
hat es mir erzählt. Wer`s braucht, kann ja dort immer noch seine
„handwerklichen“ Talente austoben. Langsam dämmert es mir, wofür
das ganze Klopapier in Wirklichkeit gebraucht wird. Aber unter uns:
das muss nicht sein. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: wer sich um
seine Partnerin ein wenig „kümmert“, kriegt häufig mehr zurück
als ihm lieb ist.
In dem Sinne: passen sie auf sich auf und bleiben Sie nett
zueinander.
Es geht auch anders - Gedanken aus der Quarantäne, Teil IV
Gestern wurde ich im Supermarkt angesprochen: „Ach Herr Brüske,
ihre Kolumne ist ja soo erfrischend. Toll, dass sie immer gute Laune
haben!“ Häää!? Ja, ich bin eine rheinische Frohnatur, aber in der
letzten Zeit war ich manchmal so sauer, dass ich mir den ganzen
Alkohol, den ich die letzten Wochen in die Hände verrieben habe,
hinter die Binde kippen wollte. So viele von uns reißen sich zurzeit
das Körperteil unterhalb des Steißbeines auf, um anderen zu helfen
und keinen zurück zu lassen.
Aber dann hörst du plötzlich, dass Adidas für seine Geschäfte
keine Miete mehr bezahlen möchte. Ein Unternehmen, dessen
Jahresgewinn (nicht Umsatz) allein letztes Jahr größer war als das
Bruttoinlandsprodukt von Haiti! Mittlerweile hat sich Adidas
entschuldigt und will doch Miete bezahlen. Aber man konnte es ja mal
versuchen. Fast schade: ich hatte mich schon darauf gefreut, wenn die
Geschäfte wieder auf haben, mir dort die teuersten Sneakers
auszusuchen, zur Kasse zu gehen, um dann zu sagen: „Sorry, ich bin
Kabarettist, bei mir läuft es gerade nicht so prickelnd. Schicken se
die Rechnung bitte an Frau Merkel!“
Und Adidas ist kein Einzelfall. Va Piano, die Titanic unter den
Restaurantketten, meldet wenige Stunden nach Ausrufen der
Kontaktsperre Insolvenz an. Und die Warenhauskette Kaufhof/Karstadt,
deren Marketingabteilung scheinbar noch von Fred Feuerstein geleitet
wird, gibt auch auf. Und hören Sie mir auf mit Amazon! So lange die
so gut wie keine Steuern bezahlen, ist das für mich tabu. Macht nur
so weiter! Wenn der ganze Spuk vorbei ist, kaufe ich nur noch bei
persönlich geführten Läden ein. Da vertraue ich den Menschen an der
Kasse, weil sie mit uns durch dick UND dünn gegangen sind.
„In der Krise beweist sich der Charakter“, hat Helmut Schmidt
einmal gesagt. Würde unser Altkanzler noch leben, hätte er dem Virus
wahrscheinlich allein mit dem Qualm seiner Menthol Zigaretten den
Garaus gemacht.
Seine politischen Nachfolger erhalten zurzeit viel Zustimmung. Und ja,
es wird viel getan. Gut, es entbehrt nicht einer gewissen Komik, wenn
unser Vizekanzler Olaf Scholz mit pastoraler Fistelstimme sagt, dass
er die Bazooka rausholt. Und der unermüdliche Peter Altmaier, bei dem
du dich immer gewundert hast, dass sich Politiker von Diäten
ernähren, hat jetzt seine Wohnung in Berlin gekündigt und schläft
bei Anne Will im TV-Studio. Die Politik unternimmt alles, was in ihrer
Macht steht. Manchmal weiß ich gar nicht mehr, ob ich abends zum
lieben Gott beten soll oder zu Markus Söder.
Nur bei unserem Gesundheitsminister tue ich mich etwas schwer.
Diesem selbstbewussten Münsterländer, der das Virus gerne in
„Spahnsche Grippe“ umbenennen würde. Wissen Sie: noch letztes
Jahr habe ich mich mit vielen anderen für den Erhalt der Kinderklinik
Sankt Augustin eingesetzt. Wir haben dafür gekämpft, dass unser
Gesundheitssystem nicht zur Ware verkommen darf. Die gleichen Experten
aber, die noch letztes Jahr die Halbierung unserer Krankenhäuser
angeregt haben, fordern jetzt von uns massive Einschränkungen im
Alltag, damit unser Gesundheitssystem nicht kollabiert. Ein System,
das sie vorher klein gespart haben.
Corona, weltweite Krise, das konnte ja keiner vorher wissen? Doch!
