Schweigemarsch zur Reichspogromnacht
Auch in Ruppichteroth brannte die Synagoge

Ein kurzer Halt beim Schweigemarsch an der ehemaligen Synagoge in der Wilhelmstraße (v.re.): Bürgermeister Mario Loskill, Evangelischer Pfarrer Hans-Wilhelm Neuhaus, Katholischer Pfarrer Christoph Heinzen. | Foto: Steimel
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  • Ein kurzer Halt beim Schweigemarsch an der ehemaligen Synagoge in der Wilhelmstraße (v.re.): Bürgermeister Mario Loskill, Evangelischer Pfarrer Hans-Wilhelm Neuhaus, Katholischer Pfarrer Christoph Heinzen.
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Ruppichteroth - Das Gedenken an die jüdischen Mitbürger von Ruppichteroth wird sehr
hoch gehalten, waren diese doch in die Dorfgemeinschaft fest
verwurzelt und integriert. Um hier nur eine Person zu nennen: Dr.
Moritz Herzfeld, der in Ruppichteroth als praktischer Arzt, Wundarzt,
Geburtshelfer und Apotheker von 1887 bis 1928 gewirkt hat. Herzfeld
gründete 1888 den Turn- sowie den Bürgerverein Ruppichteroth, beides
heute noch äußerst aktive Vereine, die aus dem Ruppichterother Leben
nicht weg zu denken sind.

Im Jahr 1921 erbauten die jüdischen Bürger in Ruppichteroth eine
Synagoge, ein jüdisches Bethaus, in der Wilhelmstraße, bis zu diesem
Zeitpunkt besuchten sie die Gebetsstunden in Nümbrecht. Einige Juden
sind vor dem Zweiten Weltkrieg nach Amerika ausgewandert, alle
anderen, die zur Zeit des Nationalsozialismus in Ruppichteroth gelebt
hatten, wurden in Lager deportiert und mussten ihre Herkunft und ihren
Glauben unschuldig mit dem Leben bezahlen.

Die Synagoge selbst wurde ebenfalls ein Opfer des Regimes, wie viele
andere auch, in der Reichskristallnacht - jedoch mit einigem
Widerstand, wie aus den Aufzeichnungen des Polizisten Laddach vom 10.
November 1938 zu entnehmen ist. Hauptbrandmeister Altwicker führte
die Löschgruppe, um Synagoge und Nachbarshäuser zu retten. Es zeigte
sich, das Brandstiftung die Ursache war. Dunkel gekleidete Männer aus
dem Oberbergischen Kreis, wie sich später herausstellte, waren die
Brandstifter und  sorgten dafür, dass bereits gelöschte Stellen
immer wieder in Brand gesetzt wurden. Einem Juden befahlen sie, den
Judenstern am Haus mit Hammer und Meißel zu entfernen. Fenster wurden
eingeworfen, Kultgeräte mussten herausgeholt und den SS-Leuten
übergeben werden. Ein grausamer Tag für die Juden, ja für ganz
Ruppichteroth.

Damit diese Greueltaten  nicht in Vergessenheit geraten, wurde 1980
auf Initiative des ökumenischen Jugendkreises erstmals ein
Schweigemarsch organisiert, ausgehend im Wechsel von der katholischen
und evangelischen  Kirche. Vorbei an der ehemaligen Synagoge (heute
Wohnhaus) und dann bergauf zum jüdischen Friedhof in der Herchener
Straße, schweigend im Schein von Pechfackeln, um dort einen Kranz
niederzulegen. So machten sich auch in diesem Jahr mehr als 60
Mitbürger im strömenden Regen auf diesen Weg, um Gedenken lebendig
werden zu lassen, wie immer, in absoluter Stille. Treffend formulierte
es Pastor Hans-Wilhelm Neuhaus in der kurzen Andacht: „Schweigen, wo
es richtig und sinnvoll ist, sprechen aber auch, wenn es sinnvoll und
richtig ist“. Um so frühzeitig gezielt mitzuhelfen, dass solche
schlimmen Geschehnisse nie wieder vorkommen können bzw. im Vorfeld im
Keim erstickt werden.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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