Jugendstil - neu inszeniert
Ruth Fabritius: Epoche mit einer Fülle an Ideen

Neu inszeniert und in einer eigenen Abteilung zusammengeführt sind die gläsernen Objekte des Jugendstils im Glasmuseum Rheinbach, wie Museumsleiterin Ruth Fabritius zeigt. | Foto: Gerda Saxler-Schmidt
  • Neu inszeniert und in einer eigenen Abteilung zusammengeführt sind die gläsernen Objekte des Jugendstils im Glasmuseum Rheinbach, wie Museumsleiterin Ruth Fabritius zeigt.
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Rheinbach - (art) Nach der Neuordnung der Präsentationen der gläsernen Objekte
des Barock, Biedermeier und Historismus, ist in der Chronologie nun
auch die Ausstellung der Objekte des Jugendstils neu inszeniert und in
einer eigenen Abteilung zusammengeführt worden. Rund 120
Glaskunst-Objekte des Jugendstils von böhmischen Produzenten sind in
neuen Vitrinen neu in Szene gesetzt. Ruth Fabritius, seit 1990
Leiterin des Rheinbacher Glasmuseums, ist voller Bewunderung für die
Glaskünstler dieser Epoche: „Diese Fülle an Ideen und Innovationen
machen sie für mich besonders interessant. Auch deshalb, weil mit dem
Jugendstil ein großer Schritt in Richtung Moderne und Studioglas
gemacht wurde.“ In der Glaskunst des Jugendstils um 1900 habe der
Gebrauchswert eines Objekts nicht im Vordergrund gestanden, sondern
sei in den Hintergrund gerückt. Denn: „Die Objekte sollten im
Jugendstil wirken in ihrer Individualität, als dekorative
Einzelstücke mit eigenem künstlerischen Anspruch.“ Entsprechend
sind die Objekte mit großem Aufwand entstanden. Wie die Vasen der
westböhmischen Glashütte Loetz Witwe. „Mit ihren schimmernden
Oberflächen stehen sie wie keine andere für den böhmischen
Jugendstil“, erläutert Fabritius. Die beiden formidentischen Vasen,
eine davon mit Metallauflagen, seien unter anderem mit sehr
aufwendigen Fadenauflagen gefertigt, verzogen, immer wieder aufgeheizt
und im letzten Arbeitsgang mit Lüster bedampft worden. Sehr beliebtes
Sammelgebiet des Jugendstils seien auch formstrengere Gläser, die
einen Schwerpunkt der neuen Präsentation bilden. Ebenso wie
Fachschularbeiten aus Steinschönau und Haida. So sind Arbeiten von
Adolf Beckert zu sehen, handgemalt oder graviert.

Typisch für die Zwanziger Jahre sind Art Déco Objekte mit Dekors in
geometrischer Strenge. Weil viele Lehrer der nordböhmischen
Glasfachschulen in Haida und Steinschönau ihre künstlerische
Ausbildung bis etwa 1918 in Wien erhalten hatten, hatten Wiener
Künstler starken Einfluss auf die Ausbildung an den nordböhmischen
Glasfachschulen. In den Dreißiger Jahren ging auch in der Glaskunst
die Tendenz zu „Neuer Sachlichkeit“. „Ideologisch ist diese Zeit
schwierig, weil die Ästhetik der Nazis mit ihren heroischen Menschen
hinzu kam“, so Fabritius. „Aber technisch sind die Objekte einfach
virtuos“, wie sie an drei blauen Überfanggläsern zeigt. Eines
davon zeigt eine Aktdarstellung im sogenannten Lipophanie, eine
abschattierende Technik der Gravur, bei der durch die unterschiedliche
Dicke der blauen Schicht eine Modellierung des dargestellten Körpers
entsteht.

Gleich neben dieser Vitrine steht der Schattenriss eines Mannes:
Alfred Dorn, ehemals Direktor der Glasfachschule Steinschönau und
Gründungsdirektor der Glasfachschule Rheinbach. „Er steht für die
Nahtstelle Böhmen und Rheinbach“, sagt Fabritius. An dieser
Hörstation werde erfahrbar wie stark die Kulturgeschichte von der
politischen Geschichte bestimmt sei.

Das Glasmuseum im Himmeroder Hof ist zurzeit unter den gültigen
Auflagen geöffnet. Aktuelle Informationen dazu auf der Internetseite
www.glasmuseum-rheinbach.de

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