Im Jahr 2013 veröffentlichte das Robert Koch Institut einen
Pandemieplan, der fast hellseherisch die jetzige Situation beschrieb
und irgendwo in den Behörden versandete. Das wäre so, als ob du
sechs Richtige im Lotto hast, aber den Gewinn nicht abholst. Alle
Warnungen zu Beginn des Jahres, egal ob von Verbänden oder
Herstellern, dass wir nicht ausreichend Schutzausrüstung hätten,
wurden in den Wind geschlagen.
Wir haben in Deutschland eine Notreserve an Gold, Rohöl und
Konsens, äh Kondensmilch. Atemmasken, das haben wir gelernt, fallen
nicht darunter. Spätestens nachdem der Hauptproduzent China Anfang
Februar den Export stoppte, war der Markt überhitzt und manche nehmen
mittlerweile für eine Schutzmaske locker das 30fache des üblichen
Preises. Es könnte einem übel werden. Der nächste, der zu mir sagt:
„Das regelt alles der Markt“, den verurteile ich zu Einzelhaft und
15 Jahre Michael Wendler hören! (war das zu hart? „Egal“!)
Aber vielleicht können wir das alles ja bei der nächsten Pandemie
besser machen.
Der Dalai Lama hat mal den schönen Satz gesagt: „In der Wut
verliert der Mensch seine Intelligenz“. Deshalb trinke ich jetzt
meine letzte Flasche Desinfektionsmittel auf Ex und halte die Füße
still. Aber wenn der ganze Mist vorbei ist, dann sollten wir mal alles
in Ruhe aufarbeiten. Und dann, liebe neoliberalen Sparfüchse, und das
sage ich als Sohn eines Handwerkers, dann fliegen die Spähne!
In dem Sinne: passen Sie auf sich und behalten Sie einen kühlen
Kopf.
„Frohe Ostern!“ - Gedanken aus der Quarantäne, Teil III
„Eine Pandemie kennt keine Feiertage“, hat unsere Kanzlerin vor
kurzem gesagt. Ein weiterer Beleg dafür, was für ein Vollpfosten das
Virus ist. Denn gerade das Osterfest ist etwas ganz besonderes. Jetzt
sollte man heutzutage nicht mehr voraussetzen, dass jeder weiß, warum
wir dieses Fest eigentlich feiern. Ein Realschüler der neunten Klasse
wurde mal im Religionsunterricht gefragt: „Was geschah Ostern?“
Was war seine Antwort: „Äh, Jesus ist aufgekreuzt.“ Gott, lass
Hirn regnen! Andere denken: Ostern ist der Tag, an dem ein Hase
gezüchtet wurde, der Eier legen kann. Und viele junge Menschen
erkennen die Ostertage doch nur noch daran, dass bei Pro 7 alle Folgen
von „Stirb langsam“ laufen.
Hey Bros, das ist Käse! Ostern ist etwas Wunderbares. Im
christlichen Glauben beschreibt es die Idee, dass unser Leben nach dem
Tod weitergeht. Und zwar so, dass wir für unseren Netflix-Account gar
nichts mehr bezahlen müssen. Das soll uns Kraft und Zuversicht
spenden. Diese Hoffnung gibt es übrigens auch in anderen Religionen.
Im Islam stellt man sich das Paradies so vor, dass nach dem Tod 72
Jungfrauen auf dich warten. Ok, es gibt Wissenschaftler, die meinen,
dass an der Stelle der Koran falsch übersetzt wurde und nicht 72
Jungfrauen gemeint sind, sondern eine 72 jährige, die noch Jungfrau
ist. Im Hinduismus geht man davon aus, dass unsere Seele und unser
Geist ewig existieren. In einem früheren Leben waren wir vielleicht
ein Kieselstein am Rheinufer und im nächsten sind wir der Schlüpper
von Helene Fischer. Und wenn Sie denken, sieben Leben sind genug, dann
reden Sie mit Ihrer Katze. Durch den Lagerkoller wird sie Ihnen sogar
antworten.
Vor uns liegt aber jetzt auch eine besondere Herausforderung: wir
hätten Ferien gehabt, das Wetter ist grandios, aber wir dürfen nicht
raus. Vor ein paar Monaten haben wir noch den Pflichtbesuch bei der
buckligen Verwandtschaft verflucht. Jetzt würden wir nichts lieber
tun als mit der Schwiegermutter in der Eifel die dritten Zähne
auszutauschen! Ich kann Sie nur anflehen: bitte bleiben Sie zu Hause.
Verstopfen Sie nicht die Wanderwege und Promenaden. Beißen Sie bitte
mit mir in diesen besonders sauren Apfel! Sonst haben wir wirklich
eine Wiederauferstehung, und zwar die an Neuinfektionen. Und wenn Sie
es gar nicht mehr aushalten, dann gehen Sie wenigstens dahin, wo
niemand hin will: zur SPD-Geschäftsstelle oder zum Stadion von Bayer
Leverkusen!
