"Sgraffito" soll rekonstruiert werden
Bild als Mahnmal der Emanzipation
Siegburg - Der Neubau der Turnhalle am Gymnasium Alleestraße ist eines der
sehnlichst gewünschten Bauprojekte in Siegburg. Die Schülerschaft
fiebert einer modernen Sportstätte entgegen, die den aktuellen Bedarf
optimal abdeckt.
Nun traten Schulleitung, Schulpflegschaft, Lehrerrat und
Schülersprecherin in einem offenen Brief an Bürgermeister Stefan
Rosemann heran, das Sgraffito „Die tanzenden Mädchen“ des
Künstlers Siegfried Bonk an der Stirnseite zu retten, oder zumindest
in Kopie zu erhalten, da es ein Teil der Schulhistorie und
Stadtgeschichte darstellt.
„Es hat lange gedauert, bis Frauen überhaupt das Recht auf Bildung
an Schulen bekamen. Es gehört zu den Errungenschaften der
Emanzipationsbewegung, dass Frauen überhaupt Abitur machen und
womöglich studieren dürfen“, ist in dem Schriftstück zu lesen.
Deshalb soll das Bild „als Mahnmal der Emanzipation und
Gleichberechtigung“ bewahrt bleiben.
Darüber hinaus wird der künstlerische Aspekt hervorgehoben, da
sämtliche Sgraffiti aus der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg durch
Renovierung und Neubauten zerstört wurden. Auch die Verwaltung hat es
sich nicht leicht gemacht, da die Turnhalle insgesamt unter
Denkmalschutz steht. Eine Sanierung wäre mit großem Aufwand möglich
gewesen, aber aufgrund der dadurch veränderten Gestaltung hätte die
Denkmaleigenschaft nicht erhalten werden können. Die Schule braucht
jedoch auch größere Hallen, um zeitgemäßen lehrplangerechten
Unterricht anbieten zu können.
Auch die Erhaltung des Original-Sgraffitos birgt eine nahezu
unmöglich zu bewältigende Herausforderung. „Das Bild lässt sich
leider nicht im Ganzen abnehmen, dafür besitzt der Putz nicht die
nötige Festigkeit“, so die technische Beigeordnete Barbara
Guckelsberger. „Auch einen Teil der Wand herauszulösen, lässt
sich, aufgrund der Stahlbetonskelettkonstruktion, nicht einfach
bewerkstelligen.“
Die Idee, eine Kopie auf die Wand der neuen Halle zu bringen,
verträgt sich nicht mit der modernen Architektur. „Es ist Teil
unseres äußerlichen Erscheinungsbildes und gehört mit seiner
Botschaft zu unserem modernen Bild von Schule. Ferner handelt es sich
um eine künstlerische Darstellungsform, die heute nicht, oder kaum
noch umgesetzt wird. Als Schule, die den künstlerischen Ausdruck, zum
Beispiel in Leistungskursen im Fach Kunst in hohem Maße fördert,
liegt uns die Erhaltung derartiger Besonderheiten am Herzen. Daher
wünschen wir uns, für die von der Schulgemeinschaft mit Ungeduld
erwartete neue Turnhalle, zumindest die Erhaltung des Bildes in Kopie.
Hierdurch könnten sich Tradition und Moderne perfekt ergänzen“,
ist das Statement der Schulleiterin Sabine Trautwein.
Der „Landschaftsverband - Amt für Denkmalpflege im Rheinland“ sah
in seiner Expertise keinen Grund, das Bild als erhaltenswert
einzustufen, auch weil es ohnehin nicht mehr in der Originalfarbgebung
brilliert. In der gutachtlichen Stellungnahme heißt es: „Zudem ist
bei einem Sgraffito der 1950er Jahre der Entwurf häufig das
eigentliche künstlerische Element, während die Ausführung nicht
unbedingt durch den Künstler selbst, sondern auch nach
Entwurfsvorlage durch handwerklich erfahrene Dritte, zum Beispiel
Stuckateure oder Putzer, erfolgen kann. Vielleicht fehlt deshalb die
Signatur von Bonk. Weiterhin würde das Sgraffito - sowohl das
translozierte Original als auch eine Nachstellung nach Befund - an
einer modernen Sporthalle des inzwischen geschlechtergemischten
Gymnasiums weder ideell noch künstlerisch passen. Mit dem geplanten
Abriss der Turnhalle ist nach unserer Ansicht somit der Verlust des
Sgraffitos verbunden und hinzunehmen.“
Dennoch sollte es zu einer Lösung kommen. Der Bau- und
Sanierungsausschuss hatte Mitte Juni beschlossen, zu prüfen, ob eine
Rekonstruktion des Bildes, in Originaltechnik, an einer anderen Stelle
des Neubaus anzubringen wäre, gegebenenfalls in kleinerer Skalierung.
- Dirk Woiciech
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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