Ganz Helzen fuhr fort
Von „Gammelbert“ und der Motorradgang
Waldbröl/Helzen - Die Bushaltestelle in Helzen war für die 48 Einwohner des
südlichsten Ortes der Stadt Waldbröl und des Oberbergischen Kreises
seit eh und je das Schlupfloch in die große Welt. Unter dem Motto
„Helzen fährt fort“ hatten sich am Wochenende die Dorfbewohner
nahezu komplett dort eingefunden, um nach einem zünftigen
Sektfrühstück für ein paar fröhliche Stunden Abschied von ihrem
Heimatort zu nehmen. Man kutschierte gegen Mittag mit einem
gecharterten Bus nach Marienthal.
Mit den Helzern, das wurde schnell klar, war auch die Fröhlichkeit
zugestiegen.
Es wurden Anekdoten aus den 50er und 60er Jahren erzählt, als
beispielsweise die „Helzer Motorradgang“, in den damals modernen
schwarzen Ledermänteln mit den Herzensdamen auf dem Soziussattel, das
Rhein-, Ahr- und Moseltal unsicher machte.
Die meisten der damaligen „Helzer-Biker“, die auf Miele, Zündapp
und BMW unterwegs waren, sind schon lange verstorben, leben aber in
den Erinnerungen weiter.
Dass man nun Marienthal als Ziel ausgewählt hatte, kam nicht von
ungefähr: Uwe Steiniger (47), ein Helzer Junge, hat sich vor Jahren,
aus dem evangelischen Helzen kommend, in die katholische Enklave
Marienthal „eingeschmuggelt“ und sich im dortigen, ehemaligen
Franziskanerkloster als Gastronom niedergelassen! Es sei ihm
allerdings noch nicht gelungen einen Martin-Luther-Platz in Marienthal
zu etablieren, feixte der, mit viel Mutterwitz ausgestattete
Neu-Marienthaler.
Er beköstigte die Gesellschaft bei tollem Wetter auf der
Kloster-Terrasse, um sie anschließend mit einem von ihm getexteten
kleinen Theaterstück zu überraschen. Mitglieder der Hurster
Hobbybühne, darunter die „Helzer Mädchen“ Anke und Hella
Gehlhausen, setzten in famoser Spiellaune den längst vergessen
geglaubten Klatsch und Tratsch aus dem Dorf in Szene.
Für die skeptischen Dörfler wurde damals aus einem mit natürlichem
Schimmel überzogenen „Camenbert“ ruck zuck ein ungenießbarer
„Gammelbert“. Konsequenz: Fott domit! Ansichtskarten verlas der
Briefträger in alten Zeiten hinter vorgehaltener Hand häufig seinen
„Vertrauenspersonen“, bevor die Karte im Briefkasten des
Empfängers verschwand.
Sehr zur Freude und zum Amüsement der Daheimgebliebenen! Nach einem
Rundgang, bei dem Steiniger die Historie des ehemaligen Klosters, mit
Humor und Esprit garniert, präsentierte, versammelte sich die
Dorfgemeinschaft im Saal, um mit viel Freude alte Fotos anzuschauen.
Kerstin Müller (49), geborene Schmidt, die gemeinsam mit Uwe
Steiniger die Idee zu diesem Dorf-Ausflug hatte, projizierte die
digitalisierten Fotoschätzchen auf eine Leinwand. Als dort der Text
der Helzer Hymne erschien war klar, dass Hedwig Wienand (89) als
älteste Teilnehmerin, der siebenjährigen Nelli Leon, der jüngsten
Teilnehmerin, den Text bis zum nächsten Ausflug beigebracht haben
wird, wenn wieder gemeinsam angestimmt wird : „Helzen ist schön,
das muss ich gestehn, ich habe im Leben nichts Schöneres gesehen!
Holladihi, Holladijo…!“
- Jürgen Sommer
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.