Günstiger Wohnraum
Rückblick auf das Jahr 2018

Ein Blick vom Heliosturm auf das Helios-Gelände. | Foto: Brühl
  • Ein Blick vom Heliosturm auf das Helios-Gelände.
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Ehrenfeld - (cb). „Wir wollen nicht das „cleane“ Ehrenfeld, sondern das
solidarische Ehrenfeld“, sagte Ehrenfelds Bezirksbürgermeister
Josef Wirges kürzlich bei einem öffentlichen Pressetermin. Worte,
die klingen wie eine Rückschau auf Vergangenes, die aber gleichzeitig
eine visionäre Mission vermitteln sollen. Ehrenfeld soll eben nicht
weichgespült und glatt sein. Ein bisschen ruppig und renitent soll es
ruhig bleiben. Und über allem schwebt die Subkultur.

Die ist mit dem viel beweinten Abriss des „Underground“ bereits
2017 neuerlich schmerzlich dezimiert worden. Auch der Club „Heinz
Gaul“ an der Ecke Vogelsanger Straße/ Lichtstraße soll Bauten
weichen. Zuvor schon hatte „Jack in the box“ in die Südstadt
abwandern müssen. Eine Rückkehr auf das Areal des ehemaligen
Güterbahnhofs steht nach wie vor in den Sternen. Verhandlungen von
„Jack in the box“ über deren Nutzungskonzept für die
„Ostspitze“ mit dem Eigentümer Aurelis gestalteten sich 2018
schwierig. Immerhin ist die Erschließungsstraße „Am Alten
Güterbahnhof“ fertig. Im kommenden Jahr startet die Pandion mit dem
Bau der Wohnkomplexe. Wirklich näher gekommen ist man sich in der
Sache nicht. Längst sorgen sich Bürger und Kulturschaffende um die
Club- und Kreativszene in Ehrenfeld und fordern die Sicherung von
kreativen und kulturellen Räumen. Diese sollten nach Möglichkeit bei
städtebaulichen Planungen frühzeitig berücksichtigt und integriert
werden. Der Kulturbaustein auf dem Helios ist zum „Runden Tisch“
mutiert. Durch die Realisierung des Kulturbausteins soll das
Heliosgelände seiner Bedeutung als Kunst-, Kreativ- und
Kulturstandort gerecht werden und kulturelle Nutzungen gefördert
werden. Konkrete Ergebnisse gibt es an dieser Stelle noch nicht zu
verkünden. Immerhin haben die Bauarbeiten für die Inklusive
Universitätsschule auf dem Gelände begonnen. Doch umfangreiche
Bodensanierungen auf der Industriebrache brachten auch hier den
Zeitplan in Verzug.
An der Butzweilerhofallee in Ossendorf wurden eine Reihe von
Wohnkomplexen fertiggestellt und bezogen. Die Grünanlage gegenüber
nimmt Konturen an und wird wohl im kommenden Jahr fertiggestellt. Auch
eine neue Gesamtschule am Wasseramselweg in Vogelsang hat zum
Schuljahr 2018/ 2019 ihren Betrieb aufgenommen. Eine Gebäudeeinheit
in Modulbauweise bietet Platz und Raum für eine einjährige
Übergangszeit in das erste Gesamtschuljahr. Ein moderner Neubau wird
ab 2019 Platz für alle Jahrgänge der aufbauenden Gesamtschule
bieten. Der Grundstein für das sogenannte „Snake“ wurde im April
2018 gelegt und das Richtfest fand im Dezember statt. Bei der
Generalinstandsetzung des Schulgebäudes Overbeckstraße kam es zu
Verzögerungen. Eigentlich soll im kommenden Schuljahr hier der
Gesamtschulzweig der Helios-Schule, derzeit in der Borsigstraße
untergebracht, einziehen. Eine weitere Gesamtschulplanung ist für
Ossendorf beschlossen worden.
