Interview
Herausforderungen durch den Onlinehandel

Gerrit Wöstenfeld, neuer Botschafter der Zukunfts-Initiative Troisdorf Innenstadt. | Foto: Ziti
  • Gerrit Wöstenfeld, neuer Botschafter der Zukunfts-Initiative Troisdorf Innenstadt.
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Troisdorf - Gerrit Wöstenfeld, Geschäftsführender Gesellschafter der Saturn
Electro-Handelsgesellschaft Troisdorf und Botschafter der
Zukunfts-Initiative Troisdorf Innenstadt, nimmt in einem
ZiTi-Gespräch Stellung zu aktuellen Herausforderungen des Handels im
Stadtzentrum.

Anlass für dieses Interview war der jüngst vorgelegte
IHK-Branchenreport für den Einzelhandel in der Region. An dem
Interview nahm auch Fabian Wagner teil, der bei der Troisdorfer
Wirtschaftsförderung TROWISTA für den Einzelhandel zuständig ist.

ZiTi: Herr Wöstenfeld, Troisdorf bewegt sich bei der Kaufkraft
unter Bundesdurchschnitt. Ist das auch Ihre Wahrnehmung?

Wöstenfeld: Wir sind mit dem Geschäft im vergangenen Jahr
zufrieden und wachsen kontinuierlich. Auch das Weihnachtsgeschäft war
sehr zufriedenstellend. Insgesamt sehen wir optimistisch in die
Zukunft des Handels in Troisdorf. Die Innenstadt punktet mit einer
sehr guten Verkehrslage und hervorragenden Parkmöglichkeiten. Wir
registrieren auch viele Kunden von außerhalb – zum Beispiel aus
Niederkassel.

ZiTi: Thema Online-Handel: In der Studie „Vitale Innenstädte
2016“ gab jeder fünfte Befragte an, die Innenstadt wegen des
Online-Handels seltener zu besuchen. Wie beurteilen Sie die Zukunft
des stationären Einzelhandels vor dem Hintergrund wachsender
Online-Kaufneigung?

Wöstenfeld: Es wird eine zunehmende Verschränkung des
virtuellen und realen Geschäftes geben. Wir erleben, dass immer mehr
Menschen bei uns online bestellen und die Ware dann in unserem Markt
abholen. Wenn sie das tun, nehmen Sie in meinem Markt direkt noch das
eine oder andere Zubehör mit oder kaufen spontan noch einen anderen
Artikel. Der direkte Zugriff auf die Ware, das Kauferlebnis und die
Möglichkeiten, Konsumgüter, deren Look & Feel man vor dem Kauf
erleben will, sichern die Berechtigung eines gut geführten und
inszenierten Handels auch für die stärker digital geprägte Zukunft
des Handels.

Fabian Wagner: Tatsächlich steht der stationäre Einzelhandel
aktuell unter Erneuerungsdruck. Das Einkaufverhalten vieler Menschen
ändert sich. Immer mehr Kunden kaufen online, diese Entwicklung
zeichnet sich praktisch überall ab. 2017 hat der Onlinehandel seinen
Umsatz wieder um rund zehn Prozent steigern können. Da ist Troisdorf
sicherlich keine Ausnahme. Gerade deshalb ist die Neugestaltung der
unserer Innenstadt aber auch eine wichtige Investition in die Zukunft.
Ein attraktives Umfeld lädt dazu ein, in der Fußgängerzone zu
verweilen und letztlich auch den Handel vor Ort zu unterstützen.

ZiTi: Herr Wöstenfeld, hat die Neugestaltung der Troisdorfer
Innenstadt im Zuge von ZiTi zu einer Belebung des Handels geführt?

