Ein Hoch auf die Dorfkneipe
Ausstellung im Haus der Alfterer Geschichte
Alfter - Alfter (fes). Die „Fina-Bar“? Nie gehört? Boxwettkämpfe in
Alfter? Ein Gästebucheintrag von Ulrich Wickert in einem
Traditionslokal? Wer derzeit die Sonderausstellung im Haus der
Alfterer Geschichte besucht, kann sich auf eine ganz besondere
Zeitreise begeben: Einmal querbeet durch die Geschichte alter
Gaststätten und Kneipen Alfters.
#infobox
„Fina-Bar? Wovon redet ihr?“ – diese Frage stand ganz am Anfang
der Ausstellung „He Schäng, do me noch Eene!“, die noch bis Ende
Juni im Haus der Alfterer Geschichte zu sehen ist und sich der
Geschichte der alten, aber neueren Gaststätten und Kneipen in
Alfter-Ort widmet. Schnell kam eines zum anderen: Selige Erinnerungen
an feucht-fröhliche Sommerabende mit dem Brombeerwein Rebellenblut
auf der Terrasse des Heimatblicks. Oder daran, wie sich einst die
Mottoqueen des Kölschen Karnevals, Marie-Luise Nikuta, im Gästebuch
zu Spargel Weber verewigte mit dem Zitat „Spargel pur und andere
Sachen – bringen den Magen toll zum Lachen.“ Auch Ulrich Wickert
hatte sich hier neben anderen Promis verewigt.
Heute kaum mehr vorstellbar: Im Herzen Alfters gab es über 60 Jahre
lang ein Kinogebäude, in dem aber nicht nur Filme gezeigt, sondern
auch spannende Boxwettkämpfe, aber auch Vogelzuchtausstellungen
stattfanden. Seit 2008 ist die 1946 errichtete legendäre
Viktoriahalle in der Knipsgasse Geschichte.
„Gaststätten waren und sind wichtiger Teil des Alfterer Dorflebens.
Hier trifft man sich von jeher, tauscht sich aus, teilt Freud und
Leid. Hier wird gemeinsam gefeiert und auch gemeinsam getrauert“,
betonte Bärbel Steinkemper. Die Idee zu der Ausstellung, so ihr
Stellvertreter Robin Huth, gab es schon länger. Die Initiatoren
konnten auf eine Fülle von Material zurückreifen. Da Gaststätten
Teil des öffentlichen Lebens sind und waren, wurde hier immer schon
viel fotografiert, so dass es zahlreiche historische Ansichten nicht
nur von den Gebäuden, sondern auch von den Gästen gab, die in der
Schau präsentiert werden. Ein echter Hingucker ist der Tresen, den
Vorstandsmitglied und Bauleiter Bernd Süring im rustikalen Stil mit
Achtziger-Jahre-Charme nachgebaut hat. Dank gilt allen Bürgern, aber
auch den aktuellen oder einstigen Betreibern der Gaststätten, die dem
Förderverein mit Bildmaterial, Dokumenten oder Exponaten geholfen
haben. So gibt es beispielsweise original Porzellan zu sehen, wie es
in der Gaststätte „Zur Krone“ Anfang des 20. Jahrhunderts benutzt
wurde und ein Originalfenster mit dem Aufdruck Martin Bier erinnern an
die Martinsklause.
Vieles hat sich verändert. So gab es früher mehrere Tanzsäle in
Alfter, heute existiert nur noch der große Saal von „Spargel
Weber“, wo sich viele Vereine treffen oder große
Karnevalsveranstaltungen stattfinden. Bis ins 19. Jahrhundert hinein
dienten Gaststätten vor allem dazu Reisende, etwa Pilger, zu
versorgen. Zum Beispiel Alfters älteste Gaststätte „Op de Kier“,
deren Geschichte bis 1623 zurückgeht. Erst im ausgehenden 19.
Jahrhundert wandelte sich das Bild, so Robin Huth. Die Menschen wurden
dank der Eisenbahnen mobiler. Viele reisten zur Baumblüte aus Köln
oder Bonn ins Vorgebirge, die Tradition der Ausflugslokale begann.
Interessante Geschichten gibt es viele. So diente beispielsweise der
Tanzsaal des Lokals „Zur Sonne“ (in den 30er und 40er Jahre noch
„Restauration zu den vier Winden“, seit drei Jahren „Petras
Braustube“) 1946 als Lazarett für Kriegsgefangene. Später wurde er
umgebaut zur Matratzenfabrik, bevor das Fabrikgebäude für
Sozialwohnungen an die Gemeinde Alfter verkauft wurde und später
abgerissen wurde. Heute befindet sich hier ein Parkplatz.
Gerne erinnern sich die Alfterer noch an jene Zeiten, als das
benachbarte Bonn noch Bundeshauptstadt war. So feierte beispielsweise
Helmut Kohl 1982 im Herrenhaus Buchholz seinen Sieg bei der
Bundestagswahl. Einigen der Traditionslokale ist auch musikalisch ein
Denkmal gesetzt worden. So kann man sich während der Ausstellung
Lieder von Theo Klein („Cortingas“) und Willi Wilden (ehemals „3
Colonias“) über Alfterer Gaststätten und Originale anhören.
Ach ja, die „Fina-Bar“, eigentlich die Martinsklause, benannt nach
ihrer Inhaberin Fina Wirtz. Sie existierte von 1961 bis 2001 in
Olsdorf und war 40 Jahre lang Stammlokal etlicher Olsdorfer Orginale
wie Düvels Mattes, Lang Marie oder Kaue Hein. Und sonntags gab es
Disco.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.