Vor allem aber das Thema Schaffung von Wohnraum ist auf der Agenda der
Verwaltung und der Politik weit oben angesiedelt. Der Zuzug nach
Ehrenfeld ist ungebremst. Immobiliengesellschaften haben sich längst
die Filetstücke gesichert. Es wird gebaut, in den besseren Lagen in
eher hochpreisigem Segment wie in der Hansemannstraße oder am Alpener
Platz. Günstiger und „sozialer“ wird´s dort, wo die GAG oder die
Genossenschaften bauen, wie am Rochusplatz und auf dem ehemaligen
Groten-Gelände in Bickendorf, an der Rochusstraße in Ossendorf oder
am Melatengürtel. Vielfach bedroht vom „Bauboom“ und dem Zwang,
Wohnraum zu schaffen, sind vor allem in Ehrenfeld gewachsene, teils
weit über hundert Jahre alte Gebäude und antike Ensembles, deren
ortsgeschichtliche Bedeutung dem Stadtkonservator zwar bewusst ist,
aber das Siegel eines Denkmals nicht wert sind, weil die Gesetzeslage
es nicht hergibt. Die alten Häuser am Ehrenfeldgürtel 112,
Körnerstraße 40, der Venloer Straße 525 machten mit der Abrissbirne
Bekanntschaft. Das Denkmal in der Hansemannstraße 2 wird im kommenden
Jahr „ausgelöscht“, weil schwer beschädigt und nicht mehr zu
retten. Ob dem Haus Subbelrath 496 oder auch der alten
Artillerie-Wagenhalle an der Alpenerstraße 6 ähnliches Ungemach
drohen, weil dort Platz für Wohnraum gebraucht wird, entscheidet sich
im kommenden Jahr.
Welche Stilblüten der Umgang von Bauherrn mit der Stadt treibt,
zeigte sich bei der Posse um den massiven Zaun um die ehemalige
Verwaltungszentrale der Herbol-Lackfabrik. Trotz Wachdienst tagsüber
über mehrere Stunden weggeflext - und verschwunden, wollte es am Ende
keiner gewesen sein. Der angebliche „Dieb“ brachte die
Zaunelemente dann aufgrund polizeilicher Ermittlungen und ob des
öffentlichen Drucks wieder zurück und schwups, lag er ordentlich
zusammengestapelt wieder hinter der Lackzentrale. Die fristet seit
mehr als zwei Jahren ein jämmerliches Dasein, während Investor Segro
hintendran seinen Gewerbepark hochzog. Auch hier scheinen die Würfel
für das Ortsbild gefallen zu sein, trotz freiwilligem Zugeständnis
der Segro zum Erhalt der Herbol-Fassade. Auf der anderen Straßenseite
wächst derweil der Kofferpalast von ergobag-Produzent „Fond of the
bags“ in die Höhe. Gefeiert schon jetzt der Rohbau als neue
architektonische, voll digitalisierte Ikone des neuen Arbeitens.
Längst haben Ehrenfelder und Bickendorfer Bürger und Künstler den
Dialog mit Verwaltung, Politik und Investoren aufgenommen, um gegen
den Verlust alter Bausubstanz und identitätsstiftender Architektur zu
Felde zu ziehen. Als Pendant zum „Ehrenfelder Geschichtspfad“
entstand rund 20 Jahre danach im vergangenen Jahr endlich der
Bickendorfer Kulturpfad. Auch kreative Konzepte für den Umgang mit
dem niedergelegten „Herzhäuschen“ am Häuschensweg, dass die GAG
wiederaufbauen möchte, oder ein Gesamtkonzept für die Umgestaltung
des Rochusplatzes sowie ein Nutzungskonzept für die Bahnbögen in
Ehrenfeld lieferten die „Künstler für Bickendorf“.
Nach jahrzehntelangem Ringen wurde 2018 dagegen die Verlängerung der
Stadtbahnlinie 3 in Bocklemünd-Mengenich fertiggestellt und die
Haltestelle Görlinger Zentrum eingeweiht. Auch verkehrlich startete
die Stadt mit den Protagonisten der Kölner Fahrradbewegung den Dialog
um mehr Platz auf der Straße. Ein „Radverkehrskonzept Ehrenfeld“
wurde mit einer Bürgerbeteiligung angestoßen und soll den Wechsel
vom Auto aufs Rad fördern. Der wird umso wichtiger, da es mit der
beschlossenen Parkraumbewirtschaftung und dem Anwohnerparken in
Alt-Ehrenfeld in Zukunft eh immer weniger Parkplätze geben wird.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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