Paettchenwanderung
Auf verschlungenen Pfaden durch Alfter und Gielsdorf
Alfter/Alfter-Gielsdorf. - Pättchen, so nennt man die kleinen, verschlungenen Pfade, die im Lauf
der Jahrhunderte entstanden sind, vielen Bürgern sind die Gässchen
jenseits der großen Straßen und Wege oft unbekannt. Daher erfreuen
sich Pättchenwanderungen großer Beliebtheit, während Luise
Wiechert, in Alfter aufgewachsen und zu Hause, schon mehrfach zu
solchen Wanderungen einlud, gab es in Gielsdorf unter Führung des
Agrarwissenschaftlers und Heimatkundlers Peter Simon nun erstmals eine
solche Pättchenwanderung.
In Alfter fanden sich, organisiert vom Förderverein
„Buchstützen“ der Öffentlichen Bücherei St. Matthäus Alfter,
gut 25 Interessierte zu einer Wanderung durch enge und verschlungene
Pfade am Hertersplatz ein. „So viele Anfragen hatten wir noch nie,
der Rundgang war so schnell ausgebucht, wir hätten ihn drei Mal
anbieten können“, freuten sich Andreas Owald, Vorsitzender der
„Buchstützen“, und Vorstandsmitglied Anneliese Wessel. Luise
Wiechert, Vizebürgermeisterin und Vorstandsmitglied im Förderverein
„Haus der Alfterer Geschichte“, zeigte sich erfreut, viele neue
Gesichter begrüßen zu dürfen, die Interesse an ihrer Heimat haben.
Die Idee dieser Pättchenwanderung war übrigens vor einigen Jahren
aus einer Bierlaune heraus entstanden, verriet Wiechert, die selber
im Lauf der Jahre immer wieder Neues über Alfter entdeckte: „Ich
wohne im Oberdorf und da weiß man noch lange nicht, was im Unterdorf
alles passiert.“
Vier Arten von Pättchen gibt es. Das sind zunächst einmal die ganz
offiziellen kleinen Gässchen und Wege, die von der Gemeinde angelegt
wurden und unterhalten werden. Dann gibt es solche, die noch aus der
französischen Besatzungszeit herrühren und im Einvernehmen der
Eigentümer untereinander unter der französischen Besatzungszeit
entstanden. Damals lagen die Grundstücke so eng beieinander, dass man
kaum durchkam. So einigte man sich untereinander, damit die Anwohner
wenigstens mit der Breite einer „Schürreskarr“, der Schubkarre,
ihre Häuser und Gärten erreichen konnten.
Es gibt aber auch Pättchen, die offiziell gar nicht existieren und
nirgendwo festgehalten worden sind. Sie sind aber trotzdem da und das
ganz ohne Gestattungsvertrag. Schlussendlich sind da noch die so
genannten Trampelpfade, die „schlimmste Form“, meint Luise
Wiechert, da diese Pättchen über anderer Leute Grund führten, was
viele gar nicht wüssten.
Rund zwei Stunden dauerte die Tour zu Fuß durch Alfter, viele waren
überrascht, durch welche Gässchen sie Luise Wiechert führte. So
ging es unter anderem zum wärmsten Punkt Alfters, dem Mühlenbungert
zwischen dem oberen Teil des Dorfes und der Straßenbahnlinie 18
gelegen. Unscheinbar mitten in einem Neubaugebiet gelegen, erzählte
Wiechert dass dies die Mittelterrasse, auf der es drei bis vier Grad
wärmer ist als sonstwo am Ort, sei. Vor Jahrzehnten gab es hier Obst-
und sogar noch Weinanbau. Darauf deutet auch der Straßenname hin. Ein
„Bungert“ bezeichnete einen Obstgarten. Die Pättchen waren so
ausgestattet, dass die Leute mit ihrer Ernte gut ihre Häuser
erreichen konnten.
Die Straße Landgraben erinnert noch heute daran, dass sich hier einst
die äußerste Ortsgrenze Alfters befand. Die Ortschaft wurde im
Mittelalter durch Gräben oder Falltüren vor Feinden geschützt.
Sinnvoll waren die Pättchen zu Zeiten, als es noch keinen Autoverkehr
gab. So konnte man etwa wie über den Möthengasse größere Wege
abkürzen und sich viele Kilometer Umweg ersparen.
Von solchen Abkürzungen wusste auch Peter Simon in Gielsdorf zu
berichten. Hier waren es gut 40 Interessierte, die an der
Pättchenwanderung teilnahmen. Ausgangspunkt war das Kriegerdenkmal
Ecke Kirchgasse/Blechgasse. Zunächst führte Peter Simon begleitet
von Ortsvorsteher Albert Schäfer die Wanderer Richtung Oedekoven,
über das im Volksmund als „Bürgermeistern-Pättchen“ bekannte
Gässchen: „Der Name stammt daher, weil hier früher der kürzeste
Weg zur Bürgermeisterei hinführte“, so Simon. Viele Pättchen
seien heute in Vergessenheit geraten oder gar verwildert. So ging es
am Hochbehälter Vorbei, weiter über die Alfterer Straße, An der
Wicke bis hin zur Prinzgasse und zum Statthalterhof bis zum Ziel am
alten Wasserturm am Dorfgemeinschaftshaus. Die Teilnehmer erfuhren
etwas über die Bedeutung des Ortes als Weinanbaugebiet im 19.
Jahrhundert und den beliebten „Gielsdorfer Roten.“ Noch heute
erinnern die Flur- und Straßennamen an die Bedeutung, die diese Wege
einst hatten, manchmal dienten sie auch einfach nur als Regenrinne
oder Wasserablauf.
- Frank Engel-Strebel
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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