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13 Stolpersteine in Fliesteden, Nieder- und Oberaußem verlegt
Zeichen gegen das Vergessen

Mitarbeiter der Stadtwerke Bergheim verlegen im Beisein von Vertretern und Vertreterinnen aus der Verwaltung, Vereinen und engagierten Bürgern 13 Stolpersteine zum Gedenken an jüdische Familien aus Fliesteden, Nieder- und Oberaußem, die in der NS-Zeit deportiert und ermordet wurden.   | Foto: Andrea Floß
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  • Mitarbeiter der Stadtwerke Bergheim verlegen im Beisein von Vertretern und Vertreterinnen aus der Verwaltung, Vereinen und engagierten Bürgern 13 Stolpersteine zum Gedenken an jüdische Familien aus Fliesteden, Nieder- und Oberaußem, die in der NS-Zeit deportiert und ermordet wurden.
  • Foto: Andrea Floß
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Am 14. Juni 1942 hält vor dem „Judenhaus“ in Fliesteden ein Viehtransporter. Josef Stock, 86 Jahre alt, seine Tochter Lena und drei weitere Juden werden abgeholt und nach Theresienstadt deportiert. Einen Monat später nimmt ein Lastwagen auch Max Stock und seine Frau Jenny und die Kinder Susi und Wolfgang mit auf die Reise in den Tod. „Sie starben vermutlich in der Nähe von Minsk durch Genickschüsse“, so Cornelia Breuer vom Heimatverein „Unser Fliesteden“. Die Vorstellung, dass jüdische Familien während des NS Regimes auf dem Land sicherer waren, ist ein Trugschluss erwies – auch die Dörfer wurden systematisch durchkämmt und „judenrein“ gemacht.

Auch im Landkreis Bergheim sind viele jüdische Bürgerinnen und Bürger Opfer des Nationalsozialismus geworden. 47 Personen wurden deportiert und grausam ermordet. Die Stocks lebten seit Generationen gut integriert in der Fliestedener Dorfgemeinschaft, aber als die SA kam und Möbel und Scheiben zerschlug, stand niemand den Nachbarn bei. Der alte Josef Stock, der im ersten Weltkrieg als Soldat für Deutschland gekämpft hatte, wurde gezwungen, einen Graben zu entschlammen, die Kinder durften nicht mehr zur Schule gehen. Nach dem Abtransport wurden der ganze Besitz der Familie öffentlich versteigert, die Einnahmen ordentlich ans Finanzamt abgeführt. Mit einer Rückkehr rechnete niemand.

„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“ Dieses Zitat des Künstlers Gunter Demnig stellte die stellvertretende Bergheimer Bürgermeisterin und Fliestedener Ortsbürgermeisterin Elisabeth Hülsewig der Verlegung von 13 Stolpersteinen am 6. Oktober 2021 voran. Die mit Namen und persönlichen Daten versehenen Messingtafeln erinnern neben den Stocks, Am alten Fließ 8 in Fliesteden an die jüdische Familie Heidt in der Auenheimer Straße 5 in Niederaußem und die Familie Simons, Am Berg 1 in Oberaußem – jeweils ihre letzten frei gewählten Wohnorte. „Mit der Realisierung des Projektes setzen wir auch in unserer Kreisstadt Bergheim ein Zeichen“, so Elisabeth Hülsewig.

Seit 1992 gibt es das Projekt zum Gedenken an die verfolgten und ermordeten Opfer des Nationalsozialismus: Juden, Sinti und Roma, politisch und religiös Verfolgte, Menschen mit geistigen und/oder körperlichen Behinderungen, Deserteure und Zwangsarbeiter. Realisiert werden konnte die Aktion in Bergheim durch Spenden von Firmen, Privatpersonen und beteiligten Organisationen. Eine Arbeitsgruppe aus engagierten Bürgerinnen und Bürgern sowie der Stadtarchivarin Sara Toschke und ihrem Vorgänger arbeitet seit November 2017 an der Umsetzung und recherchierte die biographischen Hintergründe. Die ersten 12 Bergheimer Stolpersteine konnten im August 2019 noch gemeinsam mit Initiator Gunter Demning verlegt werden, dieses Jahr war er nicht dabei. Jeder einzelne erhält seinen Namen zurück – wenigstens symbolisch sind die Familien nun wieder vereint und an ihren Heimatsort zurückgekehrt.

LeserReporter/in:

Andrea Floß aus Bergheim

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