Wie beheize ich eine Burg?
Nachhaltige Technik auf Burg Herrnstein

Die Ansteuerung der einzelnen Räume erfolgt zentral, könnte aber auch aus der Ferne via Smartphone, Tablet oder PC erfolgen. | Foto: Steimel
  • Die Ansteuerung der einzelnen Räume erfolgt zentral, könnte aber auch aus der Ferne via Smartphone, Tablet oder PC erfolgen.
  • Foto: Steimel

Region. Quer durch die Republik erwärmt das Thema Heizung nicht nur Zimmer und Gebäude, auch die Gemüter der Menschen sind auf hoher Betriebstemperatur. So hat sich das Extra-Blatt einmal umgehört, wie Bürger dieses Thema individuell lösen. Ganz bestimmt kein Musterfall, der auf die meisten Häuser zutrifft, dennoch inspiriert diese Lösung zum Nachdenken, auch für Einfamilienhausbesitzer.

Ein Besuch bei Graf Max von Nesselrode auf Burg Herrnstein sollte Licht in die Holzheiztechnik mittels Holzhackschnitzeln bringen. Natürlich ist die Burg energetisch gesehen „ein Desaster“. Enorm dickes Mauerwerk lässt sich so ohne Weiteres nicht dämmen und von Fußbodenheizung kann keine Rede sein. Lediglich die einfach verglasten Fenster lassen Optimierung zu.

Es musste also um die Frage eines effizienten und ökologisch sinnvollen Heizsystems gehen. Damit sollte der Abschied von der bisherigen Ölheizung eingeläutet werden, welche zur Versorgung der gesamten Anlage einen Bedarf von etwa 40.000 Litern Heizöl pro Jahr hatte.

Um eine passende Lösung zu finden, habe man - ausgehend vom IST-Zustand - sämtliche möglichen Heiztechniken durchdacht und „alles auf links gedreht“, so der Graf wörtlich.

Öl und Gas waren unmittelbar außen vor, ebenso Pellets, da diese bereits viel Energie zur Herstellung benötigen und in den Lagerräumen Gase freisetzen können. Auch kaskadierende Wärmepumpen waren außen vor, da diese über Radiatoren, welche hohe Vorlauftemperaturen benötigen, nicht effizient arbeiten und die Burg sich nicht auf Fußbodenheizung, also Niedertemperaturverfahren, umstellen lasse. So kristallisierte sich zunehmend eine Lösung heraus, die organisch mit dem Geschäftsbetrieb der gräflichen Betriebe zu verbinden war. Nämlich eine Holzhackschnitzelheizanlage, deren benötigter Rohstoff „Käfer-, Industrie- und Kronenholz“ weitläufig um die Burg aus nachhaltiger Forstwirtschaft nachwächst.

Dieser nachwachsende Rohstoff ist CO 2-neutral, denn Holz bindet - wenn konsequent nur soviel geerntet wird, wie nachwächst - genauso viel CO2 wie es bei der Verbrennung freisetzt.

Baulich wurde gegenüber der Burg jetzt ein Heizgebäude mit zwei unmittelbar angrenzenden Hackschnitzel-Lagern gebaut. Ihr Inhalt deckt den rechnerischen Bedarf eines halben Jahres. Geschätzt 200 Festmeter insgesamt werden zur jährlichen Bedarfsabdeckung des Ensembles „Herrnstein“ benötigt.

Diese Holzmenge wird mit kurzen Transportwegen in den umliegenden gräflichen Wäldern erzeugt, gepoltert (d.h. im Wald gestapelt) und bis zu eineinhalb Jahre getrocknet. Danach wird das Holz auf dem Lagerplatz bei Herrnstein von einem Dienstleister zu Hackschnitzeln verarbeitet und trocknet dort unter einem atmungsaktiven Fleece weiter, bis dann die Befüllung der Bunker ansteht.

Die Heizungsanlage selbst besteht aus zwei separaten Kesseln, die einzeln im Wechsel (Sommer) oder parallel als Tandem (Winter) betrieben werden können. Die Zuführung des Hackgutes erfolgt vollmechanisiert über ein Schneckensystem. Aus der Heizungsanlage werden mehrere Heizkreise separat bedient.

Die Vorburg Herrnstein wurde denkmalrechtlich saniert, hier konnte sogar der sanierte Wohnraum auf Niedertemperatur umgestellt und mit Fußbodenheizungen versehen werden. Hohe Sicherheitstechnik ist Standard, mechanische Klappen verhindern eine Ausbreitung des Feuers aus dem Brennraum in die Hackschnitzelzuführung.

Der Ascheanteil bewegt sich bei guter Hackschnitzelqualität zwischen einem und zweieinhalb Prozent und wird dreiteilig gefiltert: Als grobe Verbrennungsasche in Großmüllbehälter, als etwas feinere Flugasche sowie über ein elektrostatisches Verfahren als Feinstaub, der einen unwesentlichen Anteil darstellt. Die Anlage setzt ökologisch wie technisch neue Standards. „Jetzt halte ich es besser aus, wenn die Kinder die Heizung im Bad immer wieder auf 5 drehen“, verrät der Graf mit einem Augenzwinkern.

Freie/r Redaktionsmitarbeiter/in:

Wolfgang Steimel aus Ruppichteroth

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