SKM-Ferienfreizeit für Obdachlose
Das Selbstwertgefühl stärken

Durch die finanzielle Unterstützung von Lutz-Peter Reinhardt (l.) konnte der Urlaub ermöglicht werden. SKM-Vorsitzende Monika Bähr (r.) verabschiedete die Reisegruppe persönlich. | Foto: Woiciech
  • Durch die finanzielle Unterstützung von Lutz-Peter Reinhardt (l.) konnte der Urlaub ermöglicht werden. SKM-Vorsitzende Monika Bähr (r.) verabschiedete die Reisegruppe persönlich.
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Troisdorf - Einmal ans Meer fahren und den Kopf so richtig frei bekommen. Dieser
Traum ist für sechs Bewohner der städtischen Notunterkunft „Haus
Godesberger Straße“ wahr geworden. Durch eine Spende des
Gewinnsparvereins der Sparda-Bank West, die 2.500 Euro sponserte,
konnten für diese Reise, die der Katholische Verein für soziale
Dienste im Rhein-Sieg-Kreis (SKM) organisierte, Fahrt- und
Verpflegungskosten gedeckt werden.„Niemand kann sich die Schicksale
dieser Menschen annähernd vorstellen. Deshalb habe ich direkt
‚Ja‘ zur Unterstützung gesagt“, so Sparda-Bank Filialleiter
Lutz-Peter Reinhardt, und der Diözesan-Caritasverband übernahm die
Kosten der gemieteten Bungalowhäuschen in Stee aan Zee in Holland.
Begleitet von den Sozialarbeiterinnen Veronika Bartonischek und Sylvia
Mertes ging es dann mit einem kleinen Bus auf die fünftägige Tour.

Geplant hatte die Truppe noch nichts, sie wollen lieber spontan
entscheiden, was ins Programm einfließen soll. Unter ihnen befindet
sich ebenfalls der 56-jährige Willy. Der Siegburger ist im Kölner
Severinsviertel aufgewachsen. Ausgebildet in der Domstadt zum
Verputzer und Anstreicher, war er darüber hinaus in einem
renommierten Kölner Restaurant als Aushilfe tätig. Allerdings hatte
der leidenschaftliche FC-Fan nicht immer Glück in seinem Leben.
„Ich bin schon mehrfach auf die Fresse gefallen, damit muss ich
fertig werden.“

Dafür, dass er von Zuhause ausziehen musste, gibt er sich selbst die
Schuld. „Meine Mutter und mein Bruder konnten da nichts für.“
Seit den 1980er Jahren lebte er auf der Straße, kam jedoch stets in
Notschlafstellen unter, etwa in der Annostraße. Die letzten neun
Jahre lebt er in der Troisdorfer Unterkunft. Von Bekannten hörte er
von dem Haus und fand eine neue Bleibe. Wie viele andere Obdachlose
hofft er auf eine bessere Zukunft, was für manche sehr schwer ist.

Die Perspektiven, ohne ein Domizil Fuß zu fassen, sind meistens
aussichtslos. Außerdem reichen ein Job und ein Zimmer nicht immer
aus. Oftmals fehlt der soziale Kontakt zu Mitmenschen, um in ein
geregeltes Leben zu rutschen. Auch für die Betreuer ist es nicht
einfach. „Jeder wird auf seine Weise mit den Belastungen fertig. Ich
bin ein gläubiger Mensch und bete. Die anderen haben andere Wege. Ich
bin stolz auf unsere Mitarbeiterinnen hier, die die Menschen
begleiten. Das erfordert viel Mut“, erläuterte Fachbereichsleiter
Bert Becker.

Häufig wechseln die Begleiter obendrein die Fachbereiche und gehen
zum Beispiel in die Wohnungslosenhilfe zum Bearbeiten von
Räumungsklagen. „Sie wollen auf diese Weise den sozialen Abrutsch
verhindern. Dann kommen wieder neue Leute in die Begleitung, mit
frischem Wind und allerlei Ideen.“

Das Ziel der Freizeit ist es auch, durch gemeinsame Erfahrungen die
Vertrauensbasis auszubauen und zu üben, Konflikte in der Gruppe zu
regeln und das Selbstwertgefühl zu stärken. Die Betreuten sollen
erfahren, dass ihre individuellen Fähigkeiten wichtig sind und sie
ihre Lebenssituation ändern können.

Zum Stichtag 30. Juni 2017 waren rund 900 Wohnungslose im
Rhein-Sieg-Kreis gemeldet, darunter 800 in den Heimen von 19 Kommunen,
sowie 100, die beim SKM anhängig waren. In Bonn gab es im Vergleich
rund 870. Erschreckend ist die Tatsache, dass die Zahl sich seit 2011
verdoppelt hat und zeigt, wie wichtig das Engagement in der
Wohnungslosenhilfe ist.

- Dirk Woiciech

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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