Schlichten statt richten
Schiedsfrau bringt Ruppichterother Streithähne an einen Tisch
Ruppichteroth -
Im gemütlichen Wohnzimmer am großen Esstisch wurde der
Extra-Blatt-Reporter von Christina Ottersbach empfangen - der
Schiedsfrau in der Gemeinde Ruppichteroth, die jüngst wieder für
weitere fünf Jahre in diesem Amt bestätigt wurde. Erfahrungen vor
dieser Tätigkeit hatte sie schon gesammelt als Schöffin am
Amtsgericht, am Landgericht Bonn und am Verwaltungsgericht Köln.
An diesen Tisch in ihrer Wohnung bringt sie auch „Streithähne“,
die sich grob beleidigt oder Unstimmigkeiten haben, beispielsweise
wegen Grenzverletzungen. Aus allen Bevölkerungsschichten und
Religionen kommen Kläger und Beklagte. Auch zwei Lehrer hatte sie
schon als Kontrahenten gegenüber sitzen, wie sie schmunzelnd
berichtet.
Diese private Atmosphäre im Wohnzimmer nutzt sie, um die Gegner
runterzuholen von ihrer aufgestauten Wut, um Luft rauszulassen. Ein
ganz anderes Verhalten wie zum Beispiel in einem Büroraum des
Rathauses, so ihre Erfahrung. Oberstes Gebot ist zunächst das
gegenseitige Zuhören Oft gelingt es ihr, den Streit beizulegen, oft
sind dies aber auch Gespräche, die über Stunden gehen, ehe sich die
Kontrahenten die Hand reichen. Ist das der Fall, dann wird die
Einigung im Protokollbuch festgehalten. Es gibt auch
„Stammkunden“, quasi Fälle, die sich über Jahre hinziehen und
immer wieder neu auflodern.
Das Tagesgeschäft sind eigentlich die „Tür- und
Angelgeschäfte“. Kleinere Vergehen, die sich meist am Telefon
lösen lassen, alleine 60 Fälle im zurückliegenden Jahr. Zehnmal
musste sie im letzten Jahr aber Kläger und Beklagte an ihren Tisch
holen. Schaut man ins Gemeindearchiv, dann findet man für das Jahr
1900 neun Einträge vom damaligen Schiedsmann Heinrich Steeger - es
hat sich also nicht viel geändert in 117 Jahren. Viele dieser
Protokolleinträge damals enden mit dem Hinweis einer Zahlung zum Bau
des katholischen Pfarrhauses, viele aber auch, dass der Beklagte nicht
erschienen sei.
1932 notiert der Schiedsmann Prinz die Beleidigungen „Drecksäcke
und Knollenköp“ von einem Bürger aus Litterscheid. Diese
Beleidigungen konnten in der erster Verhandlung nicht bereinigt
werden, erst einige Zeit später findet man den Eintrag zur Einigung
im Streitfall. In einem Eintrag aus dem Jahr 1935 ist zu lesen, dass
der Beklagte seine Beleidigungen im „Westfälischen Beobachter“
öffentlich zurücknehmen musste.
Das Schiedswesen dient der Beilegung wenig bedeutsamer zivilrechtlich
und strafrechtlicher Delikte. Christina Ottersbach ist stolz auf ihre
enorm hohe Einigungsquote, die sich nahe an 100 Prozent bewegt. Ihre
Arbeit sieht sie, wie viele andere Schiedsleute auch, unter dem Motto:
„Schlichten statt richten!“
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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