Nie wieder
Ehrenfelder Kuratorium gedenkt der Opfer des Nazi-Terrors im Stadtteil
Ehrenfeld - (dcb). „Sulang em Hätz vum Ihrefeld ne Kranz am Bahndamm litt,
sulang, ehr Edelweißpirate, verjesse mer üch nit.“ Am Mahnmal für
die ermordeten Edelweißpiraten und Zwangsarbeiter am Bahnbogen an der
Bartholomäus-Schink-Straße singt Rolly Brings mit seinen Söhnen
Peter, Stephan und Benjamin das bewegende Lied von den Ehrenfelder
Edelweißpiraten. Auch in Corona-Zeiten setzt Ehrenfeld ein Zeichen
gegen Antisemitismus und Rassismus – im kleinen Kreis und ohne den
sonst üblichen Schweigemarsch vom ehemaligen Standort der Ehrenfelder
Synagoge in der Körnerstraße.
Die sonst zahlreichen Unterstützer und Sympathisanten wurden im
Vorfeld aufgefordert, zu Hause zu bleiben und die Gedenkveranstaltung
per Livestream im Internet zu verfolgen. Das Kuratorium der
Gedenkstätte Ehrenfelder Edelweißpiraten/ Zwangsarbeiter hatte sich
aufgrund der geltenden Corona-Schutzmaßnahmen bewusst gegen eine
große öffentliche Veranstaltung mit zahlreichen Teilnehmern
entschieden. Lediglich die Kuratoriumsmitglieder und einige Vertreter
des Ehrenfelder Bündnisses gegen Rechtsextremismus waren gekommen.
„Wir wollen aber trotz Corona in kleiner Besetzung der ermordeten
Ehrenfelder Edelweißpiraten und Zwangsarbeiter gedenken. Es ist
wichtig, auch unter Corona Bedingungen die Stimme gegen den neuerdings
überall in Deutschland wieder aufflammenden Rechtsextremismus,
Antisemitismus und Rassismus zu erheben und zu mahnen, dass so etwas
wie am 9. November 1938 und an den beiden Novembertagen 1944 nie
wieder passiert“, sagte Josef Wirges, Sprecher des Kuratoriums. In
der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938, als in ganz
Deutschland Synagogen von den Nationalsozialisten in Brand gesetzt und
zerstört, jüdische Mitbürger verfolgt und verhaftet wurden, ging
auch die Ehrenfelder Synagoge in Flammen auf. Die brutalen Verbrechen
markieren den Beginn der Schoah. Am 10. November 1944 erhängten die
Nazis an der damaligen Hüttenstraße in Ehrenfeld 13 Menschen ohne
Gerichtsverfahren. Unter ihnen befanden sich sechs Edelweißpiraten,
darunter auch Bartholomäus Schink nach dem 1982 ein Teilstück der
Hüttenstraße benannt wurde. Am 25. Oktober 1944 ermordeten die
Gestapoleute elf Zwangsarbeiter an gleicher Stelle.
1972 wurde dort eine bronzene Gedenktafel angebracht. Engagierte
Bürgerinnen und Bürger aus dem Kreis der Kölner Antifaschisten und
der Ehrenfelder SPD veranstalteten 1978 dort erstmals eine
Gedenkveranstaltung. Auch Miguel Freund, stellvertretend für die
Synagogen-Gemeinde Köln und die Gesellschaft für
Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, erinnerte an die Verbrechen der
Nazis: „Wir stehen heute nicht in der Körnerstraße, gehen keinen
Schweigemarsch. Aber Corona kann nicht verhindern, dass wir den Opfern
der Schoah und den Edelweißpiraten gedenken. Die jungen
Widerstandskämpfer haben sich gegen die Nazis gewehrt. Auch wir heute
sagen Nein zu Antisemitismus und Rassismus und schauen nicht weg.“
Zugleich dankte Freund den beiden Protagonisten der
Gedenkveranstaltung, Josef Wirges und Rolly Brings: „Ohne Euch
würde es dieses Gedenken in der Form nicht geben.“ An den
Bezirksbürgermeister a. D. Josef Wirges gewandt richtete er die
Hoffnung, dass er als Sprecher des Kuratoriums auch weiterhin diese
wichtige Veranstaltung weiterführe. „Selbstverständlich. Dies ist
ein Gedenken von Unten. In diesen Zeiten, wo der braune, rechte Mob
meint, er könne sich in unserer Gesellschaft wieder breit machen, ist
es wichtiger denn je dieses Gedenken weiterzuführen. Ich bleibe ganz
nah mit Euch zusammen“, entgegnete Wirges, der auch weiterhin als
Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins Veedelsmanagement Ehrenfeld
im Stadtteil aktiv sein wird.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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