Ehemalige Stadthalle
Filetstück wird bald bebaut
Zülpich - (pp). Es ist ein Meilenstein für die Lebenshilfe HPZ im Kreis
Euskirchen und laut Bürgermeister Ulf Hürtgen „ein guter Tag für
Zülpich“: Im geplanten Neubau eines dreigeschossigen Wohn- und
Bürohauses an der Bonner Straße in Zülpich wird die Lebenshilfe HPZ
ihren neuen Verwaltungs-, Bildungs- und Beratungsschwerpunkt
bilden.
Dazu erwirbt das gemeinnützige Unternehmen das komplette Erdgeschoss
in dem Neubau für 2,5 Millionen Euro und richtet dort Verwaltung,
Akademie und Beratungszentrum auf einer Gesamtfläche von rund 950
Quadratmetern ein. Einziehen sollen dort die noch in Bürvenich
beheimatete Verwaltung der Lebenshilfe HPZ, die 2017 gegründete
HPZ-Akademie, eine Autismus-Ambulanz sowie die Beratungsstellen
Familienunterstützender Dienst (FuD) und Betreutes Wohnen (BeWo).
Beabsichtigt ist außerdem ein Medizinisches Behandlungszentrum für
Erwachsene mit geistiger Behinderung (MZEB).
Die Bauarbeiten für das Gebäude, das im Rahmen einer Pressekonferenz
in Zülpich vorgestellt wurde, starten voraussichtlich im November.
Rolf K. Emmerich, Geschäftsführer der Lebenshilfe HPZ, rechnet
damit, die neuen Räumlichkeiten Ende 2019 beziehen zu können.
Der Projektentwickler Udo Brückner von der BTB Zülpich GmbH als
Bauherr und Bauunternehmer Wim ten Brinke von der Firma „Ten Brinke
Bau“ als Generalunternehmer stellten die Gesamtpläne vor. Insgesamt
investieren sie in Zülpich knapp zehn Millionen Euro. Dazu gehört
der aus zwei Blöcken bestehende, durch Galerien verbundene
dreigeschossige Neubau, in den pro Block 13 Eigentumswohnungen mit
einer Größe von 80 bis 135 Quadratmetern angeboten werden sollen.
Die Investoren haben aber auch das benachbarte Brauhaus gekauft und
werden es sanieren. Die Vermarktung soll ab Ende September beginnen.
Die Nachfrage nach Eigentum in der Stadt ist groß.
„Die Lebenshilfe HPZ richtet sich für die Zukunft aus und das
mitten im Herzen von Zülpich“, erklärte Rolf Emmerich vor
Medienvertretern. Die Stadt Zülpich stehe traditionell im Mittelpunkt
der Lebenshilfe-HPZ-Überlegungen. Jetzt gebe es neben dem bisherigen
Heilpädagogischen Zentrum Bürvenich und Wohneinrichtungen eine
administrative Schwerpunktverlagerung in die Kernstadt.
Der Gebäudekomplex an der Bonner Straße soll an der Stelle errichtet
werden, an der sich bis Dezember 2012 die Stadthalle befand.
Bürgermeister Ulf Hürtgen bezeichnete die Fläche als
Filetgrundstück der Stadt. Direkter Nachbar ist die bereits
vorhandene HPZ-Einrichtung für Betreutes Wohnen. Weitere Aktivitäten
der Lebenshilfe HPZ in Zülpich sind geplant, so Rolf K. Emmerich.
Die Lebenshilfe HPZ hat sich bewusst mit den Investoren auf die
Nutzung des Erdgeschosses geeinigt. „Wir wollen so kundenfreundlich
wie möglich für körperlich eingeschränkte Menschen sein“, so
Emmerich. Der gesamte Bereich sei barrierefrei ohne Treppen und
Aufzüge und deshalb problemlos auch für Menschen mit Rollstuhl
erreichbar. Direkt vor dem Haus wird es darüber hinaus rund 20
Parkplätze geben.
Auch die Nähe zum „BeWo“-Haus ist von Vorteil. Während eines
Beratungsgesprächs mit Kunden kann in Zukunft direkt gezeigt werden,
wie Betreutes Wohnen funktioniert und wie die Menschen in ihren
eigenen Wohnungen selbstständig leben können. Dazu muss nur das
Beratungszentrum verlassen und das Nachbarhaus betreten werden.
Gute Gründe gibt es auch für den Umzug der zurzeit noch
zwölfköpfigen Verwaltung von Bürvenich in die Kernstadt, so der
Geschäftsführer: „In Bürvenich sind wir mit der Verwaltung in der
Villa Nagelschmidt am Ende der Kapazität angekommen.“ Hinzu komme
die bessere Anbindung Zülpichs an den Öffentlichen
Personennahverkehr.
Das ist wichtig für Menschen, die auf die Hilfe und Beratung des HPZ
angewiesen sind und mit dem Bus anreisen müssen. Die Bushaltestelle
Adenauerplatz ist bloß einen Steinwurf vom neuen HPZ-Beratungszentrum
entfernt. „Nur unser Know-how soll wandern, nicht aber unsere
Kunden. Der Umzug ist deshalb eine logische Konsequenz“, so Rolf
Emmerich.
