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Weltalzheimertag: "Wir müssen reden!"
Lokale Allianz gibt Menschen mit Demenz eine Stimme

Am Welt-Alzheimertag, dem 21. September, macht die Lokale Allianz für Menschen mit Demenz in Bergheim auf die Situation von Betroffenen und Angehörigen aufmerksam. | Foto: Andrea Floß
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  • Am Welt-Alzheimertag, dem 21. September, macht die Lokale Allianz für Menschen mit Demenz in Bergheim auf die Situation von Betroffenen und Angehörigen aufmerksam.
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„Wir müssen reden“ - das Motto des diesjährigen Welt-Alzheimertages am Montag, 21. September 2020, nahm die Lokale Allianz für Menschen mit Demenz in der Kreisstadt Bergheim nur allzu gern zum Anlass auf die schwierige Situation von Betroffen, Angehörigen und Pflegekräften in der Corona-Pandemie aufmerksam zu machen. „Wir sind von einem normalen Alltag noch meilenweit entfernt“, berichtete Renate Schander, Leiterin des DRK- Alten- und Pflegeheims Bergheim. Die meisten Beschäftigungs- und Entlastungsangebote liegen auf Eis, Beratung ist derzeit bei steigendem Bedarf meist nur telefonisch, Demenzcafés noch gar nicht wieder möglich. Die Angehörigen-Gesprächskreise der Alzheimer Gesellschaft laufen nach monatelanger Zwangspause gerade erst wieder an.

Isolation schürt Ängste und Einsamkeit

„Wir Menschen sind nicht für die Isolation gemacht“, so Frau Schander. Zwar trügen die Heimbewohner mit viel Disziplin ihre Masken und hielten Abstand, aber es sei „sehr hart“, die sozialen Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren. Gerade Menschen mit Demenz hätten in der Anfangszeit gar nicht verstanden, wie ihnen geschieht, wenn ihnen die Mitarbeiter plötzlich mit Schutzkitteln und Handschuhen gegenüber stehen, Besuche ausblieben und liebgewonnene Gewohnheiten wie gemeinsames Singen und Essen auf unbestimmte Zeit verboten sind. „Es kamen richtig große Ängste auf, die Einsamkeit ist schlimm und viele Ältere ziehen sich noch mehr zurück.“ Die Hoffnung bleibt, dass wenigstens in der Adventszeit wieder einige Lockerungen möglich sind.

Judith Schmitz, Musikpädagogin und Gedächtnistrainerin, arbeitet in der AWO-Betreuungseinrichtung in Quadrath-Ichendorf und versucht mit ihrer Gitarre auf den Fluren, den Bewohnern in diesen schwierigen Zeiten wenigstens ein bisschen Freude zu bringen. „Die Zimmertüren sind geöffnet, und die Leute sehnen sich nach einem Stück Normalität.“ Anni Wilbertz, Vorsitzende und „Herz“ der Alzheimer Gesellschaft Bergheim, sorgt sich auch um die Angehörigen, die durch den Wegfall der Tagespflege durch ehrenamtliche Kräfte stark unter Druck geraten seien. „Die Aggressionen zu Hause steigen und viele scheuen sich, Hilfe zu holen.“ Gerade alte Ehepaare hätten sich oft das Versprechen gegeben, „bis zum Schluss“ füreinander da zu sein und seien jetzt überfordert.

Bewegende Demenz-Geschichten

„Ich habe richtiggehend Depressionen entwickelt, weil mir der Austausch fehlte“, gesteht auch Monika Frankfurter. Ihre Mutter sei dement und inzwischen kaum noch ansprechbar. Dem Aufruf der Lokalen Allianz Bergheim, eine Geschichte über die Krankheit zu schreiben, kam sie gern nach und gab ihr den Titel „Elefant“ - das Lieblingstier ihrer Mutter. „Elefanten sind Herdentiere, sie lassen keinen alleine, egal was passiert“, heißt es darin. „Wenn sie merken, ein Leben geht zu Ende, stehen sie ihm bei, beschützen ihn, bis zum letzten Atemzug.“ Neben André Hénocque und Christa Wolf war sie unter den fünf Erstplatzierten des Demenz-Geschichten-Wettbewerbs, David Kollbach und Petra Windhausen konnten ihre Auszeichnung am Montag leider nicht persönlich entgegennehmen. Beteiligt hatten sich auch fünf hochbetagte Damen aus der AWO-Einrichtung – unterstützt von Judith Schmitz, die sich „fleißig Notizen machte“. „Es war eine höchst vergnügliche Reise in die Vergangenheit – Humor sollte beim Thema Demenz viel öfter unser Rettungsring sein.“

Karin Huck, Abteilungsleiterin des Amtes für Pflege und Leben im Alter beim Rhein-Erft-Kreis und Elke Friedt, Behindertenbeauftragte der Kreisstadt Bergheim, vertreten zwei der Institutionen, die sich seit 2014 in Bergheim zur Lokalen Allianz für Menschen mit Demenz zusammengeschlossen haben. Gemeinsam mit Fachkräften aus der Seniorenarbeit und ehrenamtlich Engagierten lenken sie den Blick auf die Sorgen und Nöte von Betroffenen und Angehören und bringen Beratung und Hilfe vor Ort auf den Weg. Neue Angebote wie aktuell die Schulung von Lesepaten sind in Planung und können dank Fördermitteln der Krankenkasse IKK classic realisiert werden. Informationen und nützliche Adressen liefert auch das Seniorenportal Bergheim.

LeserReporter/in:

Andrea Floß aus Bergheim

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