"Alte Liebe" begeistert
Lesung in der Diakonie Michaelshoven

Mariele Millowitsch und Walter Sittler überzeugten als Lore und Harry. | Foto: Surmann
  • Mariele Millowitsch und Walter Sittler überzeugten als Lore und Harry.
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Rodenkirchen - (ks). Gefühlt sind die Beiden eigentlich ein gesetztes Ehepaar –
entsprechend selbstironisch und voller Wortwitz begeisterten Mariele
Millowitsch und Walter Sittler ihr Publikum in der Diakonie
Michaelshoven.

Gelesen wurde aus dem Buch „Alte Liebe“, geschrieben von Elke
Heidenreich und Bernd Schroeder, die nach 22 Jahren Ehe und ihrer
Trennung diese Zeit in ihrem Buch mit viel Lebensnähe aufgearbeitet
haben. Protagonisten sind Lore und Harry, seit 40 Jahren verheiratet.
Schwindende Leidenschaft, festgefahrene Strukturen und die dritte
Heirat der Tochter – Stoff genug für jede Menge Situationskomik.
Sittler und Millowitsch nutzten das perfekt und machten aus ihrer
Lesung fast ein Theaterstück, in dem sich jeder ein bisschen selber
wiederfinden konnte.

Alles beginnt mit der Frage, ob die beiden Alt-68er Lore und Harry die
Einladung zur dritten Hochzeit ihrer Tochter annehmen sollen oder
nicht. Schon hier werfen sich die beiden Blicke zu, die für
Gelächter im Publikum sorgen: „Ich freue mich“, sagt Lore. „Man
kann sich alles schönreden“, brummelt Harry zurück. In diesem Buch
ist die Hochzeit der Tochter allerdings nur die Rahmenhandlung.
Schnell kommt man auf die verblichene Begierde, auf völlig
eingefahrene Beziehungsstrukturen oder Lores Mutter, die seit acht
Jahren künstlich am Leben gehalten wird. „So will ich nicht
enden“, sinniert Lore und bekennt ihre Probleme mit dem Alter. Alles
wird hinterfragt, das Leben, die Beziehung, das Älterwerden – und
das mit einer gekonnten Mischung aus Augenzwinkern und
Realitätsnähe.

„Ob Harry mir wohl auf die Nerven geht, wenn ich nur noch zuhause
bin?“ Gelächter, aber teils auch betroffene Gesichter im Publikum.
„Ich glaube, ich liebe dich immer noch“, gesteht Lore. „Sag mir
Bescheid, wenn du es genau weißt“, ist die prompte Antwort. Man
merkt bei jeder Pointe, Lore und Harry sitzen eigentlich überall im
Publikum. Betroffenheit und Gelächter wechseln sich ab, das
Spiegelbild der eigenen Seele ist manchmal grausam. Die Lesung ist
auch inhaltlich rundherum stimmig, die 190 Seiten des Buches wurden
von Walter Sittlers Tochter Jennifer gekonnt auf 90 Minuten Lesung
heruntergebrochen. Zum Schluss finden die Lore und Harry wieder
zueinander, doch auf einmal ist Lore tot. In der Erzengel Michael
Kirche ist es totenstill. Die Lesung ist vorbei, nach einem Durchatmen
gibt es langen und intensiven Applaus.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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