Walter Sittler im Medio
Der Schauspieler spielt den Schriftsteller
Bergheim - (mf) Je ein Hocker und Stuhl, ein Kleiderständer, ein Tisch mit Buch
und eine Sitzbank, dazu sechs Musiker: Mehr brauchte Walter Sittler
nicht, um das Publikum in die Erinnerungs- und Gefühlswelt des jungen
Erich Kästner eintauchen zu lassen. Der bekannte Schauspieler und
Filmproduzent präsentierte im Medio einen Monolog aus Kästners
autobiografischem Kinderbuch „Als ich ein kleiner Junge war”.
In dem Werk behandelt Kästner seine eigene Kindheit in Dresden,
angefangen 1907. Sittler präsentierte dessen Kindheitsgedanken
facettenreich: Erst ruhig, fast schon emotionslos, und dann eher
aufgebracht, manchmal mit kindlicher Neugier. Das Publikum konnte hier
deutlich die Erfahrung des Schauspielers als Sprecher von Hörbüchern
heraushören.
Die Prise Optimismus aber, mit der der berühmte Schriftsteller kurz
nach der Jahrhundertwerte durch das Leben schritt, zog sich wie ein
roter Faden durch das Stück. Ebenso die Verwunderung darüber, wie
schnell sich die Dinge ändern können.
Kästner erlebte, wie Pferdekutschen durch die elektrische
Straßenbahn verdrängt wurden. Er erinnert sich daran, dass er seine
Rechenaufgaben noch unter der Petroleumlampe machen musste – und an
den König von Sachsen, der ohne es zu wissen der letzte Monarch des
heutigen Freistaats sein sollte.
Immer wieder beschäftigen den jungen Kästner auch die Eltern – der
Vater Sattlermeister, dann Arbeiter in einer Kofferfabrik, die Mutter
erst Dienstmädchen, dann Friseuse. Vor allem die Mutter bedeutet dem
jungen Kästner sehr viel. Das macht auch Sittler mehr als deutlich.
Ida Kästner taucht an mehreren Stellen des vorgetragenen Monologs
auf.
Eingebettet ist Kästners Autobiografie in eine Geschichte,die Ende
der 40er- Jahre in einer nicht benannten deutschen Stadt spielt.
Sittler trifft in der Rolle von Kästner auf die sechs Musiker Libor
Sima (Saxofon), Veit Hübner (Kontrabass), Lars Jönsson (Harmonium,
Obi Jenne (Schlagzeug), Uwe Zaiser (Trompete, Flügelhorn) und Lisa
Barry (Violine). Denen erzählt Sittler die Anfänge von Kästners
Lebensgeschichte, geschmückt mit humorvollen Anmerkungen.
Das kleine Orchester dient dem Schauspieler nicht nur als Publikum,
sondern untermalte dessen Monolog gleichzeitig mit jazziger Musik. So
spielten die Sechs etwa lauter und schneller, wenn Sittler sich in
Kästners Gedanken hineinsteigert.
Der Monolog des Schauspielers in der Rolle des Schriftstellers endet
1914. Denn da, so sagte Kästner selbst, habe seine Kindheit mit dem
Ausbruch des Ersten Weltkriegs geendet.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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