Mundorgelsingen
Mit bunten Fahnen und vergangenem Winter

Dicht drängten sich die Mitsänger*innen vor der Bühne. Jürgen Hennlein gab den Ton an.              | Foto: Waldbröl erleben/Wir für Waldbröl GmbH
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  • Dicht drängten sich die Mitsänger*innen vor der Bühne. Jürgen Hennlein gab den Ton an.
  • Foto: Waldbröl erleben/Wir für Waldbröl GmbH

Waldbröl (eif). Fragt man die Kinder von heute nach der Mundorgel, erntet man ratlose Blicke. Das war früher anders: Das Liedheftchen, das es anfangs für 50 Pfennig zu kaufen gab, war über viele Jahre eines der populärsten Liederbücher in West-Deutschland.Besaß Anfang der 70er Jahre noch jedes zweite Kind im Alter von zehn bis 15 Jahren eine Mundorgel, so nannte Mitte der 90er Jahre nur noch jedes sechste Kind das Liederbuch sein Eigen. So war es nicht verwunderlich, dass das ältere Publikum beim Mundorgelsingen auf dem Kirchplatz in der Mehrzahl war. Aber, immerhin versammelten sich um die hundert Mitsänger*innen vor der Lkw-Bühne, auf der Jürgen Hennlein mit der Gitarre Position bezogen hatte.

Leo Wehling, Sprecher des Fördervereins „Waldbröl erleben“ hatte die Idee zu dem Mitsing-Event gehabt und fand in Theo Schüller, dem Geschäftsführer der „Wir für Waldbröl GmbH“ einen engagierten Mitinitiator. Und die Gäste waren begeistert. Viele hatten ihre alten Mundorgeln hervorgekramt, aber es gab auch neue zu kaufen. Jürgen Hennlein ging auf die Geschichte des kleinen Liedbuches ein, die 1951 in einem Sommerlager des Evangelischen Jungmännerwerkes, Kreisverband Köln ihren Lauf nahm.

Die Idee war, für die Zeltlagerarbeit ein handliches Liederbuch zusammenzustellen. Die vier Kölner Jugendgruppenleiter und Studenten Dieter Corbach, Ulrich Iseke, Hans-Günther Toetemeyer und Peter Wieners erstellten die erste Ausgabe der Mundorgel, die erstmals 1953 erschien. Sie wollten damit die Textsicherheit der Jugendlichen auch über die erste Strophe hinaus verbessern. Es sollte ein kleines Liederbuch im praktischen Hemdtaschenformat sein. Lieder für die Bibelarbeit und für das Singen am Lagerfeuer sollten dabei sein. Das Buch erschien zunächst in grünem – passend zum grünen Fahrtenhemd des CVJM –, später in violettem und schließlich als Notenausgabe mit rotem Einband.

Ein Teil des Inhalts sind religiöse Lieder, weil die Mundorgel anfangs für christliche Jugendgruppen gedacht war. Den Hauptteil bilden jedoch bekannte Volkslieder, kritische Lieder und Kanons. Die Mundorgel wurde mehrfach überarbeitet. So fielen Lieder weg, die in der Zeit des Nationalsozialismus von der Hitler-Jugend bevorzugt wurden. Auch auf Texte, in denen von „Negern“ oder „Zigeunern“ die Rede war oder die allzu militaristisch ausgelegt waren, wurde verzichtet.

1964 erschien neben der gewohnten Textedition die erste Notenausgabe mit Gitarrengriffen. Inzwischen wurde das Liederheft bisher rund 14 Millionen Mal verkauft. Rund 11 Millionen Exemplare entfallen auf die Text- und 3 Millionen auf die Notenausgabe.Jürgen Hennlein hatte für seine Mitsänger*innen ein zweistündiges Programm zusammen gestellt, das mit Friedensliedern we „We shall overcome“ oder „Sag‘ mir, wo die Blumen sind“ startete.

Natürlich durften auch Klassiker wie „Wenn wir erklimmen schwindelnde Höhen“, „Der Winter ist vergangen“ und „Wenn die bunten Fahnen wehen“ nicht fehlen. Auch Shantys wurden gesungen und sogar Kanons prima umgesetzt.

Die Initiatoren waren von der großen Resonanz begeistert und wollen das Event im kommenden Jahr wiederholen. Der Bürgerbus-Verein hatte die Möglichkeit des kostenlosen Personen- Transports von der AWO und CBT zum Kirchplatz angeboten, die auch dankbar angenommen wurde. Sogar aus dem Rheinland waren Gäste angereist.

Dicht drängten sich die Mitsänger*innen vor der Bühne. Jürgen Hennlein gab den Ton an.              | Foto: Waldbröl erleben/Wir für Waldbröl GmbH
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RAG - Redaktion

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