Stichwort Know-how: Wissen und Können soll im Neubau ebenfalls
vermittelt werden, und zwar in der HPZ-Akademie. Dort sollen
zukünftige und vorhandene Fachkräfte „fitgemacht“ werden, so der
Geschäftsführer: „Wir planen auch Angebote für externe
Seminarteilnehmer, also Betreuer, Therapeuten und Begleiter aus
anderen, nicht der Lebenshilfe HPZ angehörenden Häusern für
gehandicapte Menschen.“
Der Lebenshilfe HPZ ist es gelungen, bundesweit bekannte Seminarleiter
zu gewinnen, etwa Thore Volquardsen, mit dem die gemeinnützige
Gesellschaft schon mehrmals zusammengearbeitet hat und beabsichtigt,
dies auch zukünftig zu tun. Die HPZ-Akademie verfügt über einen
eigenen Eingang auf der Seite des Gebäudes in Richtung Brauhaus sowie
einen eigenen Sanitärbereich, ist also nicht von den Öffnungszeiten
der übrigen Verwaltung abhängig.
Seinen Namen trägt das HPZ-Beratungszentrum nicht von ungefähr: Dort
entstehen Beratungsstellen für den Familienunterstützenden Dienst
und das Betreute Wohnen sowie eine Autismus-Ambulanz in Zülpich.
An das Erfolgsmodell Autismus-Ambulanz, das 2007 in Bürvenich
gestartet ist und mittlerweile auch in Düren, Brühl und Euskirchen
angeboten wird, erinnert auch das, was die Lebenshilfe HPZ mit
Kooperationspartnern wie dem Kreiskrankenhaus Mechernich und der
Fachklinik Marienborn als dringende Notwendigkeit für die Menschen
mit Behinderung erachtet: die Errichtung eines in der Nahregion
einmaligen Medizinischen Behandlungszentrums für Erwachsene mit
geistiger Behinderung (MZEB).
Treffen, in denen mit den Geschäftsführern des Kreiskrankenhauses
Mechernich und der Fachklinik Marienborn über die Ansiedlung
gesprochen wurde, haben bereits stattgefunden. Gespräche mit der
Kassenärztlichen Vereinigung werden unmittelbar aufgenommen.
Vergleichbare Angebote gibt es momentan nur in Aachen und Köln.
„Die Region dazwischen ist noch ein weißer Fleck“, so Rolf
Emmerich.
In einem MZEB wird das Konzept der Sozialpädiatrischen Zentren
fortgeführt, die sich an Menschen mit Behinderung bis 18 Jahre
richten. „Im Anschluss daran fehlen Versorgungsmöglichkeiten für
Behinderte, die erwachsen werden“, weiß Emmerich. Deshalb richtet
sich ein MZEB zum einen an die Menschen mit Behinderung ab 18 Jahren,
aber auch an Menschen, die sich erst im Erwachsenenalter Behinderungen
zuziehen, etwa durch Unfälle oder Krankheiten.
Im HPZ-Beratungszentrum stünden Räumlichkeiten auf rund 200
Quadratmetern zur Verfügung, in denen die geistig behinderten
Menschen dann von niedergelassenen Ärzten und Medizinern aus
umliegenden Kliniken ambulant behandelt werden könnten, so Rolf K.
Emmerich.
„Wir haben eine fast 50-jährige Erfahrung in der Arbeit mit und dem
Verständnis von Menschen mit Behinderung“, beschreibt Emmerich,
warum sich die Lebenshilfe HPZ für die Errichtung des MZEB engagiert.
In diesem halben Jahrhundert habe sich die Einrichtung eine hohe
Kompetenz im Umgang mit kommunikationseingeschränkten Menschen
erworben. „Wir sind aus diesem Grund in der Lage, einzuschätzen,
dass ein solches MZEB dringen benötigt wird“, sagte Emmerich. Die
Lebenshilfe HPZ würde im MZEB die Koordinierungsaufgabe übernehmen.
Auch wenn der strategische Bereich zukünftig in Zülpich beheimatet
ist, muss man laut Rolf Emmerich keine Angst um den Standort
Bürvenich, an dem die Lebenshilfe HPZ seit 1971 beheimatet ist, und
die Nutzung der Villa Nagelschmidt, in der die Verwaltung derzeit
ansässig ist, haben. Im Gegenteil: In Bürvenich wird ein neuer
Schwerpunkt installiert: das interdisziplinäre Team. Dieser
Zusammenschluss von Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen
wurde bereits gegründet, die Arbeit im Kompetenzzentrum wird aber
ausgebaut.
„Dieses Team rekrutiert sich zu 99 Prozent aus Fachleuten aus dem
eigenen Haus. Dadurch kann es im Notfall sofort zusammenkommen und
sich beraten“, ist Emmerich stolz. Dazu gehören Sozialpädagogen,
Autismus-Therapeuten, Sozialarbeiter, Heilpädagogen,
Heilerziehungspfleger, Erzieher, Gesundheits- und Krankenpfleger,
Deeskalationstrainer, Kinderpfleger, Ernährungsfachleute,
Musik-Therapeuten, Ergotherapeuten, Hygienefachleute,
Rehabilitationspädagogen sowie Sonderpädagogen aus der
Inhouse-Schule, einer Zweigstelle des Kooperationspartners
Hans-Verbeek-Schule aus Euskirchen.
Das interdisziplinäre Team ist Ansprechstelle für
Entwicklungsstörungen aller Art, macht Netzwerkarbeit und beobachtet
kritisch die Entwicklung der Klienten. Regelmäßig kommt es zusammen,
um sich auszutauschen.
In die ebenfalls am angestammten Sitz Bürvenich befindliche Villa
Nagelschmidt soll außerdem die Administration der Einrichtungsleitung
einziehen. „Dabei handelt es sich um die direkten Zuarbeiter für
die Einrichtungsleitungen“, erklärte Emmerich der Presse. Wegen der
Änderungen durch das Bundesteilhabegesetz müssen die ambulanten und
stationären Einrichtungen der Lebenshilfe HPZ den Bedingungen des
Gesetzgebers angepasst werden. Diese zusätzlichen Anforderungen
machen die Bündelung der direkten Verwaltung der 13 HPZ-Standorte
nötig.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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