Süd-West-Side Story 2.0
„20 Jahre sind wie ein Tag“
Eigentlich wollte Ursula Schlößer nur ihr Arbeitszimmer ausmisten - ein Raum, in dem sich bei den meisten Menschen langsam, aber stetig, Regale mit Aktenordnern füllen.
Bei dieser Arbeit fielen ihr zwei solcher, besonders prall gefüllter Exemplare in die Hände - ihr Inhalt? Unzählige Zeitungsartikel. Die 83-Jährige, die in der Turmallee lebt, hat akribisch alles gesammelt, was über die Erneuerung „ihres“ Stadtteils, Bergheim Süd-West, erschienen ist. Denn Ursula Schlößer hat sich, gemeinsam mit ihren Mitstreitern, viele Jahre für den Stadtteil engagiert - und ist zu dessen Sprachrohr geworden, nun noch einmal zusammengefasst in der „Süd-West Side Story 2.0“
Zwölf Jahre lang, von 2002 bis 2014, wurde Bergheim Süd-West über das Landesprogramm „Soziale Stadt“ gefördert. Zwölf Jahre, die das Gesicht und das Miteiander des ehemaligen sozialen Brennpunktes im Stadtteil verändert haben. Mehr als 250 Projekte wurden realisiert, darunter einige Meilensteine und „Leuchtturm-Projekte“: Von aufwendig modernisierten Wohngebäuden, über die Aufwertung von Grünanlagen, Spielplätzen und Schulhöfen, bis hin zum Abriss von zwei Hochhauskomplexen. Das neue Bürgerzentrum „FuNTASTIK“ und das Integrationsbüro wurden zu Treffpunkten für Menschen aller Altersgruppen und Nationalitäten. Ursula Schlößer war mit ihrem Engagement immer mittendrin und setzte das um, was sie sich bei Renteneintritt vorgenommen hatte: „Ich habe seinerzeit festgestellt, dass ich immer nur gearbeitet hatte und eigentlich nur die Leute im Haus kannte. Meine Intention war es, die Menschen aus meinem Viertel kennenzulernen, mit den hier lebenden Jugendlichen in Kontakt zu kommen und einen Verein zu gründen, um gemeinsam das Potential unsere Stadtteils zu entdecken“, so Ursula Schlößer.
Alles, was in den folgenden Jahren passierte, fasste sie in Pressemitteilungen zusammen und leitete sie an die Medien weiter. „Wie man die Pressearbeit macht, habe ich vor rund 20 Jahren in einem VHS-Seminar in Bergheim gelernt, das von eben jener Martina Thiele-Effertz, Redakteurin der Rheinischen Anzeigenblätter, geleitet wurde, die mir heute gegenüber sitzt“, lacht Schlößer und führt fort: „Im November 2008 habe ich dann die ‚Süd-West Side Story‘ verfasst, denn ich war damals voller Hoffnung, dass unser als Brennpunkt bezeichneter Stadtteil durch die Zuschüsse aus dem Landesprogramm ‚Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf‘ einen Wandel zum Bessern erfahren würde. Inwieweit sich dieser Wandel vollzogen hat, mag die nun folgende Chronologie beweisen“, resümiert Ursula Schlößer mit Blick auf die nun fertige „Süd-West Side Story 2.0 - Eine Erfolgeschichte“. Auf 228 Seiten sind hier Original-Artikel und Berichte der regionalen Printmedien zu lesen, die das Projekt „Soziale Stadt NRW“ und die Aktivitäten des später entstandenen Vereins „SüdWestWind“ und seines Ablegers „Kulturwind“, der Ursula Schlößers Herzensangelegenheit war, begleiten. Augenzeugenberichte, Anmerkungen und viele Fotos ergänzen die Berichterstattung. Das Buch ist ein Zeitzeugnis der Entwicklung des Stadtteils und zugleich Ehrung und Anerkennung für alle Menschen, die mit viel Engagement ein verändertes Sozialklima in Südwest aufgebaut haben. Alles beginnt dabei mit einer kurzen Zeitungsmeldung vom 1. Februar 2002, in der verkündet wird, das Landesbauminster Michael Vesper Bergheim Südwest ins Programm „Stadtteile mit einem besonderen Erneuerungsbedarf“ aufgenommen habe - mit einem 2,5 Millionen Euro-Zuschuss. Der letzte Bericht stammt dann vom 4. Juli 2023. Darin blickt Ursula Schlößer auf die Stadtteilentwicklung und den Verein „SüdWestWind“ zurück, unter anderem besonders auf das Projekt „Kulturwind“. „Diese 20 Jahre kommen mir inzwischen wie ein Tag vor“, zieht sie ein Resümee.
Ein ganz persönliches Anliegen war ihr das „Projekt Hajabi“. In Zusammenarbeit mit Professor Eghbal Hajabi wurde das Musikprojekt „Culture Clash“ aus der Taufe gehoben. „Ich hatte von überall Musikinstrumente gesammelt und Professor Hajabi unterrichtete ehrenamtlich Kids verschiedener Kulturen. 244 Musikprojekte wurden hier umgesetzt. Das war mein Flaggschiff“, erinnert sich Ursula Schlößer. Mit Vollendung der „Südwest Side Story 2.0“ zieht sich die „Macherin“ Ursula Schlößer nun ins Privatleben zurück - und hinterlässt ein bewegendes Vermächtnis, über das sich auch die Stadt Bergheim freut: Bürgermeister Volker Mieseler war der Erste, der sich die „Story“ von Ursula Schlößer für die Kreisstadt gesichert hat.
Redakteur/in:Martina Thiele-Effertz aus Hürth |
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