Corona und Sport
Besonders die Sportvereine hat der Lockdown hart getroffen
Bad Honnef - Die sogenannte „Neue Normalität“ kehrt in Deutschland ein. Die
Geschäfte haben wieder geöffnet, Dienstleister haben eingeschränkt
ihre Arbeit wieder aufgenommen und auch die Gastronomie darf endlich
wieder Gäste begrüßen. Nahezu still stand die vergangenen Monate
das Vereinsleben, spürbar insbesondere im Sportbereich. Doch auch
hier sind mittlerweile Lockerungen in Kraft getreten. Nicht nur die
Profis der Fußball-Bundesliga spielen wieder, auch die Amateurvereine
dürfen - entsprechende Hygienekonzepte vorausgesetzt - wieder einige
ihrer Angebote starten. Alleine im Sportverband Bad Honnef (SVB) sind
20 Vereine mit rund 6.800 Mitgliedern organisiert. Das Extra-Blatt hat
mit dem SVB und einigen exemplarisch ausgewählten Vereinen über die
aktuelle Situation gesprochen.
Zusammenhalt und Solidarität
Haupteinnahmequelle der Vereine sind die Mitgliedsbeiträge. Und hier
zeigt Bad Honnef überwiegend große Solidarität. Denn auch wenn die
Vereine aktuell kaum bis keine „Gegenleistung“ bringen können,
Austritte sind bislang nur äußerst selten zu verzeichnen. „Die
Vereine dürfen nicht auf Beiträge verzichten, denn diese stellen
kein Entgelt für eine erbrachte Leistung dar, sondern dienen dem
Verein allgemein zur Erfüllung seiner Aufgaben. Ebenso stellt die
derzeitige Situation keinen Grund für eine außerordentliche
Kündigung dar“, weiß SVB-Vorsitzende Püllen.
„Corona-bedingte Kündigungen gab es bislang nicht. Wir rechnen auch
nicht damit, da die Solidarität unter den Mitgliedern und das
Verständnis für die Situation groß ist“, sagt dann auch Annette
Heinemann, Pressewartin des Wassersportvereins Honnef (WSVH), der 237
aktive (350 gesamt) Mitglieder hat. Und auch bei den Sportfreunden
Aegidienberg (SFA, 1.200 Mitglieder) ist man zuversichtlich: „Die
Mitglieder halten uns die Treue. Da Aegidienberg ein Ort mit Zuzug
überwiegend junger Familien ist, hat unser Verein in den letzten
Jahren sehr davon profitiert“, sagt Geschäftsführerin Doris Bell.
"Unser Verein ist ein Familiensportverein und unsere Sportfamilie
steht auch in der Krise zusammen. Vereinsaustritte wegen Corona haben
wir nicht zu verzeichnen. Wir vom Vereinsvorstand sind darauf sehr
stolz", heißt es vom Vorstand des ATV Selhof (600 Mitglieder). Eine
etwas andere Stimmungslage herrscht beim TV Eiche mit seinen 2.300
Mitgliedern. Vorsitzende Marita Weinberg verzeichnete seit Einstellung
des Sportbetriebes rund 100 Kündigungen, schätzt die Hälfte davon
Corona-bedingt.
„Allerdings könnte sich die Situation ändern, denn auch die
bereits angekündigten Lockerungen lassen es nicht zu, dass die
Gruppen in ihrer üblichen Stärke Sport treiben. Und es fehlen die
Neuanmeldungen“, sagt SVB-Vorsitzende Marie-José Püllen. Zwar
laufen Kosten wie Verbandsbeiträge, Versicherungen oder
Mieten/Kredite für Sportanlagen und Vereinsheime weiter, wodurch
Einbußen nicht ausbleiben, in finanzielle Schieflage sind die Vereine
dadurch jedoch noch nicht geraten. „Für uns wird sich das zweite
Halbjahr schwieriger gestalten. Durch den Ausfall der Kurse und
Reha-Angebote fehlen uns diese Einnahmen und im zweiten Halbjahr
werden es weniger Beiträge sein, da die Austritte nicht durch
Neumitglieder kompensiert werden“, so Marita Weinberg (TVE). Dank
einer soliden Kostenstruktur stehen auch die SFA noch vor keinem
finanziellen Desaster: „Da die Sportstätten bisher geschlossen
waren, mussten auch keine Aufwands-Honorare gezahlt werden. Zudem hat
die Stadt dankenswerterweise bis September die Kosten für die
Sportstättennutzung ausgesetzt“, zeigt sich Doris Bell erleichtert.
Finanzielle Einbußen gibt es auch beim WSVH, da man die
Räumlichkeiten nicht vermieten konnte, Gäste ihre Boote nicht
anlegen konnten und auch die Ruderkurse nicht stattfanden. „Aktuell
ist die Situation noch gut, aber in absehbarer Zeit wird sich das
Blatt wenden“, berichtet Annette Heinemann. "Wir sind ein finanziell
gesunder Verein und die Vereinsarbeit wird ausschließlich von
Ehrenamtlern gestemmt. Dies führt dazu, dass wir nicht unter den
Förderbedarf fallen, es augenblicklich aber auch nicht brauchen",
berichtet Elisabeth Irmgartz für den ATV Selhof.
