Palmen im Garten
Vom Archivkeller in den Tropengarten
Spich - „Wie ist das möglich? Was tun Sie damit im Winter?“ Ein Passant
verharrt staunend vor einer riesigen Palme in einem Vorgarten in
Spich. Reinhard Schreiner klärt auf: „Das ist eine Palme aus China.
Der Klimawandel macht es möglich, dass sie bei uns frei wachsen
kann.“
Bis vor zwei Jahren hat der promovierte Historiker im Archiv der
Konrad-Adenauer-Stiftung in Sankt Augustin gearbeitet. Sein
Spezialgebiet: Die Geschichte der Europäischen Integration. Darüber
hält Schreiner auch heute noch zahlreiche Vorträge, besonders an
Volkshochschulen. „Nur wer die beispiellose Erfolgsgeschichte der
Europäischen Union kennt, weiß, dass es sich angesichts der
aktuellen Krise lohnt, für Europa zu kämpfen“, sagt Schreiner.
Sein Vortrag vor der Deutsch-Französischen Gesellschaft in Speyer zum
55. Jubiläum des Elysée-Vertrags fand kürzlich große
Beachtung.Hobbygärtner war Schreiner schon immer. Als er vor 15
Jahren Bambus entdeckte, war das der Anfang einer großen
Leidenschaft. Bambus ist die Pflanze, die am schnellsten wächst, bis
zehn Zentimeter am Tag auch im deutschen Klima. Sie produziert
wunderschöne erbsengrüne, honiggelbe und lackschwarze Halme bis zum
Durchmesser eines Kölschglases und hat zarte lanzettförmige
Blätter. Bambus bringt asiatisches Flair in die heimischen Gärten.
Seit der Öffnung der Grenzen zu China gelangen immer neuere Sorten
nach Europa.
Der Umbau des „typisch deutschen“ Gartens mit Rasenfläche und
Umrandung mit Blütensträuchern nahm so bei Schreiner seinen Anfang.
Bananenstauden und Palmen kamen hinzu und schufen eine tropische Oase.
Reinhard Schreiner träumt jetzt in dieser grauen Jahreszeit vom
Sommer, wenn er wieder auf seiner Terrasse unter Palmenwedeln und
Bananenblättern liegen wird. Es fehlt dann nur noch der Strand und
der Südseeurlaub wäre perfekt.
Noch mal die Frage: Wie ist das möglich? „Entscheidend ist der
Klimawandel und die rapide steigende Erderwärmung der letzten
Jahre“, erläutert Schreiner. „Die tropische Zone der Erde wird
immer heißer und trockener, Tiere und Pflanzen weichen in Richtung
Norden aus. Die Hanfpalme zum Beispiel, eine typische Pflanze des
Mittelmeers, gedeiht jetzt am besten in der südlichen Schweiz, auch
im westlichen Mitteleuropa kann sie inzwischen problemlos das ganze
Jahr hindurch im Garten gehalten werden.“
Andererseits sei der Klimawandel noch nicht so weit fortgeschritten,
dass die meisten tropischen Pflanzen in Deutschland frei ausgepflanzt
werden können. Das Problem sind harte Winter. Längere Frostperioden
können auch einheimischen Pflanzen den Garaus machen. Prädestiniert
wegen des Klimas sind in Deutschland der Westen ohne Mittelgebirge,
der Kaiserstuhl, die Kölner Bucht und Teile der Nord- und
Ostseeküste. In Ostdeutschland und in höheren Lagen wird es
problematischer.Allerdings gibt es tropische Pflanzen, die so
winterhart sind, dass sie bei Minustemperaturen von 15 oder 20 Grad
überleben. Das sind bei Bambus und bei Feigen viele Arten, bei
Bananen am besten nur die Japanische Faserbanane (Musa Basjoo) und bei
Palmen die Hanfpalme (Trachycarpus Fortunei). Darüber hat Schreiner
mit der Reihe von Ebooks publiziert, die den Namen „Reinhards Reihe
Exoten im Garten“ trägt. Zum Thema startet er auch in diesem Jahr
mit einer Vortragsreihe an Volkshochschulen.
Der Naturmensch Reinhard Schreiner ist auch begeisterter Radfahrer.
Einige Wochen im Sommer fährt er als Reiseleiter auf der Mosel auf
einem Kreuzfahrtschiff. Als Radguide organisiert und begleitet er
daneben mehrtätige Radtouren in kleinen Gruppen. Bei diesen steht
nicht die sportliche Betätigung an erster Stelle, sondern das Erleben
der moselländischen Kultur auf den Spuren der Kelten, Römer und
Franken, aber auch der Genuss der märchenhaften Landschaft und des
wunderbaren Moselrieslings.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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