Exklusiv und ganz persönlich
Schauspieler Axel Gottschick bietet Lesungen am Telefon
Zollstock - (sb). „Ich habe mir gedacht, man darf keinen persönlichen
Kontakt aufnehmen. Viele meiner Kollegen stellen Sachen ins Internet,
aber viele meiner Stammkunden haben keine Lust auf Internet. Ein
Telefon hat jeder, so kam ich auf die Idee, Lesungen über das Telefon
anzubieten“, schildert Axel Gottschick. Der Schauspieler lebt in
Zollstock und gründete im Jahr 2003 mit seiner Frau den
„Kulturladen Zollstock“ in der Irmgardstraße, in dem Lesungen und
andere Kulturveranstaltungen stattfinden. Der Laden ist corona-bedingt
seit Wochen geschlossen.
Seit Anfang April bietet Gottschick, der auch bei Theater- und
Fernsehproduktionen und als Sprecher tätig ist, die Telefon-Lesungen.
Die Menschen können bei ihm anrufen, sich einen Text wünschen oder
sich etwas vorschlagen lassen. „Manche wollen ganz bestimmte
Stücke, die eine besondere Bedeutung für sie haben, zum Beispiel
Sachen aus der Schulzeit“, erzählt der Schauspieler. Klassiker wie
Balladen von Schiller und Goethe seien sehr gefragt. Andere Anrufer
lassen sich etwas von Gottschick empfehlen. „Ich habe ein großes
Repertoire an Texten, dann kann man sich etwas zu einen Thema
wünschen wie zu Liebe, Freundschaft, Großstadt zum Beispiel oder
auch einen bestimmten Autoren“, berichtet er. Sollte er einen
gewünschten Text nicht kennen oder nicht haben, macht er sich auf die
Suche oder lässt ihn vom Anrufer vorbeibringen.
Die Lesungen am Telefon hätten ihren ganz besonderen Reiz, beschreibt
Gottschick. „Es ist viel persönlicher als über das Internet. Man
hört Geräusche, man hört den anderen atmen, man bekommt Reaktionen,
man kann Einfluss nehmen, man ist in direktem Kontakt“, schildert
er. Anders als bei üblichen Lesungen, bei denen er ein Programm
zusammenstelle, trete der Zuhörer als Individuum viel stärker
hervor, so Gottschick. Manche rufen für sich an, manche bestellen
Lesungen für andere. „Ein Kunde bat um eine Lesung für eine alte
Dame in Weimar, die lange in Köln gelebt hat. Es wurde das
„Heinzelmännchengedicht“ gewünscht. Zusätzlich habe ich ihr ein
Gedicht von Goethe über Ilmenau vorgelesen, das er in seiner Weimarer
Zeit geschrieben hat. Die Dame war ganz begeistert“, freute sich
Gottschick. Durchweg sei das Feedback der Zuhörer sehr positiv, so
der Schauspieler. „Sie sagen, das habe sie jetzt aufgemuntert oder
erfreut“, erzählt er. Jeweils morgens und abends hält er sich eine
Stunde für das Vorlesen frei. Für die Lesungen veranschlagt er rund
15 Minuten. „Es dauert aber in der Regel um einiges länger“,
lacht er. So bat ihn eine Anruferin um das Vorlesen eines Werkes von
Marguerite Duras. „Ich habe ihr dreimal eine halbe Stunde
vorgelesen“, erzählt Gottschick. Sein Telefon-Angebot ist
kostenlos, aber viele der Anrufer spenden. „Das ist absolut kein
Muss, aber ich freue mich natürlich darüber. Durch Corona kann ich
nicht drehen, nicht spielen, musste die Veranstaltungen im Kulturladen
absagen und habe entsprechend Umsatzeinbußen“, berichtete
Gottschick. Bis mindestens September will er die Telefon-Lesungen noch
machen. Eine weitere neue Idee hat er schon in Arbeit:
Garten-Lesungen. Hierfür können sich Gartenbesitzer bei ihm melden,
wenn sie als Gastgeber in ihren Garten zu Lesungen einladen möchten.
Terminverabredungen für die Telefonlesungen sind täglich zwischen 11
und 12 Uhr möglich, das Vorlesen geschieht montags bis samstags
zwischen 10 und 11 Uhr oder zwischen 19 und 20 Uhr, Kontakt unter
Telefon 0221/ 2594017.
Weitere Informationen unter
www.kulturladen.zollstock-koeln.de
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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