Realbrandausbildung der Feuerwehr
Im Einsatz bei bis zu 1.200 Grad

Die Übung findet in den Containern statt, die innen aus einer Werkstatt mit Gaszähler, einer Küche und einem Wohnzimmer bestehen. | Foto: Gaebel
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Menden - Die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Sankt Augustin trainierte am
Feuerwehrhaus: Für die Realausbildung waren extra Container
antransportiert worden, in denen die Feuerwehrleute ihre jährliche
Übung in der feststoffbetriebenen Wärmegewöhnungsanlage
absolvieren konnten.

Daneben wird jeden Herbst eine Übung mit Gasbetrieb durchgeführt. An
einer solchen Übung mindestens einmal im Jahr teilzunehmen, ist für
die Atemschutzgeräteträger der Freiwilligen Feuerwehr, die ungefähr
vier Fünftel aller Mitglieder bilden, ein Muss. „Jeder Kamerad hat
einen Atemschutzpass, in dem der Gesundheitsstand, aber auch der
Ausbildungs- und Kenntnisstand nach den jeweiligen absolvierten
Übungen vermerkt ist“, erklärt Andreas Groß, Leiter der
Projektgruppe Innenangriff, die die Übungen organisiert.

Durch die Kontrolle sei es möglich, die Übungen individuell
abstimmen zu können und die Grenzen des Einzelnen zu erreichen. So
könnten auch jene direkt von Anfang an teilnehmen, die gerade erst
den Atemschutz erlangt hatten. „So haben sie keine Angst und können
sich von Anfang an an solche Situationen gewöhnen“, weiß
Pressesprecher Sascha Lienesch.

Die Übung in der feststoffbetriebenen Wärmegewöhnungsanlage findet
in den Containern statt, die innen aus einer Werkstatt mit Gaszähler,
einer Küche und einem Wohnzimmer bestehen. Diese „Wohnung“
umfasst rund 50 Quadratmeter, entspricht somit einer
durchschnittlichen Wohnung in Deutschland. Die Übung umfasst zwei
Durchgänge, die jeder Teilnehmer durchlaufen muss. Im ersten
Durchgang wird ein „Flashover“ - auf deutsch:
Rauchgasdurchzündung - inszeniert. Der Brandherd liegt hierbei hinter
einer geschlossenen Tür im Wohnzimmer. Dadurch kann sich das Feuer
nicht ausbreiten und die Wärme nimmt zu, es kommt zu einem Wärmestau
an der Decke. Jetzt kann es passieren, dass sich das Feuer schlagartig
von der Entstehungsphase zur Vollbrandphase entwickelt. Dadurch
entsteht enorme Hitze von bis zu 1.200 Grad an der Decke, mit der die
Feuerwehrleute im Einsatz umgehen können müssen. Deshalb simuliert
diese Übung einen solchen Durchlauf.

Victoria Brief, Teilnehmerin an der Übung und Studentin an der
Fachhochschule, erzählt nach der Übung, dass die Hitze extrem warm
ist, noch viel wärmer als sie sich das vorher vorgestellt hatte. Dank
der Luftpolster, die sich zwischen der Schutzkleidung und der Haut
bilden und die man im Laufe eines Einsatzes immer wieder auflockern
muss, konnte sie die Hitze jedoch gut aushalten - auch ganz vorne am
Brandherd, wo die Temperaturen die 1.000-Grad-Marke knackten. Sie
selbst hält die Übungen für unglaublich wichtig, da vor allem noch
im Realeinsatz Unerfahrene hier in Ruhe und ohne Stress wertvolle
Erfahrungen sammeln können.

Im Laufe der Übung sitzen die Feuerwehrleute am Boden, um die extreme
Hitzesituation aushalten zu können. Selbst im Sitzen erreicht die
Luft in Kopfregion Werte von 200 Grad. Die Temperaturen sind so heiß,
dass der Feuerwehrhelm eines Teilnehmers Blasen wirft.

Zunächst wird ihnen erklärt, wie ein Brand entsteht und wie der
Brandverlauf ist, um auf das Kommende vorbereitet zu sein. Dann
rotieren sie immer wieder durch, damit jeder einmal in die Nähe des
Brandherds kommt und die Hitze erleben darf.

