Baustelle statt Tanzfläche

„Wenn Mauern reden könnten …“

Siegburg. „Jetzt erinnert alles mehr an eine Baustelle als an eine Tanzfläche“, stellen Pascal und René Frangenberg fest.

In den Räumlichkeiten der ehemaligen Diskothek „Klangfabrik“ bleiben aber die unzähligen Partystunden vielen im Gedächtnis. „Wenn Mauern reden könnten, dann hätten sie eine Menge zu erzählen.“ Für so manchen Besucher war die „Location“ wie ein zweites Zuhause. Die Jugend genoss nicht nur das Feiern und Tanzen, sondern nahm auch stets die Gelegenheit wahr, jemanden kennenzulernen.

„Doch die Zeiten sind im Wandel. Für den Nachwuchs spielt heute Digitalisierung eine größere Rolle im Leben“, so René Frangenberg.

Nach dem tödlichen Vorfall bei einer Auseinandersetzung Ende Juli fassten die beiden Betreiber den Entschluss, den Betrieb umgehend stillzulegen. „Es stand permanent an oberster Stelle, Spaß und Freude zu verbreiten. Deshalb war es für uns jederzeit klar, sollte so etwas Schreckliches mal passieren, können wir nicht einfach weitermachen, als ob nichts geschehen wäre.“ Die Türen der Klangfabrik schlossen sich daher für immer.

Ende September 2022 wurde mit Entkernungsarbeiten begonnen. Jedoch auch hier tritt kontinuierlich die Vergangenheit zutage. Zuvor bildete neben dem „Steffi“ vor allem das „Pastiche“ den Treffpunkt für die „heute etwas ältere Generation“. „Hinter den Wänden haben wir noch die Teppichverkleidungen aus diesen Zeiten gefunden“, erzählen die Brüder.

In die Halle des Turm-Centers soll allerdings nie wieder eine Disco einziehen. „Die Szene hat sich in den letzten Jahren ohnehin stark gewandelt und stirbt wahrscheinlich aus. Das Publikum von damals gibt es heute so nicht mehr. Die Menschen suchen sich ihre Events gezielter aus, zum Beispiel Themenpartys oder Festivals. Früher gingen wir ebenfalls in die Disco, um die Musik unserer Stars zu hören. Doch die Kids machen sich heute ihre Stars über YouTube und Tiktok selbst. Die kommen nicht mehr von den Plattenfirmen.“

Sicherlich hat auch die Pandemie einen Teil zum Sterben der Club- und Discoszene beigetragen. „Das war für die Branche eine harte Zeit“, erläutern René und Pascal Frangenberg. Mit ihrer „Klang & Gastro GmbH“ sind sie aber weiterhin als Veranstalter unterwegs. Familien- und Märchenfeste, bis hin zu Event-Touren und Theater, zählen zu ihrem breitgefächerten Portfolio.

Während in die Obergeschosse die Bundeswehr einziehen wird, soll im Erdgeschoss ein neuer Veranstaltungssaal entstehen. „Wir wollen das fehlende Bindeglied für Kultur errichten. Das Rhein-Sieg-Forum bietet einen Saal für 400 Personen, beziehungsweise für über 2.000. Wir planen, die Mitte zu bedienen, mit rund 1.000 Besuchern.“ Die multifunktionale Eventlocation wäre für Konzerte, Comedy, Musical und Theater genauso geeignet, wie für Weihnachts- oder Betriebsfeiern. Der Betreiber des Turm-Centers, Hans-Paul Egge, trägt sich mit dem Gedanken, den industriellen Flair einfließen zu lassen und die Eigenschaften des Bauwerks ins Design zu übernehmen. „Der Eingang wird an die Seite verlegt und durch ein Forum mit Garderobe erweitert“, erklärt Pascal Frangenberg. „Hier wieder ein tolles Angebot für die Region zu etablieren, ist unser Wunsch. Schließlich sind wir mit Herzblut in Siegburg verwurzelt.“ Wie es aussieht, werden die Betreiber den Menschen erneut ein Ort des Miteinanders schaffen, jedoch nicht mehr mit lauter Discomusik, sondern eher mit leisen und anspruchsvollen Tönen. Was aus der Disco-Szene wird, kann keiner vorhersagen – vielleicht gibt es für kommende Generationen ein Revival, oder es bleiben einfach nur die schönen Erinnerungen an eine Zeit, in der man auf die Tanzfläche rannte, um zum aktuellen Lieblingssong „so richtig abzuheben“.