Katastrophe Kochertal
Um 19.30 Uhr kam der Berg

Der Bürgermeister von Braunsbach, Frank Harsch (Mitte) zeigt Rudi Jendrny und Reinhard Grüber (r.) beeindruckende Bilder von den Auswirkungen der gewaltigen Sturzflut.   | Foto: Jürgen Sommer
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Waldbröl/ Braunsbach - Jener 29. Mai 2016 sollte eigentlich ein ganz entspannter
Samstagabend werden! Es ist 19.30 Uhr und Frank Harsch, Bürgermeister
der kleinen Gemeinde Braunsbach in Baden Württemberg, ist nach der
Theaterprobe der Laienspielschar nur noch einmal kurz ins Rathaus
gegangen. Es regnet.

Doch als der 45-Jährige aus dem Fenster der Amtsstube schaut glaubt
er seinen Augen nicht zu trauen: Dicke Geröllmassen, Steine, Schlamm,
Bäume und mitgerissene Autos bewegen sich auf das Rathaus zu. Hastig
gewährt der Bürgermeister noch einigen Motorradfahrern Unterschlupf
im Rathaus, bevor die Katastrophe den Ort im Kochertal brutal trifft.

Die Notrufleitungen brechen zusammen. Innerhalb einer Stunde verteilen
sich 80 000 Tonnen Geröll, die allein 180 Autos erfassen, in dem
kleinen 800 Jahre alten Braunsbach mit seinen heute 990 Einwohnern.
Überall Zerstörung und Verwüstungen. Ursache war ein
Starkregenereignis, bei dem auf der 200 Meter über dem Ort gelegenen
Hochfläche innerhalb von zwei Stunden 180 Millimeter Niederschlag pro
Quadratmeter fielen.

Über eine Schlucht nahmen die Wassermassen den Weg ins Tal und rissen
mit unglaublicher Gewalt alles mit was im Weg war. Und am Ausgang
dieses „Canyons" liegt der Ort Braunsbach, der Rest ist
selbsterklärend…! Einen Tag vor dem Jahreswechsel sitzt Harsch in
Waldbröl am Tisch bei seinem Freund Reinhard Grüber. Zu Waldbröl
hat der Braunsbacher Bürgermeister noch viele Verbindungen. Mitglied
im VVV ist er immer noch und bevor er sich auf die
Bürgermeisterstelle in Baden Württemberg bewarb, war er drei Jahre
für das Stadtmarketing in Waldbröl zuständig.

Das ist 13 Jahre her. Harsch war vor allem gekommen, um sich für die
1000 Euro-Spende zu bedanken, die Reinhard Grüber, Ehrenvorsitzender
des VVV, gemeinsam mit dem ehemaligen Vorstandsmitglied Rudi Jendrny,
spontan gesammelt hatten. Insgesamt sind 3000 Einzelspenden von 200
Euro bis zu 250 000 Euro bei uns eingegangen, erklärt Harsch, immer
noch überwältigt von so viel Hilfsbereitschaft.

Natürlich ist der 29. Mai 2016 auch an diesem Tag Thema Nummer eins.
Bilder werden am Tisch herumgereicht und Harsch erinnert sich an
manche unglaubliche Einzelheit.

So auch an den Autofahrer, der in seinem Fahrzeug eingeschlossen unter
Todesangst drei Kilometer weit von dem kleinen Flüsschen „Kocher"
mitgerissen wurde. Man bekommt einen Eindruck von jenem
Großschadensereignis, wie es im Amtsdeutsch heißt. Nüchtern liest
sich das Ergebnis so:

Keine Menschen zu Tode gekommen, keine ernsthaft Verletzten, 100
Millionen Euro Schaden und eine Wiederaufbauphase von vier bis fünf
Jahren. Und was wünscht sich ein Bürgermeister in einer solchen
Situation für das Jahr 2017? Die Antwort des sportlich dynamisch
wirkenden Mannes kommt ohne Zögern: „Mein Wunsch ist es, dass wir
das positive Grundgefühl bei den Bürgern trotz aller Schwierigkeiten
aufrechterhalten können!" Harsch sieht die Gefahr, dass die Stimmung
kippen könnte, denn die jahrelange Wiederaufbauphase mit endlosen
Baustellen zehrt an den Nerven.

Doch trotz aller Probleme sieht Harsch mit viel Zuversicht in das
kommende Jahr: „Die Zerstörung durch die Sturzflut machte einen
Neuanfang notwendig und darin sehen wir unsere große Chance für den
Ort Braunsbach und seine Menschen!"

Die Waldbröler Spende wird in Braunsbach in die Umgestaltung des
Marktplatzes einfließen.

- Jürgen Sommer

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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