Nach der Simulation mehrerer Flashovers ist die Übung vorbei, die
Feuerwehrleute verlassen den Container und nehmen nun an einer
Einweisung teil, wie man die Kleidung richtig auszieht. „Der Ruß
ist extrem giftig“, erklärt Lienesch, „deshalb ist es wichtig,
nicht mit ihm in Kontakt zu kommen und die Kleidung nach dem Einsatz
entsprechend sauber zu machen.“ Der Ablauf geschieht nach
Dienstanweisung, benutzte Sicherheitskleidung kommt in Wäschebeutel,
die sich während der Wäsche auflösen, um auch hier einen Kontakt
mit dem Ruß zu vermeiden.

Die Einsatzleute bekommen nach dem Einsatz Ersatzkleidung gestellt.
Danach heißt es viel trinken, auch um sich auf den zweiten Durchlauf
vorzubereiten. In der Zwischenzeit besprechen die Trainer das
Verhalten in einer solchen Situation, vor allem die Wichtigkeit der
Rückwegsicherung. Eine Dreiviertelstunde später findet dann die
Simulation eines Wohnungsbrandes statt. Dazu werden Zweiertrupps
gebildet, die jeweils mit einem Trainer die nachgestellte Wohnung
betreten. Sie durchsuchen die Wohnung nach einer vermissten Person und
müssen auf ihrer Suche auf bestimmte Gefahren reagieren - so müssen
sie Gasflaschen sichern und Feuer löschen. Die Puppe, die zur
Simulation benutzt wird, wiegt 80 Kilogramm. Nach der Simulation gibt
der Trainer Feedback und kann so individuell auf die Teilnehmer
eingehen.

Organisiert werden die Übungen durch die Projektgruppe Innenangriff,
die sich seit 2007 aus zwölf Multiplikatoren - so heißen die
Mitglieder der Gruppe - zusammensetzt. Hierbei kommen jeweils zwei
Multiplikatoren aus einer der sechs Löschgruppen in Sankt Augustin.
Diese offizielle Untergruppe der Feuerwehr kümmert sich um die Aus-
und Weiterbildung der Feuerwehrmänner. Daneben testen sie neue
Arbeitskleidung und Gerätschaften aus und empfehlen diese zur
Anschaffung an die Wehrleitung. Zum Schluss entwickelt die
Projektgruppe Einsatztaktiken.

„Ich kann der Projektgruppe nur ein großes Kompliment
aussprechen“, erzählt Stephan Vester, der seit 26 Jahren Mitglied
der Freiwilligen Feuerwehr ist. Er selbst versucht nach Möglichkeit
an jeder der Übungen teilzunehmen. „Es ist wichtig, um im
Realeinsatz eventuelle Vorzeichen erkennen und damit umgehen zu
können“, berichtet er aus seiner langjährigen Erfahrung.

Möglich gemacht werden die Realbrandübungen jedoch erst durch die
Stadt Sankt Augustin, die diese finanziert. „Es ist nicht
vorgeschrieben, solche Übungen durchzuführen und viele Kommunen im
Rhein-Sieg-Kreis tun dies auch nicht“, weiß Groß. „Aber es ist
wichtig, damit jeder seine persönlichen Grenzen austesten kann und
Sicherheit für den realen Einsatz gewinnt.“

Da ein Flashover nicht der Normalfall eines Brandes ist, haben nicht
alle Einsatzkräfte die Möglichkeit, den Umgang mit einem solchen
mindestens einmal pro Jahr zu trainieren. „Eine solche Übung ist
die beste Alternative zum realen Einsatz, um Erfahrung zu sammeln“,
fasst Sascha Lienesch es zusammen. Zusätzlich zu den halbjährlichen
Realbrandübungen führt jede Löschgruppe unabhängig voneinander
diverse Trockenübungen aus, bei der der Einsatz und das Verhalten im
Falle eines Einsatzes geübt werden. Im Falle eines Wohnungsbrandes
bittet Lienesch die Bewohner aber dennoch, die Türen und Fenster zu
schließen, wenn dies möglich sein sollte, ohne sich in Gefahr zu
bringen. „Es ist wichtig, die Brandsausbreitung zu verhindern. Das
Risiko eventueller Rauchgasdurchzündungen kennen wir und können
damit umgehen - genau dafür führen wir solche Übungen durch.“

- Bianca Gaebel

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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