Literaturkurs des HMG inszenierte Kafka
Ausgrenzung in der Wettbewerbsgesellschaft
Volkhoven-Weiler - (hh). Überall im täglichen Leben sieht sich der Mensch Druck und
Leistungsstress ausgegrenzt. So ergeht es auch Gregor Samsa, der
Hauptfigur aus Frank Kafkas Erzählung „Die Verwandlung“. Während
die egoistischen Familienmitglieder von ihm eine berufliche
Orientierung ersehnen, sieht sich Samsa in der Schule Mobbing und dem
Kontrollwahn einer hysterischen Lehrerin ausgesetzt. Selbst beim
Fußballspielen in der Freizeit wachsen die Anforderungen an seine
Person durch einen unermüdlich Einsatz fordernden Trainer.
„Ich bin Gregor Samsa!“, schreien die 20 Schüler des
Literaturkurses des Heinrich-Mann-Gymnasiums in ihrer
Theatervorstellung „Gregor Samsa – Der Scheiß-Mistkäfer muss
weg!“ einzeln heraus und benennen mit Fremdenhass,
Schönheitsidealen oder Inklusion weitere Aspekte, in denen sie
täglich gesellschaftlichen Zwang und Nötigung empfinden.
„Wir haben die Handlung von Kafkas Meisterwerk in schülernahe
Situationen adaptiert und möchten aufzeigen, was ihnen im Alltag
schwer fällt und sie bildhaft in einen Käfer verwandeln lässt.
Daher greift unsere Aufführung auch die Vorgeschichte vor Samsas
Verwandlung in das krabbelnde Ungeziefer auf“, erklärt Regisseurin
und Theaterpädagogin Evi Amon.
An drei Abenden konnten die Besucher des Theaterstücks im
schuleigenen Pädagogischen Zentrum erleben, wie Samsa in seiner neuen
Gestalt um Anerkennung ringt, letztlich jedoch zunehmend isoliert
wird, bis er schließlich stirbt. „Samsa ist nicht
gesellschaftsfähig und schafft es nicht, die Beklemmungen des Alltags
auszuhalten. Als sich die todtraurige Gestalt verwandelt, wird er
zusehends überflüssig und zur Last. Am Ende fühlen sich alle
befreit, und die Party kann weitergehen.“
Viele Teile der Inszenierung seien von den Schülern erarbeitet
worden, betont Amon. „Sie haben auch über die Auswahl des Stücks
entschieden, denn Kafkas Verwandlung eignet sich hervorragend, um die
Thematik der Vereinsamung in einer leistungsorientierten Gesellschaft
aufzugreifen.“
Mit seiner Aufführung konnte das Schultheater-Ensemble sogar auf zwei
Theaterfestivals, darunter das Landes-Schülertheater-Treffen NRW,
überzeugen. Hier lobte die Jury insbesondere die Durchmischung von
Sprech- und Bewegungstheater sowie die chorischen, abstrakten
Elemente, die zielgerichtet Einblicke in verschiedene künstlerische
Ausdrucksmittel bietet.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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