Alternativen
Kreativ wurden in den vergangenen Wochen nicht nur Firmen und
Unternehmen, auch die Bad Honnefer Sportvereine versuchten, über die
sozialen Medien und das Internet mit ihren Mitgliedern in Verbindung
zu bleiben. So hat der TV Eiche auf seiner Homepage zahlreiche Videos
hochgeladen, um den Mitgliedern beispielsweise Pilates, Zumba- oder
Krafttraining für Zuhause anzubieten. Ganz praktisch hat auch der
WSVH unterstützt: „Die Trainingsmannschaft hat vereinseigene
Ruder-Ergometer für ein Individualtraining zu Hause erhalten,
teilweise dazu auch Hantelgeräte. Darüber hinaus haben die Trainer
individuelle Trainingspläne erstellt. Doch der Breitensport lag
leider neun Wochen brach“, erzählt Annette Heinemann, denn auch
wenn man meinen mag, dass auf dem Wasser genug Platz für Abstand
wäre, die Sitze in den Booten sind hingegen zu nah beieinander.
Anfang April durften zumindest Einer und Zweier (mit Personen aus
demselben Haushalt) wieder aufs Wasser.
Lichtblicke
Auch wenn einige Sportarten noch nicht wieder angeboten werden und
andere nur unter bestimmten Voraussetzungen stattfinden können, ist
man bei den Vereinen froh, dass es nun wieder losgehen kann. Das weiß
auch der SVB: „Viele Menschen treiben Sport im Verein, weil sie
außer der Ausstattung der Hallen und der Betreuung durch erfahrene,
hoch qualifizierte und engagierte Übungsleiter die Gemeinschaft und
die Geselligkeit in den Sportgruppen schätzen. Der Sport erfüllt
hier eine große gesellschaftspolitische Aufgabe. Das wird in Zeiten
wie diesen nochmal deutlich. Für fehlende Bewegungs- und
Sportangebote kann man selber noch, wenn auch in begrenztem Umfang,
für einen Ausgleich sorgen, aber das gemeinschaftliche Tun fällt
eben einfach aus. Gerade für die Kinder und Jugendlichen sehe ich
hierbei ein großes Problem, denn bei ihnen ist der Bewegungsdrang
noch viel ausgeprägter als bei den (meisten) Erwachsenen und diesen
können sie derzeit nur sehr eingeschränkt ausleben“, sagt
Marie-José Püllen. Beim WSVH dürfen Einer- und Zweier-Boote wieder
uneingeschränkt aufs Wasser, in den Dreiern und Vierern dürfen
Personen aus maximal zwei Haushalten sitzen. Nachdem ein
entsprechendes Konzept erstellt wurde, bieten die SFA aktuell wieder
Triathlon, Senioren-Fußball, Kinder-Leichtathletik, Tischtennis und
Tai Chi wieder an. Beim TV Eiche freut sich vor allem die
Fitness-Abteilung, wieder starten zu dürfen und auch die
Tennisspieler können wieder auf die Asche. Nordic Walking und
Radfahren geht derzeit wieder beim ATV Selhof. An einem abgespeckten
Programm für den Gesundheitssport wird aktuell gearbeitet und man
hofft, ab Juni wieder Boxtraining anbieten zu können.
Hoffnung
Bleibt also zu hoffen, dass sich die Corona-Lage in Deutschland, NRW
und Bad Honnef in den kommenden Wochen weiterhin so positiv entwickelt
wie bisher, damit die Sportvereine weiter „hochfahren“ können.
„Normalität“ ist ein Stichwort, das hierbei immer wieder fällt.
„Wir wünschen uns vor allem baldige Normalität des Ruderbetriebes,
insbesondere, dass auch wieder Wanderfahrten stattfinden können und
natürlich das gesellige Zusammensein im Clubraum, auf der Terrasse
und an den Motorbootstegen“, sagt Annette Heinemann. Dass sich alle
Mitglieder an die Regeln halten, wir dadurch langsam zu einer
gefühlten Normalität zurückfinden können und dass es keinen
Rückschlag gibt, wünscht sich TVE-Vorsitzende Marita Weinberg. Auf
weitere Treue und Akzeptanz der Bedingungen, um die Bewährungsprobe
gemeinsam zu bewältigen hofft auch SFA-Geschäftsführerin Doris
Bell: „Zudem wünschen wir uns zeitnah weitere Lockerungen, die auch
insbesondere Training für Kinder wieder ermöglichen. Unterstützung
gebrauchen könnten wir beim Aufbau und der langfristigen Finanzierung
der Kindergruppen, insbesondere Tischtennis und Volleyball, denn hier
übersteigen die Kosten unsere Einnahmen deutlich“. Der ATV Selhof
hat indes beschlossen, Kindersport bis einschließlich der
Sommerferien ruhen zu lassen, da es dem Verein nicht machbar
erscheint, Kindern einen vernünftigen Sport unter der Wahrung der
Abstands- und Hygieneregeln anzubieten. "Wir wünschen uns natürlich,
dass es weiterhin bei den geringen Corona-Zahlen für unsere Region
bleibt und wir spätestens nach den Sommerferien wieder zum
,Normalprogramm' zurückkehren können", so Elisabeth Irmgartz.
Der SVB wird in den kommenden Wochen und Monaten intensiv mit den
Vereinen und der Stadt in Kontakt bleiben, um Bad Honnef wieder den
Sport zu ermöglichen, den es gewohnt war.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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