Echte Teilhabe trotz komplexem Hilfebedarf
„inklusiv wohnen Köln e.V.“ ausgezeichnet
Sürth - (sb). In einem Haus auf dem Sürther Feld leben 32 Menschen in
einer ungewöhnlichen Gemeinschaft zusammen: Menschen mit schwerer
Behinderung, Studenten und andere Bewohner. Das Haus ist ein Projekt
des Vereins „inklusiv leben Köln e.V.“ Die Idee dazu hatten
Christiane Strohecker aus Sürth und Michaela Mucke, Mütter
schwerstbehinderter Töchter. Die beiden wünschten sich für ihre
Kinder, dass diese nicht in einem Heim leben sollten, wenn sie dem
Elternhaus entwachsen, sondern in einer lebendigen Gemeinschaft.
Mit weiteren Mitstreitern gründeten sie 2013 den Verein, fanden ein
Grundstück und in der GAG einen erfahrenen Kooperationspartner, der
Grundstück und Bau des vierstöckigen Hauses finanzierte. Das konnte
im Oktober 2017 bezogen werden und aus der Vision wurde Wirklichkeit.
Im Erdgeschoss befinden sich Appartements im geförderten Wohnungsbau
sowie ein Gemeinschaftsraum, auf der ersten und zweiten Etage leben
jeweils fünf Menschen mit Behinderung und vier Studenten in einer
Wohngemeinschaft und im Obergeschoss sind vier frei finanzierte
Wohnungen vermietet. Die Betreuung der Bewohner mit komplexem
Hilfebedarf organisiert der Verein. Dafür stellte er 25 Mitarbeiter
ein. Die Studenten unterstützen darüber hinaus an einem Tag in der
Woche und einem Wochenende im Monat. Dafür wohnen sie praktisch
mietfrei.
Das innovative Projekt erhielt den ersten Preis der Deutschen
Heilpädagogischen Gesellschaft e.V. (DHG). Gesucht wurden bundesweit
Projekte, in denen Unterstützungsarrangements nahe an den
persönlichen Vorstellungen und gemeinsam mit den betroffenen Menschen
mit Behinderung entwickelt wurden. „Es ist ein herausragendes
Projekt, das echte Teilhabe trotz aller Widrigkeiten möglich macht.
Die Bewohner waren bei der Planung beteiligt und sind es auch in der
Alltagsgestaltung“, erklärte Rudi Sack vom Vorstand der DHG bei der
Preisübergabe im Wohnhaus. „Wir freuen uns riesig, denn wir hatten
sehr gehofft, den Preis zu bekommen, denn er trifft genau unser
Thema“, schilderte Strohecker. Der Alltag verlange allen Bewohnern
einiges ab, beschrieb Heiner Nießen vom Vereinsvorstand. „Wo
beginnt Abgrenzung, wo die Freiheit eines jeden? Wann handelt es sich
um Betreuung, wo beginnt Bevormundung? Aber der Gewinn liegt auf
beiden Seiten, die Bewohner mit Hilfebedarf können ein eigenes Leben
führen und die Studierenden Erfahrungen sammeln, die sie woanders
nicht so schnell finden“, sagte er. „Es ist wirklich eine sehr
gute Erfahrung, ich wohne gerne hier. Es ist immer etwas los, aber
wenn man die Tür zu seinem Zimmer zumacht, wird das respektiert“,
schilderte Lehramtsstudierende Samira Poetsch, die seit anderthalb
Jahren im Wohnhaus lebt. Für das Preisgeld von 1.500 Euro wurde eine
Wunschbox im Gemeinschaftsraum aufgestellt.
Weitere Infos unter
www.inklusiv-wohnen-koeln.de
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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