Kirchbau mit Hindernissen
140 Jahre St. Jakobus Gielsdorf
Alfter-Gielsdorf - (fes) Klein, aber fein: Ganz in Weiß heißt die Gielsdorfer
Pfarrkirche St. Jakobus ihre Besucher willkommen. Besonders
eindrucksvoll lässt sich der Blick auf das pittoreske Gotteshaus von
der Blechgasse aus genießen. 140 Jahre ist es her, dass der
Grundstein für die Kirche gelegt wurde. Die Gläubigen der drei
Mittelgemeinden Impekoven, Oedekoven und Gielsdorf feiern dies mit
einem großen Pfarrfest am Sonntag.
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Zur Historie: Die St. Jakobus-Kirche wurde an die Alte Burgkapelle aus
dem Mittelalter angebaut, die für ihre 1492 entstandenen Fresken
bekannt ist. Der Kirchenneubau erwies sich als notwendig, da die
Bevölkerung Gielsdorfs im 19. Jahrhundert stark wuchs (1817: 238
Einwohner, 1857: 357 Einwohner, heute sind es knapp 2.000 Einwohner).
Verschiedene Pläne die vorhandene Kapelle zu erweitern wurden aus
statischen und liturgischen Gründen verworfen. Und so gründeten am
6. Januar 1869 der Gielsdorfer Bürgermeister Joseph Dreesen,
Oberpfarrer Jakob Münch aus Lessenich, der örtliche Rektor Jakob
Scheltenbach, Rendant Mathias Dreesen sowie Joseph Freiherr Geyr von
Schweppenburg in der Wirtschaft Winterscheidt einen Kirchenbauverein,
den „Jakobus- und Margareten-Verein“. Daran erinnert Peter Simon,
kommissarischer Leiter des Pfarrausschusses St. Jakobus, wenn er in
der Festmesse am Sonntag (28. April, 10 Uhr) über die Geschichte der
Kirche berichtet. In den folgenden Jahren lag die wichtigste Aufgabe
des Vereins darin Geld für den Kirchenneubau zu sammeln. Bis es
allerdings am 27. April 1879 zur Grundsteinlegung kam, gab es noch
eine spannende Vorgeschichte, zu der Peter Simon recherchierte. Die
Planungen für den Neubau fielen nämlich in die Wirren des
Kulturkampfes, der schlussendlich zur Trennung von Staat und Kirche
führte. Er verzögerte den Gielsdorfer Kichenneubau um etwa fünf
Jahre.
Und so kam es dazu: Nachdem Oberpfarrer Münch am 7. Juni 1873 in
Lessenich verstarb und Kaplan Scheltenbach als Pfarrer von Unkel nach
Gummersbach versetzt worden war, verhinderte der Staat mit neuen
Kulturkampf-Gesetzen, dass die Stellen wiederbesetzt werden konnten.
1873 wurde damit auch die Geldsammlung für den Kirchenneubau
ausgesetzt. 1874 wurde als Folge des Kulturkampfes zudem die
Bewahrschule für kleine Kinder geschlossen und Neupriester Carl Peter
Rokoch wurde sogar zwei Mal wegen seiner seelsorgerischen Tätigkeit
zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt und aus dem Landkreis ausgewiesen.
Die Sonntagsmessen in der Kapelle lasen fortan Geistliche aus Bonn und
Grau-Rheindorf oder Hausgeistliche der Familie Geyr von Schweppenburg.
Die Wende kam im März 1875, als der Bürgermeister von Oedekoven die
Kassen und Archivalien der Pfarrei Lessenich und der Kapellengemeinde
Gielsdorf beschlagnahmen ließ. Es kam zu neuen Gesetzgebungen im Zuge
des Kulturkampfes, die dazu führten, dass die Vermögen von Gielsdorf
und Lessenich getrennt werden und für jede Kirche ein eigener
Kirchenvorstand gewählt werden musste.
Doch erst am 18. Juli 1876 wurden Stiftungsurkunden, Obligationen und
Liegenschaftskarten aus den Kirchenarchiven Lessenich und Gielsdorf
sowie deren Finanzbestände in bar und Sparkassenguthaben den
Vertretern der neu konstituierten Kirchenvorstände der beiden
Gemeinden übergeben. Die Gielsdorfer bekamen auch die bereits für
den Kirchenneubau gesammelten 9.000 Mark zurück und konnten damit die
Sammlungen und Planungen wieder aufnehmen. Am 6. Januar 1878 beschloss
der „Jakobus- und Margarethen-Verein“ einen Bauplan für die neue
Kirche fertigen zu lassen.
Stolz sind die Gielsdorfer darauf, dass der renommierte Königliche
Baurat und Diözesanbaumeister Vincenz Statz aus Köln (1819-1898) die
Pläne für die Kirche entwarf. Auch die Entwurfspläne der Waldorfer
St. Michaels-Kirche und der Mertener Pfarrkirche St. Martin stammen
von ihm. Vincenz Statz wirkte aber nicht nur im Rheinland sondern
unter anderem auch in Wien und Linz, wo der Neue Dom nach seinen
Plänen entstand.
Die feierliche Grundsteinlegung am 27. April 1879 nahm Vikar Peter
Josef Müller aus Lessenich vor. Der Grundstein ist im Altarraum auf
der rechten Chorseite gut zu sehen: „In der in den Grundstein
eingelegten Urkunde wurden die politischen Behinderungen durch den
Kulturkampf, die den Bau um etwa fünf Jahre verzögert haben,
besonders erwähnt“, so Peter Simon. Nach nur 14-monatiger Bauzeit
konnte das zweischiffige Gotteshaus am 13. Juli 1889 feierlich geweiht
werden.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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