Die beschlossene "Fahrradrevolution"
Bezirksvertretung Ehrenfeld zum Radschnellweg

Wo heute noch Autos und Brummis fahren, sollen nach dem Willen von Grünen, CDU und Linken in der Ehrenfelder Bezirksvertretung bald die Radler rollen. Mehrheitlich hat die Bezirksvertretung Ehrenfeld für einen Radschnellweg auf dem Gürtel gestimmt. Dafür soll eine Fahrspur für den Autoverkehr wegfallen. | Foto: Brühl
  • Wo heute noch Autos und Brummis fahren, sollen nach dem Willen von Grünen, CDU und Linken in der Ehrenfelder Bezirksvertretung bald die Radler rollen. Mehrheitlich hat die Bezirksvertretung Ehrenfeld für einen Radschnellweg auf dem Gürtel gestimmt. Dafür soll eine Fahrspur für den Autoverkehr wegfallen.
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Ehrenfeld - (cb). Was jüngst in der Ehrenfelder Bezirksvertretung beschlossen
wurde, spaltet die Gemüter. Auf der Tagesordnung ein wahrlich
weitreichender Antrag von Grünen, CDU, Linken und Deine Freunde. Auf
dem gesamten Gürtel im Ehrenfelder Einflussbereich soll künftig eine
Fahrspur ausschließlich für den Fahrradverkehr reserviert sein - in
beiden Fahrtrichtungen. Künftig würde also eine Fahrspur für den
Autoverkehr auf dem Gürtel wegfallen.

„Wir machen jetzt Nägel mit Köpfen. Das ist der Startschuss für
einen großen Wurf“, sagt Christiane Martin, Fraktionsvorsitzende
der Grünen in der Bezirksvertretung Ehrenfeld. „Die Verkehrswende
in Köln hin zu einer nachhaltigen Mobilität geht uns zu langsam.
Feinstaub, Klimawandel, verstopfte Straßen, auf denen kein Platz für
Fußgänger und Radfahrer ist – das alles verlangt radikale
Maßnahmen. Genau eine solche hat die Bezirksvertretung Ehrenfeld
heute beschlossen. Und das ist erst der Anfang, denn natürlich
wünschen wir uns eine Fortsetzung nach Norden und Süden, sodass eine
komfortable Radschnellverbindung für ganz Köln entsteht.“ Der
Antrag richte sich deshalb auch zunächst an den Verkehrsausschuss des
Rates der Stadt Köln, da dieser für eine endgültige
gesamtstädtische Beschlussfassung zuständig ist. „Die Gestaltung
des Gürtels ist natürlich eine überbezirkliche Angelegenheit, aber
wir in Ehrenfeld haben jetzt den Startschuss für eine nachhaltige
Verkehrsführung gegeben“, erklärt Christiane Martin. „Und wir
haben sogar schon einen Namen dafür: KölnerFahrradGürtel – kurz
KFG.“

