Abwahlverfahren
Anne Horst bleibt Bürgermeisterin
Weilerswist - Darf Sie bleiben? Oder muss Sie gehen? Die Frage nach der Zukunft
der Weilerswister Bürgermeisterin Anna-Katharina Horst wurde am
heutigen Sonntag beantwortet. Als erste Bürgermeisterin überhaupt im
Kreis Euskirchen musste sie sich einem Abwahlverfahren stellen. Dieses
jedoch wurde zu einem Triumph für die Amtsinhaberin. Denn rund drei
Viertel aller Wahlgänger stimmten mit „Nein“, also gegen die
Abwahl von Anne Horst.
Rückblende: Anfang September hatte der Gemeinderat die Einleitung
dieses Verfahrens mit einer deutlichen Mehrheit beschlossen. 26 von 34
Ratsmitgliedern hatten sich dafür entschieden. Für Anne Horst
votierten seinerzeit lediglich die vierköpfige Grünen-Fraktion sowie
ein Mitglied der CDU-Fraktion.
Doch so eindeutig das Votum des Gemeinderates auch ausgefallen war,
die Meinung der Bevölkerung von Weilerswist war deutlich
differenzierter. Tatsächlich gab es eine ganze Reihe von Menschen,
die Anne Horst ihres Amtes entheben wollten. So hatte zum Beispiel im
Juni dieses Jahres eine Facebook-Gruppe verkündet, Unterschriften
für ein Abwahlverfahren gegen die Bürgermeisterin sammeln zu wollen.
Vorgeworfen wurde Anne Horst, dass sie eine Sporthalle sinnlos für
bis zu eintausend Flüchtlinge vorhalte, obwohl dort nur wenige
Migranten untergebracht seien. Auch die bis dato nicht umgesetzte
Erweiterung einer Kindertagesstätte wurde der Verwaltungschefin
angelastet. Und grundsätzlich unterstellen die Horst-Kritiker der
Bürgermeisterin vor allem fehlende Transparenz bei der Amtsführung.
Ihre eigene Partei, die CDU, stellte sich zunächst geschlossen hinter
Anne Horst. Dass sich der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Josef Schäfer
an der Unterschriftensammlung zum Amtsenthebungsverfahren der
Bürgermeisterin beteiligt hatte, stieß bei dessen CDU-Pendant Hans
Peter Nußbaum auf wenig Verständnis. Das Vertrauen in die
Listengemeinschaft sei damit zerstört, erklärte Nußbaum seinerzeit.
Diese Aussage war jedoch binnen kürzester Zeit hinfällig. Sechs
Wochen später trat Anne Horst aus der Partei aus. Auslöser war, dass
- bis auf die Grünen - alle Fraktionen einer von Anne Horst
anberaumten Sitzung zum Thema Haushalt ferngeblieben waren, um sich,
so Horst damals, „stattdessen im stillen Kämmerlein über ihr
weiteres Vorgehen gegen mich abzustimmen.“ Tatsächlich kündigten
CDU, SPD und FDP kurze Zeit später die Zusammenarbeit mit der
Bürgermeisterin auf und leiteten ein Abwahlverfahren in die Wege.
Auf der anderen Seite gibt es nicht wenige Menschen in der Gemeinde
Weilerswist, die das Abwahlverfahren gegen Anne Horst abgelehnt haben.
Erst kürzlich hatte sich eine Gruppe von Bürgern zusammengefunden
und an die Weilerswister Bürger appelliert, bei der Wahl mit
„Nein“ zu stimmen und die Abwahl von Anne Horst zu verhindern.
Alles, was in dieser Gemeinde nicht „funktioniert“ werde seit mehr
als einem halben Jahr öffentlichkeitswirksam der Bürgermeisterin
angelastet. Dabei sei Anne Horst zu dem Zeitpunkt, zu dem die Mehrheit
der Weilerswister Ratsmitglieder sich bereits öffentlich gegen sie
gewandt hätte, erst ein knappes halbes Jahr im Amt gewesen, sagen die
Köpfe der Horst-Befürworter-Gruppe, Karl Bialas, Lothar Sobotta,
Michael Oebel, Fritz Mahlberg, Dr. Friedrich Traskalik, Fritz Lauscher
und Manfred Kill.
Die meisten Ratsmitglieder seien dagegen seit Jahren, teilweise
Jahrzehnten Mitglieder des Gemeinderates und in dieser Funktion „mit
verantwortlich für Fehlplanungen und die Haushaltsführung der
letzten Jahre“. Bei den Initiatoren hatten sich in kürzester Zeit
schon weit mehr als 100 Unterstützer in Listen eintragen lassen.
Im Weilerswister Rathaus hatte der Ton zuletzt deutlich an Schärfe
zugelegt. Sachlich diskutiert wurde in Rat und Ausschüssen kaum noch.
So kürzte der Rat etwa die Verfügungsmittel der Verwaltung von
bislang 10.000 auf magere 1000 Euro. Und CDU und FDP forderten Anne
Horst zwischenzeitlich gar zum sofortigen Rücktritt auf. Dieser Bitte
ist die Bürgermeisterin freilich nicht nachgekommen. „Die Wähler
sollen entscheiden“, sagt Anne Horst.
Exakt 402 Tage nach ihrer Vereidigung musste sich die 54-jährige
Lommersumerin nun also dem Votum der Wähler stellen. Und die
deutliche Mehrheit der 14.775 wahlberechtigten Bürgerinnen und
Bürger der Gemeinde setzten ihr Kreuz bei „Nein“. Sie sprachen
sich damit also gegen die Abwahl von Anne Horst aus.
In allen 13 Stimmbezirken sprach sich die Mehrheit der abstimmenden
Personen für einen Verbleib von Anne Horst im Amt aus – teilweise
sogar sehr deutlich. In Lommersum zum Beispiel, dem Wohnort der
Bürgermeisterin, stimmten fast 85 Prozent mit „Nein“. Auch in
Metternich war das Ergebnis mit mehr als 83 Prozent überaus deutlich.
Am knappsten war das Votum in einem der drei Briefwahlbezirke. Dort
machten „nur“ gut 62,8 Prozent ihr Kreuz bei „Nein“. Im
Stimmbezirk 6, zu dem Klein-Vernich, Horchheim und ein Teil von
Groß-Vernich gehören, votierten „nur“ gut 64 Prozent gegen die
Abwahl der Bürgermeisterin. Insgesamt stimmten 70,7 Prozent für Anne
Horst.
Enttäuschend die Wahlbeteiligung bei diesem so wichtigen Thema, dass
viele Menschen in der Gemeinde in den vergangenen Monaten zu bewegen
haben schien: Sie lag gerade einmal bei 43,05 Prozent. In absoluten
Zahlen ausgedrückt waren lediglich 1849 Menschen in der Gemeinde
Weilerswist dafür, dass Anne Horst abgewählt werden soll, 4459
hingegen waren dagegen.
Ob nun endlich Ruhe im Rathaus einkehrt, bleibt abzuwarten, denn die
Fraktionsspitzen von CDU und FDP haben einen Rücktritt für sich
ausgeschlossen. Sie seien schließlich bis 2020 gewählt, hatten Hans
Peter Nußbaum und Hans-Josef Schäfer bereits im Vorfeld unisono
verkündet.
Wie nun künftig die Zusammenarbeit mit dem Rat aussieht, müsse man
schauen, so Anne Horst. Für sie ist jedenfalls klar: „Ich bin
bereit, jedem die Hand zu reichen, der zu einer sachlichen und
konstruktiven Zusammenarbeit zum Wohl der Gemeinde Weilerswist bereit
ist.“
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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