Ratten, Spritzen und Sex auf Spielplatz
Grundschüler bitten Lokalpolitiker um Hilfe
Meschenich - (sb) Kölner Kindern schildern: „Überall gibt es Ratten und
Rattenlöcher. Auch direkt neben den Sandgruben. Tote Ratten und Müll
liegen auf den Spielplätzen und werden nicht weggeräumt. Die
Holzpfähle an den Sandgruben sind alt und kaputt. Außerdem stecken
alte, rostige Nägel in einigen Pfählen. Auf den Grünflächen liegen
viele Hundehaufen und Mäuse- oder Rattenkacke. Die Tischtennisplatten
sind alt und kaputt. Unter der Platte liegt schon sehr lange eine tote
Ratte. An den Treppen zur Tiefgarage machen Erwachsene manchmal
Geschlechtsverkehr. Wir Kinder können das dann sehen. Manchmal finden
wir auch Kondome. Das ist ekelhaft.“ Unglaublich, aber wahr. So
beschreiben Kinder ihren Spielplatz und zwar nicht Kinder aus den
Slums von Rio oder Haiti, sondern Schüler der 4d der Grundschule IM
Süden in Meschenich.
Im vergangenen Herbst nahmen sie das Thema „Demokratie“ im
Unterricht durch. Dabei ging es auch um Kinderrechte. „Die Kinder,
die am Kölnberg leben, haben von ihrer Lebenswirklichkeit erzählt.
Ich war entsetzt, als sie ihren Spielplatz beschrieben, aber sie haben
nur gelacht und gesagt:Ja, klar sind da Ratten“, berichtete
Klassenlehrerin Martina Plum. Die Kinder sollten alles aufschreiben,
was sie dort störte. Neben Müll, Drogenspritzen, Hundekacke,
verrosteten Nägeln tauchte auch Sex auf, den Prostituierte mit
Freiern dort haben. „Ich dachte nur: Wo leben wir hier?“,
erzählte Plum. Sie und die Schüler gingen zum Spielplatz und machten
Fotos. „Dann haben wir uns überlegt, dass wir uns an die
Kommunalpolitiker wenden. So wie man das in einer Demokratie macht“,
schilderte die Lehrerin.
Sie schrieben den Bezirksvertretern einen Brief und übten dabei
nebenbei, wie man einen förmlichen Brief schreibt. Sie sandten den
Lokalpolitikern eine Mappe mit den Fotos und ihren Beschreibungen und
baten eindringlich um Hilfe. Auch was sie gerne auf dem Spielplatz
hätten, auf dem es nur einige trostlose, alte Spielgeräte gibt,
schrieben sie auf: ein Drehkarussell, Reifenschaukeln, Rutschen, ein
Klettergerüst, eine Seilbahn, neue Tischtennisplatten und als
Highlight für die Größeren einen Skateplatz zum Inliner- und
BMX-Fahren. „Die Kinder sind noch fröhlich und haben Träume und
Wünsche“, sagte Plum.
Beim Spielplatz handelt es sich nicht um eine städtische Fläche,
zuständig ist die SHV-Hausverwaltung. Geschäftsführer Alexander
Stefanac erklärte, der Platz würde sechs Mal die Woche gereinigt.
„Aber hier wohnen rund 3.800 Menschen und die Mieterstrukturen sind
schwierig. Es gibt immer wieder Mieter, die ihren Müll über die
Balkonbrüstung entsorgen“, berichtete er. Die Hausverwaltung habe
sich schon an die Stadtverwaltung gewandt wegen einer Förderung, um
neue Spielgeräte für anzuschaffen. „Das kostet zwischen 100.000
bis 130.000 Euro“, so Stefanac. Die Bezirksvertreter reagierten auf
den Brief der Grundschüler: Am 14. März wollen sie sich den
Spielplatz zusammen mit der SHV-Hausverwaltung und den Jungen und
Mädchen der 4d und ihrer Lehrerin ansehen. Gemeinsam wollen sie
überlegen, wie die unhaltbaren Zustände verändert werden können.
„Die Kinder haben sich total gefreut, dass sie wahrgenommen
werden“, schilderte Plum. Klar ist, dass etwas geschehen muss, denn
so sollte kein Spielplatz aussehen. Nicht in Rio, nicht in Haiti und
auch nicht am Kölnberg.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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