Machen Sie sich stattdessen doch eine Liste, was Sie alles tun
werden, wenn der Spuk vorbei ist. Bei mir steht ganz oben: bei lokalen
Einzelhändlern einkaufen, die besonders unter dem Verdienstausfall
leiden mussten. Den nächsten Urlaub nicht online, sondern übers
Reisebüro buchen, damit die wieder halbwegs auf die Beine kommen.
Mein persönlicher Sehnsuchtsort ist zum Beispiel eine Stelle am
Gardasee. Mir blutet das Herz, wenn ich die Bilder aus Italien sehe.
Sobald ich darf, fahre ich dahin und dann gibt es für den Espresso
ein besonders großzügiges Trinkgeld. Ich bin mir sicher, Sie alle
kennen so einen Ort.
Zum Schluss möchte ich Ihnen noch eine private Geschichte
anvertrauen. Ich finde, sie hat viel mit dem Grund zu tun, warum wir
Ostern feiern. Aber entscheiden Sie selbst: Vorletztes Jahr ist mein
Onkel an Krebs gestorben. Für seine Intensivbehandlungen wurden ihm
damals ein paar Atemschutzmasken zur Verfügung gestellt. So richtig
gute mit Filter und so nem Kram. Da er leider nicht mehr alle
brauchte, hat mir meine Tante jetzt eine davon geschenkt. Dass
ausgerechnet mein Onkel über seinen Tod hinaus vielleicht mein Leben
rettet, das hätte ich auch nie für möglich gehalten!
In diesem Sinne: besinnliche Feiertage zu Hause und Frohe
Ostern!
Gedanken aus der Quarantäne, Teil II
Meine Wohnung ist blitzeblank wie nie, aber du kriegst keinen
Besuch. Der Liter Diesel kostet keinen Euro, aber du hast keinen Grund
weit zu fahren. Und irgendwie verliert man völlig das Zeitgefühl.
Ich weiß manchmal gar nicht mehr, was für ein Tag ist. Mein
Highlight unter der Woche ist es mittlerweile, wenn mir der
muskelbepackte Türsteher vorm Aldi zunickt, dass ich rein gehen darf.
Dass ausgerechnet mal ein Discounter zum angesagtesten Club der Stadt
wird, hättest du dir auch nicht träumen lassen.
Und wie sehr vermisse ich die Stunden beim Friseur! Das Virus macht
uns zwar (hoffentlich) nicht zu Zombies, aber bald sehen wir alle so
aus! Jeden Morgen nach der Körperpflege fällt mir auf, wie das Grau
in meinem Haaransatz mehr wird. Furchtbar! Bald sehe ich aus wie eine
dicke Ausgabe von Guido Cantz! Klar könnte ich mir Färbemittel beim
dm holen (wird sowas eigentlich auch gehamstert?) Aber dann sähe ich
aus wie der späte Elvis.
Aber die tägliche Pflege ist wichtig. Man darf sich nicht gehen
lassen. Mein Nachbar erzählte mir beim Balkonplausch, dass seine Frau
keinen BH mehr trägt. Sie dürfe ja eh nicht raus. Jetzt bastelt er
aus ihren Büstenhaltern Atemschutzmasken. Ein BH macht zwei Masken.
Wirkt gut, sagt er, riecht nur etwas muffelig...
Wie heißt es so schön: Not macht erfinderisch! Ein Freund von mir
hat eine Messebaufirma. Alle Frühlingsmessen sind abgesagt worden.
Umsatz von 100 auf 0! Jetzt nutzt er sein Know How, produziert
Spuckwände für Supermärkte und Arztpraxen und sucht händeringend
nach neuen Mitarbeitern. Brauereien brauen jetzt Desinfektionsmittel.
Und das Tollste: bei vielen Marken ändert sich geschmacklich gar
nichts.
Andere kochen Suppe für Hilfsbedürftige oder bringen Brötchen an
die Tür von Isolierten. Denn das ist vielleicht das Großartigste in
diesen verrückten Wochen: wie viele von uns einfach nur helfen
wollen. Wir müssen Abstand halten und fühlen uns dennoch dem anderen
so nah. Aus „Ich“ wird „Du“. Aus Überholspur wird
Rettungsgasse. Es ist ein kleines Wunder!
