Viel Grün, viel Platz und beeindruckende Architektur
Führung durch englische Siedlung
Raderthal - (sb). „Es gab Kasernen, aber da wollten die Engländer nicht
rein. Sie wollten, dass alles neu gebaut wurde“, schilderte Angelika
Lehndorff-Felsko. Die Kunsthistorikerin führte im Auftrag der
Bürgervereinigung Rodenkirchen durch den Heidekaul, die englische
Siedlung und den Volkspark in Raderthal. 30 Menschen waren dabei, das
Maximum, das die Bürgervereinigung angesetzt hatte.
„Die Veranstaltung war sehr schnell ausgebucht“, berichtete
Beatrix Polgar-Stüwe von der Bürgervereinigung. Die Teilnehmer
erfuhren viele spannende Details über die Siedlung, die Architektur,
den Park und den Zeitgeist von Lehndorff-Felsko und machten zahlreiche
interessante Entdeckungen. Die Führung startete auf der Bonner
Straße schräg gegenüber vom Heidekaul, vor dem langegezogenen,
weißen Gebäude mit hellroten Fensterumrahmungen „Diese Hauszeile
wurde unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg gebaut für die englischen
Besatzungssoldaten“, erläuterte Lehndorff-Felsko. Der Riegel ist
der letzte Rest von zahlreichen Bauten dieser Art an der Bonner
Straße.
Die Führung ging über den vergessenen Friedhof von Bayenthal, der
nur 40 Jahre - von 1876 bis 1914 - in Betrieb war. Das denkmalschütze
Hochkreuz mit Originalsockel ist noch erhalten. Die sich
anschließende englische Siedlung wurde in den Jahren 1949 bis 1952
errichtet. „Jetzt kamen Architekten zum Zuge, die im Faschismus
nicht arbeiten durften wie Wilhelm Riphahn, Fritz Schaller und Hans
Schilling“, schilderte Lehndorff-Felsko. Es entstand eine
Gartenstadt nach englischem Vorbild mit geschwungenen Straßen,
großen, freistehenden Ein- bis Zweifamilienhäusern für die
Offiziere mit weitläufigen Gärten, einer Schule, einem
Naturschwimmbad und einem Laden mit englischen Lebensmitteln. Die
Schule wird heute von der Bundeswehr genutzt, Shop und Schwimmbad gibt
es nicht mehr. „Es wurde gebaut im Stil der Moderne: Klare, einfache
Linie, Flachdach und Funktionalität machen die Bauten aus“, so die
Kunsthistorikerin. Sehr viel Grün und hohe, alte Bäume finden sich
in der Siedlung, die im südöstlichen Gebiet des Stadtteils Raderthal
am äußeren Grüngürtel liegt. Das resultiert auch daraus, dass sie
in den Volkspark hinein gebaut wurde, der um 1923 von dem berühmten
Gartenarchitekten Fritz Encke angelegt wurde. Der Park – heute nach
seinem Erbauer benannt – bot und bietet den Kölnern viele
Möglichkeiten für Entspannung und Erlebnisse im Freien:
Laubengärten, Staudengärten, Sitznischen, einen Brunnentempel,
Spielflächen, ein Freilichttheater, das heute nicht mehr existiert,
den Plantanensaal – ursprünglich als Lesesaal im Freien gedacht -
und einen Reigenplatz.
Die Teilnehmer der Führung zeigten sich beeindruckt von den zum Teil
im Verborgenen gelegenen Anlagen. Im Heidekaul wies Lehnsdorff-Felsko
auf die Besonderheiten der vier Wohnriegel und des siebenstöckigen
Hochhauses hin. „Auch hier ist vieles neu: das Mauerwerk, die um die
Ecke laufenden Balkone, die Mosaiken, die Treppenhäuser. Es ist auch
hier funktionales Bauen, mit einer großen Leichtigkeit“,
erläuterte sie. Völlig neu war damals das Hochhaus, gebaut von
Riphahn. „Es ist sehr sorgfältig verarbeitet im Einzelnen. Riphahn
war ein Meister der Gliederung. Die Bauweise wurde begeistert
aufgenommen und später oft kopiert“, so die Kunsthistorikerin. Seit
1995 steht die Siedlung als Ganzes unter Denkmalschutz. 2005 gingen
die Gebäude an die Bundesregierung. Die meisten der Ein-
beziehungsweise Zweifamilienhäuser sind heute in Privatbesitz, im
Heidekaul leben viele Bundeswehrangehörige.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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