Traf der Elefant das Nilpferd?
70 Jahre evangelischer Posaunenchor

Der Posaunenchor beim Jubiläumsgottesdienst in der Auferstehungskirche. | Foto: Posaunenchor
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  • Der Posaunenchor beim Jubiläumsgottesdienst in der Auferstehungskirche.
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Siegburg - Mit einem Festgottesdienst in der Auferstehungskirche beging der
evangelische Posaunenchor in Siegburg sein 70-jähriges
Bestehen.

Im Paul-Schneider-Saal traf man sich anschließend zum gemütlichen
Beisammensein. Hier es gab genügend Zeit zum Austausch und um in
Erinnerungen einzutauchen.

Unter den Gästen befand sich ebenfalls Dieter Dobrunz, der nicht nur
den Chor von Mitte der 60er Jahre bis 2004 leitete, sondern vom Start
an mit dabei war. „Angefangen hat es 1947, als Hans-Jürgen Voß
Interessierte für seine Gruppe suchte. Überall in den umliegenden
Gemeinden existierten Posaunenchöre, nur nicht in Siegburg.“

Zusammen mit seinem Klassenkameraden Horst Mammet fand sich Dieter
Dobrunz im Alter von 13 Jahren in dem neu gegründeten Ensemble
wieder. Nach dem Krieg entpuppte sich alles nicht unbedingt als
einfach, denn dem „wilden Haufen“ standen keine Instrumente zur
Verfügung und die musikalische Qualität musste man sich noch
beibringen.

„Die evangelische Landeskirche gab damals ein Liederbuch heraus, das
durch die britische Militärverwaltung in Düsseldorf genehmigt war.
Da standen dann die Noten für die Melodiestimmen drin.“
Hans-Jürgen Voß reiste herum und lieh sich von den Bürgern die
notwendigen Instrumente, die hinterher an die etwa 35 Mitglieder
verteilt wurden. Durch Unterstützung von Militärmusikern, wie etwa
Otto Ohl, sollte die Truppe das Musizieren lernen. „Ich erinnere
mich, als es im Frühjahr zur Probe ging. Ich bin den Siegdamm
Richtung Troisdorf entlanggelaufen, bis ich auf einmal Töne hörte,
als wären ein Nilpferd und ein Elefant aneinandergeraten, denn die
Proben erfolgten unter freiem Himmel.

Horst versuchte auf der Klarinette einen Ton zu treffen, was ihm
leider nicht gelang. Er hatte nämlich kein Rohrblatt.“ Mit
gemeinsamer Anstrengung kam man jedoch weiter und konnte Heiligabend
1947 erstmalig in der Aula des damaligen Gymnasiums auftreten. „Wir
beherrschten nur Stille Nacht und O du fröhliche, und setzten
mehrmals an, dabei waren die Töne mal zu hoch oder zu tief.“

Anfang 1948 fanden regelmäßig Übungen statt, wo Dieter dann seine
Aufgabe im Chor bekam – die Becken. Beim ersten Einsatz schepperte
es furchtbar, denn er wusste nicht, wie man sie benutzt. Da ein
Posaunenchor wie eine Orgel unter freiem Himmel gehandhabt wird,
gehörte die Gruppe an den Sonntagen in den umliegenden Gemeinden
schnell zum ständigen Repertoire. „Die Versorgung war damals nicht
gut, aber wenn wir in Oberpleis, Wahlscheid oder Honrath spielten,
luden uns die Gemeindemitglieder zum Essen ein, worauf wir uns sehr
freuten.“

Mitte 1948 ging Hans-Jürgen Voß nach Wuppertal und überließ sein
Amt Dirigent Reinhold Kinast. Sein Nachfolger wiederum war Gerd
Ferwendel, der bis Ende der 50er Jahre dem Chor vorstand. In der Zeit
von Januar 2004 bis Juni 2008 schwenkte Gernot Sträßer den
Taktstock, bevor sich Heinz Kiwitt bis Juli 2014 anschloss.

Sicherlich hat sich bis heute viel verändert, nicht nur in der
Nutzung der Instrumente, sondern vor allem in den Arrangements. „Die
Komponisten schreiben ja speziell für Posaunenchöre. Das ist ja
schon längst nicht mehr nur Begleitung für Singstimmen.“ Viel
erlebt haben die Musiker in diesen Jahren. Zahlreiche Touren und
Auftritte, zum Beispiel auf den evangelischen Kirchentagen in
Nürnberg oder Hamburg zählen zu der 70-jährigen Geschichte. Der
Bundesposaunentag 2016 in Dresden galt als einer der Höhepunkte.
„Dort kamen rund 17.000 Bläser zusammen.“ Für Dieter Dobrunz
bleibt jedoch der evangelische Kirchentag 2007 in Köln für immer in
Erinnerung. Das Konzert der „Bläck Tööts“ blieb für ihn ein
denkwürdiges Ereignis, dass ihm heute noch Gänsehaut verschafft.
„Hier waren 2.000 Bläser und 20.000 Zuschauer auf der Domplatte
versammelt. Als wir vereint mit den Bläck Fööss Mer losse d‘r Dom
en Kölle spielten, lief es mir kalt den Rücken runter.“ Natürlich
sind die evangelischen Musiker auch in Siegburg vertreten, wie etwa
bei der 950-Jahr-Feier. Allerdings schafften sie es erst 2017 in Sankt
Servatius zu spielen, denn in allen anderen katholischen Kirchen
traten sie bereits auf. Mit der Besetzung 12 Trompeten, zehn Posaunen
und zwei Tuben feierten sie einen grandiosen Jubiläumsgottesdienst
unter Leitung von Christian Sondermann.

- Dirk Woiciech

Der Posaunenchor beim Jubiläumsgottesdienst in der Auferstehungskirche. | Foto: Posaunenchor
Foto: Woiciech
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