Herr der Schlösser
Lars Jelonnek knackt jedes Schloss
Ehrenfeld - (as). Einen „Herrn der Schlösser“ wie Lars Jelonnek hätte
Disneys Panzerknacker-Bande gut gebrauchen können. Gott sei Dank
jedoch ist der Kölner Schlossspezialist einer von den Guten.
Wenn bei dem gelernten Metallbaumeister und Tresorschlossspezialisten
das Telefon klingelt und der Anrufer fragt: „Mein Tresor lässt sich
nicht mehr öffnen, können Sie mir helfen?“, ist Jelonnek der
richtige Mann. Seine Kunden sind Privatleute, Firmen und Banken, aber
auch die Polizei und nicht selten auch einmal ein Museum mit einem
antiken Exponat. „Gerade bei den antiken Tresoren braucht man sehr
viel Geduld. Mein Ziel ist es, das Schloss und den Mechanismus nicht
zu beschädigen. So hat mich etwa einmal ein Museum in Graz angerufen,
das einen Tresor geschenkt bekommen hat. Beim Transport war jedoch der
Schlüssel verloren gegangen. Das Öffnen des Wertbehältnisses hat
vier Stunden und drei Schlösser zu entriegeln, gedauert. Einen
komplett neuen Schlüssel habe ich dann hier in Köln angefertigt und
ihn auch persönlich vorbeigebracht“, erinnert sich der 43-Jährige.
Wenn man Lars Jelonnek bei seiner Arbeit über die Schulter schaut,
stellt man schnell fest, das ist nicht nur Handwerk. Jede Menge
Detailwissen über Schlösser und Schließmechanismen,
Fingerspitzengefühl, Leidenschaft, der Reiz am Knobeln und der
Ehrgeiz, hinter das Geheimnis des widerspenstigen Türverschlusses zu
kommen, sind gefragt. Mit dem Pickwerkzeug, einem Metallstäbchen, das
an die Instrumente eines Zahnarztes erinnert, ertastet er vorsichtig
den Widerstand im Schließzylinder und bringt ihn in die richtige
Position. Bei Tresoren heißt es dann drehen, tasten, fühlen ... und
wenn dann ein vertrautes leises „Klock“ zu hören ist, strahlt
Lars Jelonnek. Schon als Fünfjähriger haben Türschlösser eine
große Faszination auf ihn ausgeübt. „Mein Vater hatte einen
Schlüsseldienst und eine Schlosserei. Ich habe immer die Schlüssel
sortiert“, erinnert er sich. Irgendwann hat er dann angefangen, den
Mechanismus von Türschlössern unter die Lupe zu nehmen und
festgestellt, dass mit geschicktem Drücken, Schieben und Drehen sich
das Schloss öffnete. Mittlerweile gilt der Kölner als einer der
besten Schlosser und Spezialisten für schwierige und antike
Schlösser, der auch die Königsdisziplin, das exakte, originalgetreue
Nachbauen eines Schlüssels beherrscht. Sein Meisterstück, ein
großes, kunstvoll geschmiedetes, ziemlich kompliziertes
Renaissance-Schloss, hat selbstverständlich einen Ehrenplatz im
kleinen Museum.
Sein Hauptarbeitsbereich ist das Öffnen von Tresoren. Wie viele
Schlösser er in seinen Berufsjahren schon geöffnet hat, kann der
„Herr der Schlösser“ nicht mehr sagen. Jelonnek lebt und arbeitet
in Ehrenfeld. Beim Betreten seiner Werkstatt und Büros merkt man
gleich: hier dreht sich alles um Schlüssel, Schlösser und Tresore.
An den Wänden hängen alte Plakate mit Zeichnungen von
Tresorschlosssystemen. In großen Glasrahmen verwahrt er sorgfältig
beschildert Schlüssel und Schließzylinder von unterschiedlicher
Größe und Fabrikat und eine Sammlung von Spezialwerkzeugen. Große
und kleine Tresore stehen auf dem Boden oder auf den Regalen.
Dazwischen findet sich ein überdimensionales Modell eines
Schließzylinders. „Daran dürfen die Besucher üben“, erklärt
Jelonnek.
Seit gut 37 Jahren befasst er sich mit Schlössern und hat dabei ein
kleines Tresormuseum aufgebaut. „Ich sammle Tresore, die von 1870
bis 1940 gebaut wurden. Meine Exponate kommen aus Amerika, Frankreich,
Holland, Italien und Belgien“, erzählt er. Rund 60 Tresore können
Besucher in dem kleinen Werkstattmuseum bestaunen. Und zu fast jedem
der Exponate kann Jelonnek auch eine Geschichte liefern. Darüber, wo
das Wertbehältnis einmal gestanden hat, was darin aufgehoben wurde
und wie es zu öffnen ist. „Dieser antike Tresor beispielsweise
stammt aus Italien. Er besitzt zwei Schlösser. Wenn die Herrschaft
verreiste, wurde der Schlüssel, der ziemlich unhandlich war, an einen
Bediensteten zur Aufbewahrung übergeben. Da man dem Personal aber
nicht traute, hat dieser Tresor ein zweites kleineres Schließsystem,
das versteckt unter den Verzierungen der Türe eingebaut ist. Den
Schlüssel dazu hat der Besitzer dann mitgenommen“, erzählt der
Tresorspezialist.
Nicht immer gibt es den Schlüssel oder die Kombination zum Öffnen
eines Exponats. Dann schlägt seine Stunde. Und folgt man Jelonneks
Ausführungen, merkt man schnell, mit welcher Leidenschaft und fast
schon bewundernswertem Respekt für den Erfinder des antiken
Schließsystems er sich dann ans Werk macht. Denn ein Schloss zu
knacken ohne dabei den Mechanismus zu beschädigen, ist sein Credo. So
auch bei einem holländischen Brandkasten um 1850. Von außen sieht
der Tresor mit den beiden Löwenköpfen aus wie ein schön verziertes
Möbelstück. Aber bei diesem Wertbehältnis ist einer der Tierköpfe
sozusagen der Schlüssel zum Öffnen. „Das Besondere an ihm ist sein
Inneres. Früher fertigten die Ofenbauer, die im Sommer keine
Aufträge hatten, solche Brandkästen an, die auch ganz hübsch in den
Häusern aussahen. In ihnen bewahrten die Bauern ihre Wertsachen auf,
um sie vor der Vernichtung durch einen Brand, der bei den
reetgedeckten Dächern häufig vorkam, zu schützen.“
Neben Jelonnek gibt es nur noch eine Handvoll Tresoröffner in
Deutschland. „Das Öffnen von Tresoren ist so eine Sache. In der
Regel möchten die Kunden, die mich rufen, nicht, dass man sieht, wer
da ins Haus kommt. Daher habe ich auch keine Reklame auf meinem
Auto.“ Weitere Infos unter www.tresorchirurg.de
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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