Außergewöhnliche Fotografien
Schrottautos mit morbidem Charme
Troisdorf -
(uzk) Mit Rosalie hat alles begonnen. Die Zufallsbegegnung bei einem
Urlaub im Jahr 2009 in der Nähe von Cognac in Frankreich hat dem
Fotografen Dieter Klein einen neuen Impuls für seine Arbeit gegeben.
Dabei ist Rosalie keine Schönheit. Rosalie trägt deutliche Zeichen
des Alters. Der Zahn der Zeit hat an ihr genagt und genau aus diesem
Grund war es für Klein die Liebe auf den ersten Blick.
Rosalie ist nicht etwa eine alternde Dorfschönheit. Rosalie ist
Baujahr 1937, aus Blech, rostig und ein alter Citroën-Laster aus der
Baureihe „Rosalie“. Sie steht irgendwo vollkommen vergessen, ist
von Wind und Wetter gezeichnet und hält einen Dornröschenschlaf
umrankt von Holunderbüschen. Für Dieter Klein war es genau dieser
Anblick, der das Herz des Fotografen gewonnen hat. Seit der Begegnung
mit Rosalie ist der Fotograf in der Welt unterwegs und sucht nach
Schrottautos mit morbidem Charme.
Ein Wettlauf mit der Zeit
„Das Auto ist etwas uns sehr Vertrautes. Und dieses Vertraute in
einem nicht vertrauten Zusammenhang zu sehen, das faszinierte mich.
Ich begann zu recherchieren. Ich fand lauter verlassene Schrottplätze
in Europa und verewigte sie in einem Bildband“, berichtete Klein im
Interview mit dem „Spiegel“. Bei der Suche nach Schrottplätzen,
besser gesagt Motiven, hält Klein einen Wettlauf mit der Zeit. Immer
besteht ein Risiko, dass die Plätze abgeräumt werden und die Autos
final in der Schrottpresse landen.
Die längst vergessenen Schönheiten, die der Fotograf auf
einzigartige Weise in Szene setzt, findet er auf vergessenen Plätzen
in Belgien, Schweden und besonders in den USA. Den Kontinent der
gigantischen Schrottplätze, versteckter Garagen und privater
Grundstücke mit Schätzen, die vor sich hin dämmern, bereiste er
für seinen Doppelbildband „The Fabulous Emotion - Retired
Automobiles of North America“ vier Mal. In insgesamt 20 Wochen legte
er 42.000 Kilometer zurück und durchquerte dabei 39 Bundesstaaten.
Auf die Reisen hatte er sich durch Internetrecherche und Tipps
vorbereitet. „Auktionsportale sind eine gute Quelle“, erklärt
Dieter Klein. „Aber dann muss man schnell reagieren, sonst ist alles
weg.“
Wochenlang auf Suche in den USA
So entstand die Idee für das USA-Projekt als Klein von einer Auktion
in Enid, Oklahoma erfuhr. „Während der Reisen erhielt ich Tipps von
Bewohnern, die mich auf so manchen Ort aufmerksam machten, den ich
ohne die Hinweise niemals gefunden hätte.“ Von seiner USA-Reise hat
der Fotograf nicht nur seine Bilder, die wie Gemälde wirken,
mitgebracht, sondern auch die Erkenntnis, dass Fahrzeuge im „Land
der unbegrenzten Möglichkeiten“ anders betrachtet werden. „Dort
ist es nicht selten, dass Autos als Bestandteil der Familiengeschichte
und zur Wahrung von Erinnerungen abgestellt werden. Das kann schon mal
im Vorgarten sein. Bei uns wäre das nicht vorstellbar.“
Geduld, Langzeitbelichtung und Lichtakzente
Genau diesem Umstand verdankt Dieter Klein sein Lieblingsbild, seinen
„Big Shot“. Es zeigt einen pinken Dodge Pioneer aus dem Jahr 1960.
„Der Besitzer stellte ihn zwei Tage vor seinem Tod vor seinem Haus
ab. Aus Respekt vor dem Vater hat der Sohn den Wagen nicht mehr bewegt
und das Haus nicht mehr betreten - und das seit 1977“, erzählt
Dieter Klein. Er inszeniert dieses Bild wie alle seine Aufnahmen.
„Bei diesem Motiv habe ich auf ein bestimmtes Licht gewartet. Als
die Sonne unterging, verfärbte sich der Himmel passend zum Dodge
pink.“ Der Fotograf ist ein Meister der Szene und des Lichts, sein
Blick für seine Motive ist einzigartig. Er arbeitet mit
Langzeitbelichtungen und Fernauslöser, um „Wackler“ zu vermeiden.
Eine nachträgliche Bildbearbeitung lehnt er ab. Die beiden Bildbände
aus den USA sind ein einziges „Aha-Erlebnis“ und begeistern nicht
nur Autoliebhaber. Ergänzt werden sie durch kleine
Hintergrundgeschichten, die von zahllosen interessanten und skurrilen
Typen berichten, denen Dieter Klein auf seinen Reisen begegnet ist.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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