Wöstenfeld: Wenn ich an den Fischerplatz denke, wo mit dem
Abendmarkt neues soziales Leben entstanden ist, kann man sicher sagen,
dass auch über die Frankfurter und Kölner Straße hinaus Bereiche
des Zentrums belebt wurden, die vorher wenig Frequenz hatten. Das
nützt uns in der Galerie, weil Kundenströme von der früheren Trasse
der B8 in Richtung Galerie Troisdorf gelenkt worden sind. In der
Werbeflut müssen die Menschen immer wieder daran erinnert werden,
dass es auch hier gute Angebote gibt. Insgesamt ist das, was an
Resonanz auf die Innenstadtmodernisierung bei mir eintrifft, positiv.
Ich würde mir wünschen, dass es im Zuge dieser Erneuerung noch
besser gelingt, die Menschen in einer Kreisbewegung von der früheren
Trasse der B8 zur Galerie und von dort wieder zur Hauptachse der
Fußgängerzone zurückzuführen. In diese Richtung sollten
Überlegungen bei der Ausrichtung neuer Events und Angebote gehen.

ZiTi: Noch einmal zurück zur digitalen Herausforderung des
Online-Handels: Wie kann und sollte sich der stationäre Einzelhandel
darauf einstellen?

Wagner: Es ist wichtig, dass gemeinsame Initiativen der
Stadtgemeinschaft, wie zum Beispiel Freifunk-WLAN oder unseren
zahlreichen Events in der City – von den Stadtfesten über den
Abendmarkt bis hin zur Schlemmertour – gemeinsam unterstützt
werden. Mit der TroCard und dem Stadtgutschein wird zusätzlich
Kaufkraft in Troisdorf gebunden. Über das zentrale Stadtportal
www.Troisdorf.city und die Troisdorf-App hat zudem auch jeder
Troisdorfer Händler die Möglichkeit, sich online zu präsentieren.
Durch die Bündelung der Online-Inhalte auf dem Portal erhöht sich
auch seine Auffindbarkeit im Internet deutlich. Der Kunde schaut im
Netz und kommt ins Geschäft.

Ich würde mich freuen, wenn der eine oder andere Troisdorfer Bürger
sich seiner Gestaltungsmacht als Kunde noch bewusster wird. Jeder
Euro, der in Troisdorf ausgegeben wird, trägt zur Aufrechterhaltung
des Angebotes und zu einer attraktiven Innenstadt bei. Insofern
plädiere ich dafür, erst einmal zu schauen, ob ich das, was ich
benötige vor Ort bekomme. So werden auch Arbeitsplätze in Troisdorf
gesichert.

Wöstenfeld: Über unser Unternehmensnetzwerk haben wir von
Saturn natürlich eine starke Online-Präsenz, die – wie bereits
ausgeführt – auch unseren stationären Handel befeuert. Für
kleinere Händler kann es eine gute Option sein, in einem gemeinsamen
Online-Auftritt zu kooperieren oder sich unter das Dach eines Portals
wie www.Troisdorf.city zu begeben. Sicher ist, dass auf Dauer niemand
erfolgreich Handel treiben können wird, der nicht auch einen
funktionalen Online-Arm hat. Wichtig ist, dass der Handel den
Online-Sektor nicht als Bedrohung, sondern als Chance sieht, Dann sind
wir auch in Troisdorf auf einem guten Weg.

Das Interview führte Carsten Seim für ZiTi.

Hintergrund

Eine aktuell veröffentliche GfK-Umfrage zeichnet übrigens folgendes
Bild, das die Notwendigkeit des Handelns verdeutlicht: Mehr als jeder
Zweite bestellt bei einem überregionalen Online-Portal, wenn er das
gewünschte Produkt nicht online beim eigenen Händler erhält.
Weitere 23 Prozent kaufen bei einem anderen Onlinehändler ein.
Insgesamt verlieren stationäre Einzelhändler demnach fast 80 Prozent
ihrer potenziellen Kunden, wenn sie nicht auch einen eigenen Webshop
betreiben. (Quelle: Bundesweite repräsentative GfK-Online-Umfrage)

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