Darf ich Ihnen etwas gestehen? In meinem stillen Kämmerlein
schreibe ich an einer Liste. Sie heißt: „Dinge, die bleiben
sollten, wenn der ganze Spuk vorbei ist“. Ganz oben steht der
Wunsch, dass die Wertschätzung für Pflegerinnen, Feuerwehrleute,
Kassiererinnen, Brummifahrer, Seelsorger oder Obdachlosenversorger
nicht nur jetzt spürbar ist, sondern sich in unseren Köpfen
zementiert. Menschen, für die Empathie kein Notprogramm ist, sondern
Alltag.
Der schwäbische Lyriker Friedrich Hölderlin, der gerade seinen
250. Geburtstag feiert, hat einmal gesagt: „Wo aber Gefahr ist, da
wächst das Rettende auch“. Hölderlin ist in Tübingen verstorben.
Genau da, wo Dietmar Hopp vielleicht schon bald den Wirkstoff gegen
Covid 19 findet. Wollen wir es hoffen. Sogar die Fußballfans würden
es ihm danken.
In dem Sinne: passen Sie auf sich und andere auf.
Gedanken aus der Quarantäne, Teil I
Und, ist Ihnen langweilig? Der erste Schock über pulverisierte
Einnahmen ist dem Umstand gewichen, dass wir mit Partner und Kindern
den lieben langen Tag zu Hause bleiben dürfen. Und während Frauen
vereinzelt schon von Scheidung und Männer von Sterilisation träumen,
fällt den meisten von uns so langsam die Decke auf den Kopf! Und
jetzt, wo es ein Kontaktverbot ab zwei Personen gibt und selbst unsere
Kanzlerin in Quarantäne muss, weil ihr Arzt (!) positiv getestet
wurde, kannst du da überhaupt noch guten Gewissens an die frische
Luft? Und die, die im Moment neben sich stehen, dürfen die zum
Spaziergang überhaupt noch einen mitnehmen? Fragen über
Fragen...
Aber mal unter uns: es gibt doch keinen Grund zur Langeweile. Auch
in den eigenen vier Wänden: Die Fernsehgucker schauen Fernsehen. Das
Special „Pocher versus Wendler“ liegt hinter uns und das Programm
kann doch eigentlich nur besser werden. Die Labertaschen (und viele
von uns sind von Natur aus Labertaschen!) telefonieren, skypen oder
schreiben sich. Und glauben Sie mir: es gibt zurzeit keinen auch noch
so entfernten Verwandten oder Freund, der sich nicht über eine
Kontaktaufnahme freut! Die Hilfsbereiten (und das sind mehr als wir
denken) bieten sich bei den diversen Initiativen an. Die Sportlichen,
denen die Schließung ihres Fitnessstudios zusetzt, melden sich bei
den hiesigen Landwirten, ob sie beim Säen und Ernten einspringen
dürfen. Und haltet euch fest: dieses neuartige Workout aus
Spargel-Stretching und Erdbeerbeugen wird sogar bezahlt!
Die Spirituellen, die gerade jetzt in die Gottesdienste gehen
würden, lesen mal wieder in der Bibel. Und wer hindert uns daran,
beim Onlineshop unseres hiesigen Buchhändlers Literatur anderer
Religionen zu bestellen? Vielleicht stellen wir fest, dass unsere
Götter gar nicht so verschieden sind…
Und was machen die Vermieter, Pächter und Großgrundbesitzer? Hier
eine Idee, falls euch beim Geld zählen langweilig wird: denkt doch
mal darüber nach, ob ihr die Mieten für z.B. Einzelhändler,
Gastronomen oder Freiberufler für eine Zeit reduzieren könnt. Das
ist kein Aufruf zur sozialistischen Weltherrschaft, sondern euer
Beitrag Flagge zu zeigen.
Ach ja: und dann gibt es noch einen Typus, dem garantiert nie
langweilig wird: der Klopapierhamster. Der setzt sich schon morgens um
4 Uhr ins Auto, fährt zum Supermarktparkplatz und wartet auf die
nächste Lieferung. Wie ein Schauspieler auf der Suche nach der
nächsten Rolle geht es ihm nur ums eins: die Vervollständigung
seiner Sammlung! Ich konnte mir dieses Verhalten lange nicht
erklären. Meine einzige Theorie ist mittlerweile: wer im Grunde
seines Herzens ein Arschloch ist, muss eben dieses als erstes
versorgen. Stellt euch doch mal vor: eine Krankenschwester, die nach
einer 12 Stunden Schicht (wenn nicht sogar mehr) noch ein paar
Einkäufe machen muss, steht wegen euch vor leeren Regalen. Wollt ihr
das? Also bitte: hört auf damit oder nehmt einen Waschlappen, ihr
Waschlappen!
Dem Rest wünsche ich alles Gute und passt auf euch auf!
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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