Wut, Angst und Hoffnung
Ulrike Fackert zeigt Fotos von Chemo-Patientinnen
Weiß - (sb). Die Frau auf dem Foto reißt die Augen auf, streckt die Zunge
heraus und zeigt den Stinkefinger. Eine andere Frau auf einem anderen
Bild hat die Hände vorm Kinn gefaltet, wie zum Beten, und blickt in
die Ferne. Auf einem weiteren Foto kauert eine Frau am Boden, die Knie
umfassend, und blickt angstvoll hoch. Alle drei haben keine Haare.
Für ihre neue Fotoserie „AUSGEFALLEN“ hat Ulrike Fackert
Krebs-Patientinnen aufgenommen, die eine Chemotherapie machen.
Frauen, die durch die Diagnose aus ihrem normalen Leben, ihren
Gewohnheiten und Rollen herausgefallen sind. Die Bilder sind so
unterschiedlich wie die Frauen selbst: frech, müde, fröhlich,
ängstlich. Fackert präsentiert sie erstmals bei „Kultur in der
Sackgasse“ in Weiß. „Die Idee zum Thema kam mir, als meine Mutter
letztes Jahr an Krebs erkrankte, durch die Chemotherapie ihre Haare
verlor und sich ein Foto von sich wünschte“, erzählte Fackert.
Frauen, die bereit waren, sich fotografieren zu lassen in dieser
schweren Phase ihres Lebens, fand die 47-Jährige über Ärztinnen,
Yogalehrerinnern und Heilpraktiker, zum Teil im Kölner Süden, viele
aber auch an einem Essener Krankenhaus.
Dort fuhr sie ab Februar über mehrere Monate einmal in der Woche hin,
mit dem kompletten Equipment im Gepäck. „Erst einmal habe ich mich
mit den Frauen lange unterhalten. Wir kannten uns schließlich nicht,
da musste erst einmal Vertrauen entstehen“, schilderte Fackert. Von
knapp 30 Frauen machte sie Fotos. „Aufgrund dessen, was sie mir
erzählt haben, haben wir nach der passenden ‚Pose’ für das Foto
gesucht. Eine Frau erzählte, sie sei voller Furcht, fühle sich
überfordert und das sollte dann auf dem Bild zu sehen sein“,
beschrieb Fackert. Wichtig war ihr, alle Facetten zu zeigen, die der
Krebs und die Behandlung in den Frauen auslösten. „Das ging von
Wut, über Angst, Hoffnung, Verzweiflung, Dankbarkeit bis hin zu
Fröhlichkeit darüber, im Leben jetzt einmal so richtig aufzuräumen,
zum Beispiel ungute Beziehungen auszusortieren“, erzählte die
Fotografin.
Der Hintergrund auf den Bildern ist schwarz, außer den Frauen und
vielleicht Partnern und Familienangehörigen ist nichts zu sehen.
„Weil sie allein sind – auch wenn sie Angehörige an ihrer Seite
haben – mit der Krankheit und in der Situation“, so Fackert. Für
sie lag die große Herausforderung darin, sich im Gespräch an die
Frauen heranzutasten. „Das musste natürlich ganz sensibel
geschehen“, sagte sie. Schön sei gewesen, zu hören, dass den
Frauen das Gespräch auch etwas gegeben habe und sie sich durch die
Fotos wieder schön finden konnten. „Ich habe die Frauen bewundert,
sie waren alle sehr stark. Das hatte ich so nicht erwartet“, sagte
die Fotografin. Von den Fotos hat sie 13 für die Ausstellung in Weiß
ausgesucht, weil nur so viele Bilder ins Kapellchen passen. Die Bilder
werden durch Aussagen der abgebildeten Frauen ergänzt. Diese sind zur
Ausstellung selbstverständlich eingeladen. „Alle haben gesagt, dass
sie kommen wollen, auch wenn einige durchaus einen weiten Weg
haben“, freute sich Fackert.
Die Ausstellung „AUSGEFALLEN“ von Ulrike Fackert ist am 2.
September von 15 bis 18 Uhr und am 3. September von 11 bis 18 Uhr zu
sehen in der Kapelle St. Georg (Weißer Hauptstraße 23).
Das Programm und weitere Infos zu „Kultur in der Sackgasse“ am
2.und 3. September in Weiß finden Sie unter
www.rheinbogenfest.de
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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