Anders als der Rest von Köln
Köln-Lotse Uli Kievernagel führt „auf der“ Marienburg
Marienburg - (sb). „Hier ist es ganz anders als sonst in Köln: schön, ruhig
und sauber. Wir machen heute einen Ausflug auf einen anderen
Planeten“, begrüßte Köln-Lotse Uli Kievernagel rund 15 Frauen und
Männer zu einer Führung durch Marienburg, organisiert vom
Bürgerverein Raderberg und -thal e.V.
Vom Gustav-Heinemann-Ufer ging es zum Zwischenwerk VIIIb des
ehemaligen äußeren Festungsrings am Militärring. „Gegenüber,
nördlich des Militärrings, liegt die Namensgeberin des Stadtteils,
die Villa Marienburg. Man kann sie allerdings nicht sehen, sie ist
durch hohe Büsche, Bäume und Mauern abgeschirmt“, erklärte
Kievernagel. Bevor die Gruppe in die angekündigte andere Welt
eintauchte, gab der Stadtführer einen Abriss über 2000 Jahre
Stadtgeschichte. „In 11 Minuten und 11 Sekunden bin ich fertig“,
versprach er. Nach diesem kurzweiligen Ausflug zu Agrippina - von den
Kölnern als Stadtgründerin verehrt, nach Kievernagels Schilderung
jedoch ein ziemliches Biest - ins Mittelalter, zu den Preußen und
Adenauer startete die Truppe über die Leyboldstraße ins Veedel.
„Man wohnt übrigens nicht in, sondern „auf der Marienburg“,
informierte Kievernagel.
Der Kölner Unternehmer Ernst Leybold gab den Startschuss für den
Stadtteil. „In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts herrschte in
Köln großer Platzmangel und Leybold erkannte das Potential des
unbebauten Gebietes weit vor den Stadttoren. Seine Idee: Es sollte ein
Villenviertel nach britischem Vorbild entstehen“, so Kievernagel.
Der größte Teil Marienburgs wurde zwischen etwa 1885 und 1914 und
1918 und 1939 gebaut. Eine prominente Adresse findet sich an der
Lindenallee 7. Hier steht die Villa Neuerburg, 1925 gebaut vom
Tabakfabrikanten Heinrich Neuerburg. „Vorher hatten Klerus und Adel
das Sagen, jetzt gewann ein anderer Typus an Einfluss, Händler und
Fabrikanten“, erläuterte Kievernagel. Die Villa ließ Neuerburg im
englischen Landhausstil errichten und luxuriös ausstatten. „In der
Halle wurde die Kassettendecke eines französischen Schlosses
eingebaut“, erfuhren die Führungsteilnehmer. In den 60er und 70er
Jahres des 20. Jahrhunderts war hier der Deutschlandfunk
untergebracht, danach die polnische Botschaft, dann das polnische
Generalkonsulat. Heute errichtet ein Projektentwickler aus Düsseldorf
im Gebäude und auf dem Grundstück exklusive Wohnungen. Nach weiteren
Stationen in der Lindenallee - unter anderem vor der Villa Langen und
dem herrschaftlichen Bau an der Ecke Lindenallee/ Schillingsrotter Weg
- hier lebte in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts Paul Anton
Brüning, Direktor der Deutschen Bank in Köln - querte die Gruppe den
Südpark. Kievernagel machte auf eine kleine, aber beeindrucke
Skulptur aufmerksam - ein Panther in spannungsvoller Anpirschpose, der
aus den grünen Büschen herauszukommen scheint. „Wunderschön, aber
man sollte auch wissen, dass sein Erschaffer, der Bildhauer Fritz
Behn, ein ganz Brauner war“, erläuterte der Stadtführer.
Auf der Goethestraße ging es vorbei an der Kirche St. Maria Königin,
erbaut von Dominikus und Gottfried Böhm. „Die Kirche hat eine ganz
besondere, gläserne Taufkapelle“, beschrieb Kievernagel Während
der rund 2,5-stündigen Führung erfuhr die „Reisegruppe“ viele
spannendende Details und Anekdoten zu prominenten Marienburgern wie
Iwan Herstatt und der Familie Oppenheim, zur Architektur und
Entstehung der Gebäude. Letzte Station war die evangelische
Reformationskirche in der Mehlemer Straße, selbstverständlich
ebenfalls nach britischem Vorbild angelegt. „Man könnte meinen, man
wäre in Cornwall“, scherzte Kievernagel. Eine schöne Überraschung
während der Tour: Im Südpark hatte der Köln-Lotse eine Pause mit
Sekt, Wasser und Kölsch vorbereitet, die die Teilnehmer sichtlich
genossen.
Weitere Infos zu Veranstaltungen des Bürgervereins Raderberg und
-thal e.V. unter
www.raderbergundthal.de
und des Stadtführers Uli Kievernagel unter
www.koeln-lotse.de
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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