Flüchtlingshilfe „Asylkompass Alfter“
Flüchtlinge in Alfter ziehen Bilanz

Haben Sie es geschafft? Ali Reda, Bruno Buß und Ali Reza (von links) stellen ihr gemeinsames Projekt  vor: Eine Zwischen-Bilanz zur Integration der Flüchtlinge in Alfter. | Foto: Frank Engel-Strebel
  • Haben Sie es geschafft? Ali Reda, Bruno Buß und Ali Reza (von links) stellen ihr gemeinsames Projekt vor: Eine Zwischen-Bilanz zur Integration der Flüchtlinge in Alfter.
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Alfter - (fes) „Et hätt noch immer jot jejange“ – Ali Reda beherrscht
die elf Regeln des Kölschen Grundgesetzes aus dem Effeff. Er feierte
bereits Karneval, mag kölsche Musik, spricht akzentfrei Deutsch und
lebt seit kurzem in einer WG mitten im Severinsviertel. Vieles verlief
in den vergangenen sechs Jahren bei dem 24-Jährigen tatsächlich gut.
Das war aber nicht immer so.

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2014 floh er vor dem syrischen Bürgerkrieg. Über Zwischenaufenthalte
im Libanon und in der Türkei landete er im Juni 2015 im
Flüchtlingslager „Moria“ auf der griechischen Insel Lesbos. Dann
führte sein Weg weiter zu Fuß über die Balkanroute, bis er
schließlich am 1. September 2015 in Alfter ankam. Seine erste
Unterkunft war der ehemalige katholische Kindergarten in Impekoven.
Derzeit studiert er an der Uni Bonn Informatik.

Bruno Buß (78), einer der Mitbegründer der ökumenischen
Flüchtlingshilfe „Asylkompass Alfter“), griff den berühmten Satz
„Wir schaffen das“ von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf und
antwortete nun mit zwei Gegenfragen: „Haben sie es geschafft? Haben
wir es geschafft?“ „Ich wollte zeigen, was aus den Geflüchteten
geworden ist, die in die Gemeinde Alfter gekommen waren und was sie
seitdem erreicht haben“, schildert Buß, der 13 Schutzsuchende
interviewt hat und gemeinsam mit Anne Hensgen (66) von der
Stadtteil-Kultur Brüser Berg eine Ausstellung mit Schautafeln
zusammengestellt hat. Sobald Corona es zulässt, sollen die
Schauutafeln im Alfterer Rathaus in Oedekoven zu sehen sein.

Ali Reza ist einer der Geflüchteten, die bei dem Projekt mitgemacht
haben und von sich behaupten können, dass sie es geschafft haben:
„Ich habe das große Glück gehabt, gleich am Anfang Kontakte zu
Deutschen zu bekommen, die sehr wichtig für mich waren und es heute
noch sind“, schildert er.

Auch Ali Reza (19) floh. Er kam mit seiner Schwester und seiner
Familie aus dem Iran 2019 nach Deutschland und lebt seit März 2020 in
Alfter. Reza lernte Deutsch, ging auf die Abendrealschule Bonn und
besucht jetzt eine Internationale Förderklasse am Berufskolleg in
Duisdorf. Ali Reza möchte gerne ein Studium im Bereich Technik oder
Naturwissenschaften beginnen. Geholfen haben ihm in Alfter von Beginn
an „viele gute Menschen“ sich zurechtzufinden, auch Bruno Buß vom
Asylkompass Alfter, der ihn und viele andere stets unterstützt und
gefördert hat.

Sowohl bei den Sprachkompetenzen, als auch bei der Ausbildungs- und
Beschäftigungssituation gibt es Buß zufolge sehr große
Unterschiede. Vor allem viele Ältere täten sich schwer mit dem
Spracherwerb. Ein Großteil der jungen Männer befinde sich
mittlerweile in einer Ausbildung oder konnte diese bereits beenden.
Viele fanden Anstellungen in stark nachgefragten Berufen vom Alten-
oder Krankenpfleger bis hin zum Kfz-Mechatroniker.

Bei Älteren hingegen bestand der Wunsch, schnell Geld zu verdienen,
anstatt Deutsch zu lernen. Daher kamen einige nur in Hilfsjobs unter.
Viele Frauen seien laut Buß talentierter beim Deutsch lernen,
übernehmen aber meist die Kindererziehung und den Haushalt.

Während sehr viele Familien mittlerweile eigene Wohnungen gefunden
haben, sehe es bei den meist jungen Singles anders aus. Sie haben mit
Vorbehalten von Seiten potentieller Vermieter zu kämpfen, es fehlen
aber auch schlicht kleine, bezahlbare Wohnungen in der Gemeinde
Alfter, schildert Bruno Buß. „Ein wunder Punkt“ sei die soziale
Integration: „Viele Geflüchtete haben meist nur sehr
oberflächlichen Kontakt zu Deutschen. Kaum jemand ist Mitglied in
einem Verein, vielleicht abgesehen vom Fußball. Vielmehr habe ich
beobachtet, dass manche lieber nur mit ihren Landsleuten zusammen
sind, fast nur ihre Muttersprache sprechen und in ihrer eigenen Kultur
leben.“ Dafür hat Buß einerseits Verständnis, andererseits
bedauert er dies natürlich. Er glaubt aber dennoch, dass sich viele
der Schutzsuchenden auf einem guten Weg befinden: „Sie werden als
unsere neuen Mitbürger bei uns Fuß fassen.“

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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