Protest gegen Großbauprojekt
BUND will Notbremse ziehen
Verantwortungslos und skandalös: Helmut Röscheisen vom BUND Köln kritisiert das Bau-Projekt Rondorf-Nordwest. Hier sollen – unter anderem – 1300 Wohneinheiten entstehen auf Flächen, die bisher landwirtschaftlich genutzt werden. In Hinsicht auf das Klima sei das eine Katastrophe.
von Stephanie Broch
Rondorf. 68 Hektar klimaaktive Fläche sollen bei dem Bauprojekt versiegelt werden. „Das hat erhebliche negative Auswirkungen auf das Klima und die Biodiversität. Wir können angesichts der sich anbahnenden Klimakatastrophe nicht weiter immer neue Flächen versiegeln“, kritisiert Röscheisen. Ganz schlimm sei, ergänzt er, dass hier Einfamilienhäuser gebaut werden sollen. „Einfamilienhäuser verbrauchen besonders viel Fläche. Das geht in der Stadt nicht mehr“, sagt er.
Um den benötigten Wohnraum zu schaffen, gäbe es Alternativen. „Man muss die Innenverdichtung vorantreiben, höher bauen, Parkplätze überbauen, ehemalige Industrieflächen nutzen. Man kann Bestandswohnungen umbauen und Wohnungstausch fördern. Viele ältere Menschen würden gerne von ihrer großen in eine kleine Wohnung ziehen, wenn diese erschwinglich und in der Nähe ist“, so Röscheisen. Die Stadt halte bei Rondorf-Nordwest an alten Planungen von 2015 fest, bei denen man klimarelevante Aspekte nicht ausreichend berücksichtigt habe. „2019 hat Köln den Klimanotstand ausgerufen. Da kann man nicht so weitermachen wie bisher“, betont Röscheisen.
Der Bau von Einfamilienhäusern in der Stadt geht einfach nicht mehr.
Meteorologin Maria von Schönermark vom BUND Köln weist auf die Gefahr hin, die die Schaffung eines so großen Wohnquartiers auf dem freien Feld in Rondorf für das Stadtklima bedeutet. „Gerade in den warmen Sommernächten entstehen vor allem in der Innenstadt Ozon und Stickstoffdioxide, die die Gesundheit belasten. Wird hier in diesem Umfang gebaut, entsteht ein weiterer warmer Ort und die Winde, die die Stadt kühlen und die Schadstoffe verteilen, werden abgebremst“, sagt sie. Das Klimagutachten der Stadt zum Projekt zweifelt sie an. Die Windströmung sei ungenügend berücksichtigt, die Abkühlungsrate der Luft zu hoch angesetzt. Der BUND Köln fordert ein neues Gutachten. Bis dahin, so Röscheisen, müssten die Planungen für das Projekt gestoppt werden. „Wir wollen hier die Notbremse ziehen“, betont er.
Die Planungen für das Projekt Rondorf-Nordwest, das die Kölner Projektentwicklungsgesellschaft Amelis als Investor realisiert, sind seit Jahren im Gange und weit fortgeschritten. „Erst in diesem Sommer konnten wir mit Offenlage der Pläne das Klimagutachten einsehen“, erläutert Röscheisen, warum sich der BUND erst jetzt mit seinem Protest meldet.
Dagegen erklärt die Stadt, dass ohne die bauliche Inanspruchnahme auch von Freiraum der Bedarf an neuen und zusätzlichen Wohnungen in Köln nicht gedeckt werden kann. Ausreichend bereits versiegelte Flächen, die zur Aufnahme der erforderlichen zusätzlichen Wohneinheiten geeignet wären, stünden in Köln nicht zur Verfügung.
Und sie verweist auf die Ausgleichsflächen, die angrenzend an das Neubaugebiet angelegt werden und für Biodiversität sorgen sollen.
„Vom Grundsatz stimme ich allen genannten BUND-Prinzipien zu, sage aber ein klares Nein dazu, das Bauvorhaben abzublasen“, sagt Bezirksbürgermeister Manfred Giesen, Bündnis 90/Die Grünen. Man könne noch einmal prüfen, ob mehr Geschosswohnungsbau und weniger Einfamilienhäuser möglich seien, so Giesen. „Durch das neue Quartier bekommt Rondorf eine Entflechtungsstraße, die den Ortskern entlastet und eine Stadtbahnanbindung bis Meschenich. Die wollen wir haben“, betont Giesen.
Man brauche die Bauwende, ist Röscheisen dagegen überzeugt. „Hier muss es ein Umdenken geben“, sagt er.
Redakteur/in:EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln |
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