Auch Harald Schuster, Einzelmandatsvertreter von „Deine Freunde“,
verspricht sich davon eine Signalwirkung für eine „vorausschauende
Verkehrspolitik“: „Wenn die Infrastruktur da ist, steigen die
Leute auch auf das Fahrrad um.“ Gar zum neuen „Wahrzeichen“
Ehrenfelds solle der KFG werden, so Schuster. Der Gürtel sei die
optimale Strecke für eine Radschnellverbindung. Ein Angebot an alle
Pendler auf das Fahrrad umzusteigen. Der Gürtel ermögliche als
Verkehrstangente schnelle Querverbindungen. Solch schnelle und direkte
Wege sind für den Radverkehr nötig, um eine sinnvolle Alternative
zum Autoverkehr darzustellen. Zudem sei die Umwidmung einer Fahrspur
des Gürtels im Hinblick auf die angestrebte Mobilitätswende und den
Klimaschutz eine sinnvolle Maßnahme, um Schadstoffe und Lärm zu
reduzieren, so die einhellige Meinung der Antragsteller. Was
Grün-Schwarz als „Verkehrsrevolution in Ehrenfeld“ feiert, ließ
bei den Vertretern der SPD den kalten Schweiß auf die Stirn treten.
Für die Genossen verkehrspolitisch der falsche Weg. „So wird aus
dem Gürtel der längste Parkplatz Kölns. Da gibt es kein Vor und
kein Zurück mehr. Wir setzen uns für eine Verkehrsentwicklung ein,
die vor allem eins schafft: Bessere Verbindungen für die
Ehrenfelderinnen und Ehrenfelder. Ein Radschnellweg kann eine
Möglichkeit sein, aber sollen die Busse dafür im Stau und die Autos
im Rückstau bis zur A 57 stehen? Außerdem greifen wir mit so einem
Beschluss in den gerade laufenden Bürgerbeteiligungsprozess zum
Radkonzept Ehrenfeld ein. Der geriete dadurch ins Stocken“,
versuchte SPD-Fraktionsvorsitzende Petra Bossinger argumentativ
dagegenzuhalten. Solche Fragen gelte es zu abzuwägen. Probleme könne
man nicht einfach auf andere Verkehrsteilnehmer verlagern. „Es gibt
ganz unterschiedliche Situationen entlang des Gürtels. Manche sind
okay für Radfahrende, andere katastrophal. Der Antrag war so einfach
zu pauschal. Wir haben hart gerungen, das kleine Wörtchen
„prüfen“ einzubringen, dann hätten wir den Antrag mittragen
können“, so Bossinger. Einen Prüfantrag zu beschließen, hätte
aber nicht zur beabsichtigten ideologischen Signalwirkung gepasst, die
auf der gesamten Länge des Gürtels den Wegfall einer Fahrspur für
den Autoverkehr diktiere, so die SPD-Vorsitzende. Selten war die
Stimmung in der Bezirksvertretung so angespannt. Die
sozialdemokratische Fraktion sah sich durch eine Mehrheit von Grünen,
CDU und Linke in ihrer Stellung als maßgebliche Ehrenfelder
Volkspartei bedroht. Nervös rangen die Sozialdemokraten um einzelne
Wörter, um eine Schlappe zu verhindern. Wollten prüfen statt
beschließen. Auch eine viertelstündige Unterbrechung der Sitzung mit
Diskussionen der Fraktionsspitzen half da nichts. Mit der Mehrheit der
Antragsteller und gegen die SPD und FDP wurde der Antrag beschlossen.

Dass der Antrag durchaus als Ergänzung zum kleinteiligeren Radkonzept
Ehrenfeld zu sehen sei, musste auch der Verwaltungsvertreter aus dem
Amt für Straßen und Verkehrstechnik, Hendrik Colmer, eingestehen.
„Einzelne Maßnahmen des Radkonzeptes Ehrenfeld sind dadurch nicht
tangiert. Das Konzept wird unabhängig von dem Beschluss
weiterbearbeitet“, so Colmer. Es schade also nicht, damit an den
Verkehrsausschuss zu gehen. Auch das beratende Ratsmitglied Thor
Zimmermann (Die Guten) sah in dem Antrag keine negativen Auswirkungen
auf den Ehrenfelder Raddialog und appellierte an die Bezirksvertreter,
dem „visionären Antrag“ einstimmig zuzustimmen. Ganz anders als
sein Ratskollege Andreas Pöttgen, verkehrspolitischer Sprecher der
SPD-Ratsfraktion: „Mit diesem Beschluss beweist die
Bezirksvertretung, dass Sie die Bürgerbeteiligung nicht ernst nimmt.
Warum bringen die antragsstellenden Fraktionen die Idee nicht dort
ein, damit es ein stimmiges Gesamtkonzept für den Stadtbezirk gibt?
Für ein Köln weites Konzept könnten CDU und Grüne einen solchen
Antrag auch gemeinsam im Verkehrsausschuss einbringen. Schade nur,
dass sich beide Fraktionen hier ideologisch blockieren“, sagte
Pöttgen. Dass die Verwaltung derzeit alle Hände voll zu tun hat, die
bisherigen Beschlüsse der Bezirksvertretung umzusetzen, offenbart der
aktuelle Tätigkeitsbericht des Amtes für Straßen und
Verkehrstechnik 2017. In einem Jahr wurden kölnweit gerade einmal
3.600 Meter Radwege saniert. Da wird der Fahrradpendler wohl noch eine
Weile auf die beschlossene „Revolution“ auf dem Gürtel warten
müssen.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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