Reaktion aus Erfahrungen
Neue Strömungsretter-Gruppe im Siebengebirge
„Extreme Wetterlagen haben sich in den letzten Jahren verändert. Wir erleben sie länger und heftiger“, sagt Michael Behrens, stellvertretender Einsatzleiter der DLRG-Ortsgruppe Königswinter. „Nach den Erfahrungen aus der Hochwasserkatastrophe vom Juli 2021 müssen wir als Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft in besonderer Weise darauf reagieren“.
Die Starkregenereignisse haben gezeigt, wie groß der Bedarf an einer effektiven, gut ausgebildeten Einsatzeinheit für schnell fließende Gewässer ist. Denn bei Unwetter kann aus einem ruhigen Bach oder Fluss plötzlich ein reißendes Gewässer werden, in dem der übliche Einsatz mit Motorrettungsboot nicht mehr möglich ist. So entschied sich die DLRG Königswinter Ende 2021, eine Strömungsretter-Gruppe aufzubauen. Bisher lag der Schwerpunkt der DLRG vor allem auf Ausbildung, Schwimmkursen und Sportangeboten. Beim Sturzflutereignis in Rheinbach brauchten die Einsatzkräfte des Bezirks - in Eitorf, Troisdorf und Siegburg gibt es schon seit einiger Zeit Strömungsretter - jede helfende Hand und so halfen die Rettungsschwimmer aus Königswinter, wo sie konnten. An Ahr und Erft waren Helfer der DLRG Bad Honnef/Unkel im Einsatz, denn diese hatten sich bereits 2020 entschlossen, ein Boot anzuschaffen und Strömungsretter auszubilden, um neue Mitglieder zu gewinnen. „Jugendliche wollen Action“, so Einsatzleiter Klaus-Peter Baum. Daher konnten die ersten Honnefer Strömungsretter bereits beim Evakuieren und Suchen nach Vermissten helfen.
Schon seit einigen Jahren gibt es nach amerikanischem Vorbild in Deutschland DLRG-Strömungsretter, die auf die Rettung in stark strömenden Gewässern und Hochwasser spezialisiert sind. Mit einer speziellen
Schutzausrüstung vor den besonderen Gefahren in Flüssen und Überschwemmungsgebieten geschützt, werden sie unter anderem im Rahmen von Einsätzen der schnellen Einsatzgruppen, zur allgemeinen Gefahrenabwehr, im Katastrophenschutz oder in Kombination mit der Luftrettung zur Rettung und Suche von Menschen in Not aus schnell fließenden Gewässern eingesetzt. Auch bei der Evakuierung und Rettung aus schlecht zugänglichen Überschwemmungsgebieten, etwa in Zusammenarbeit mit Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW), sind sie gefragt. Zudem können Strömungsretter Helfer der technischen Einheiten etwa bei Deich- und Dammsicherungsmaßnahmen absichern oder retten, Bootseinsätze unterstützen, bei technischer Hilfeleistung andere Organisationen an oder im Wasser unterstützen und Sportveranstaltungen wie Kajakwettkämpfe, Übungen oder Wettkämpfe von Bundeswehr, THW oder Vereinen absichern. Bei Hochwasser übernehmen die Strömungsretter die Primärrettung mit seiltechnischen Hilfsmitteln etwa aus Häuserzeilen oder von Dächern, arbeiten an Dämmen und Deichen als Schnittstelle zu Tauchern, beispielsweise beim Legen von Sandsäcken und Folien, sichern die Helfer und Einsatzkräfte an der Einsatzstelle bei Deichsicherung ab und führen Evakuierungen mit dem Raft/Hochwasserboot durch.
Zurzeit baut die Ortsgruppe Bad Honnef/Unkel die Einsatzgruppe mit Wasserrettern, Strömungsrettern und Bootsführern aus, so Einsatzleiter Klaus-Peter Baum. Inzwischen verfügt die Ortsgruppe über sechs Strömungsretter, vier befinden sich in Ausbildung, drei von ihnen auch als Bootsführer. In Königswinter haben sich bisher 15 Strömungsretter qualifiziert. Beide Ortsgruppen brauchen jedoch noch viele motivierte Ehrenamtler. Interessierte, die mindestens 16 Jahre alt und körperlich fit sind, können sich unter sr@koenigswinter.dlrg.de oder (für Bad Honnef/Unkel) klausba-dlrg@yahoo.de melden.
Die Königswinterer Strömungsretter treffen sich wöchentlich, um sich in der Garage der Rettungswache an der Bahnhofsstraße einzurichten und Equipment zu organisieren. Der Vereinsbus wird umgebaut und mit Blaulicht versehen und zudem wird viel in Freigewässern wie der Sieg oder mit Booten im Rhein trainiert. „Wenn es nochmal zu so einer Katastrophe kommt, wollen wir gut vorbereitet sein“, sagt Behrens. „Ein großes Problem ist die Finanzierung der Einsatzgruppe“, gibt er zu bedenken. Zur persönlichen Ausrüstung der Strömungsretter gehören ein Neoprenanzug (Kälte- und Verletzungsschutz), eine Wildwasserweste mit Panikverschluss, eine Schutzweste zum Schutz vor Treibgut, ein Helm mit Strömungsschlitzen, ein Kappmesser, Neoprenhandschuhe, Neoprenstiefel mit fester Sohle und eine Wurfleine. Rund 800 Euro kostet eine komplette Ausrüstung. Das können die jungen Leute nicht alleine stemmen. Die DLRG finanziert sich nur durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Deshalb wird intensiv nach Sponsoren und privaten Spendern gesucht. Die Ortsgruppe Bad Honnef/Unkel sucht zudem ein geeignetes Gebäude oder Grundstück zur sicheren Unterbringung von Einsatzfahrzeug, Rettungsboot und Rettungsmaterial. Derzeit lagern Geräte und Material an verschiedenen Standorten, wodurch bei Rettungseinsätzen wertvolle Zeit verloren geht. Auch ein neues Einsatzfahrzeug zum Transport des Rettungsbootes wird dringend benötigt.
Wer die Strömungsretter finanziell unterstützen möchte, kann sich unter www.koenigswinter.dlrg.de und www.bad-honnef-unkel.dlrg.de ausführlich informieren.
Freie/r Redaktionsmitarbeiter/in:Christa Gast aus Königswinter |
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